Große Chancen für die Kleinen: europäische Small Caps
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Europäische Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung (Small Caps) sind während der Krise stark unter Druck geraten und haben die Volatilität sehr zu spüren bekommen. Seit Anfang März dieses Jahres konnten sie jedoch zunehmend von der wirtschaftlichen Erholung profitieren und haben sich besser entwickelt als der breitere europäische Markt. Häufig verhalten sich Small Caps wie Derivate mit hohem Beta: Sie steigen bei einer Hausse stärker als der Markt, doch dafür haben sie unter einer Baisse stärker zu leiden, was teilweise auf die geringere Liquidität zurückzuführen ist.
Wir stehen nicht mehr vor dem finanziellen Weltuntergang
Die Banken verlängern die Kreditlinien und ermöglichen den Unternehmen damit, weiter ihren Geschäften nachgehen zu können. Zudem ist die Konjunktur in sehr viel besserer Form als dies noch vor einem Jahr der Fall war. Die Situation ist vergleichbar mit einem Patienten, der nach einem Herzinfarkt aus dem Krankenhaus entlassen wird: Der erste Schreck ist vorbei, doch der Patient muss seine Lebensweise entsprechend umstellen (d. h. die Entschuldung auf privater und Unternehmensebene muss fortgesetzt werden. In der Vergangenheit beruhte das Wachstum auf einer höheren Verschuldung, die wir so wohl nicht noch einmal erleben dürften, und die Gewinnerwartungen sind entsprechend zu korrigieren). Zudem hat der Patient die Kosten für die medizinische Behandlung zu tragen (d. h., die riesigen staatlichen Investitionen zur Stimulierung der Wirtschaft müssen künftig durch höhere Steuern und niedrigere Staatsausgaben wieder eingeholt werden). Diese Makrofaktoren dürften sich mehrere Jahre lang als Hemmschuh für das BIP-Wachstum erweisen.
Vor diesem Hintergrund florieren die Märkte zurzeit auf der Grundlage eines lockeren flächenbereinigten Ertragswachstums, das durch Bestandsauffüllung und relativ niedrige Fremdkapitalkosten angekurbelt wird. Trotz des weiterhin eingeschränkten Zugangs zu Krediten und höheren Spreads als im Jahr 2007 und in der ersten Jahreshälfte 2008 sind die Zinsabstände nicht mehr so hoch wie die Spitzenwerte nach dem Kollaps von Lehman. In Kombination mit niedrigen Leitzinsen bedeutet dies, dass Fremdkapital für diejenigen, die Zugang dazu haben, günstig zu haben ist. Auch wenn die Leitzinsen im Falle einer nachhaltigen Konjunkturerholung wieder angehoben werden, so haben die Zentralbanken dennoch signalisiert, dass hier keine Eile geboten ist und diese Maßnahme lieber hinausgezögert wird, um das Wachstum zu festigen. Dabei nimmt man eher eine steigende Inflation in Kauf, als zu früh aktiv zu werden und damit eine Deflation zu riskieren.
Lieber das Übel, das man kennt?
Die Notenbanken unternehmen alles in ihrer Macht Stehende, um eine Deflation zu vermeiden. Denn die würde Investitionsrückgang, höhere Arbeitslosigkeit und potenzielle politische Unruhe nach sich ziehen. Hingegen trägt eine Inflation (oder Währungsentwertung) zur Senkung der Schuldenlast bei, da dadurch die Rückzahlung von Schulden günstiger wird. Die Notenbanker vollführen derzeit einen Drahtseilakt zwischen möglichen künftigen Inflationsproblemen und dem Versuch, eine Deflation zu vermeiden. Währenddessen florieren die Aktienmärkte durch die Aussicht auf eine Periode, die gleichzeitig BIP-Wachstum und niedrige Zinssätze zu bieten hat. Dank Bestandsauffüllung und relativ niedrigen Fremdkapitalkosten dürften sich die Wirtschaftszahlen zumindest für die kommenden sechs Monate weiter positiv entwickeln. Viele Anleger haben den Anfang dieser Aktienrallye verpasst und der „Geldberg“, der sich in den Fonds der Finanzmärkte aufgebaut hat, wurde erst im Laufe des Sommers in Aktien umgeleitet.
Sinkende Aktienkurse bei positiven Wirtschaftsdaten
Eine Rallye, wie wir sie jüngst an den europäischen Aktienmärkten gesehen haben, birgt natürlich auch Risiken und es gibt eine Reihe von Faktoren, welche die Form des Wiederaufschwungs beeinflussen. Erstens könnten die Aktienkurse purzeln, wenn Anleger mit einer Straffung der Geldpolitik rechnen. Und diese Gefahr nimmt im Laufe der Zeit zu, besonders wenn es positive Überraschungen bei den Wirtschaftsdaten gibt. Zweitens würden die Fremdkapitalkosten erneut in die Höhe schnellen, sollte es einen weiteren Schock auf Makroebene, etwa einen Währungscrash oder einen Ausfall von Staatsanleihen geben. Und drittens könnten sich die Märkte selbst zuvorkommen, indem sie eine Gewinnerholung schon einpreisen Das wiederum kann dann zu Enttäuschungen führen, wenn die Phase der gleichwertigen Vergleiche zu Ende geht.
Derzeit werden viele Unternehmen nach Mid-Cycle-Multiples bewertet, wobei davon ausgegangen wird, dass die Mid-Cycle-Gewinne 2010 eingestrichen werden können. Doch es herrscht sehr viel Unsicherheit darüber, ob die Unternehmen in der Lage sind, Gewinne zu erwirtschaften – besonders angesichts der geringen Transparenz und des Wandels der Verbrauchergewohnheiten. Hier können fundamentales Research und Stockpicking unserer Ansicht nach zu Wertsteigerung führen.
Attraktive Sektoren für europäische Small Caps
In den meisten Sektoren eröffnen sich gute Investitionschancen, wobei die folgenden Sektoren unserer Ansicht nach gute Möglichkeiten bieten.
Gesundheitswesen – Dieser Sektor hat sich seit März im Vergleich zu anderen Sektoren schlechter entwickelt, da sich Anleger auf eher zyklische Sektoren fokussierten, die für die Erholung operational besser aufgestellt sind. Viele Unternehmen in diesem Sektor werden nun mit einem Abschlag gegenüber den riskanteren zyklischen Werten gehandelt. Und das, obwohl sie ein transparenteres Gewinnwachstum haben – dank der Einführung neuer Produkte, die darauf ausgerichtet sind, klinische Ergebnisse zu verbessern und/oder Gesundheitskosten zu sparen.
Baustoffe – Die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dürfte die Nachfrage nach Baustoffen wieder steigen lassen. Während Aktien mit Engagement in den Schwellenmärkten bei der Rallye bereits eine gute Wertentwicklung erzielt haben, hinken die Titel mit stärkerem Engagement in den Industriestaaten noch hinterher. Genau hier bieten sich unserer Ansicht nach die Möglichkeiten: wenn das Baugewerbe in den entwickelten Märkten durch Investitionsanreize im Bereich Infrastruktur aufholt und sich gleichzeitig die Immobilienmärkte stabilisieren.
Internet – Obwohl sich die Verbraucher einschränken (um Schulden abzuzahlen und mehr zu sparen), verbringen sie weiterhin immer mehr Zeit im Internet und beim Online-Shopping. Da es nur wenige börsennotierte Online-Händler gibt, stehen diese Titel hoch im Kurs. Doch es gibt noch einige weitere attraktiv bewertete europäische Small Caps, die ihre Gewinne mit Internetgeschäften und -nutzung steigern, weil sie Technologien und Dienstleistungen anbieten.
Erneuerbare Energien – Die Erzeugung erneuerbarer Energien wird über mehrere Jahre hinweg ein struktureller Wachstumsbereich bleiben. Denn politische Zielsetzungen zur Senkung des CO2-Ausstoßes und die zunehmende Unabhängigkeit von Öl- und Gasimporten führen hier zu immer mehr Investitionen. 2009 hatte die Branche unter der geringen Zahl von Installationen zu leiden, da Projekte infolge finanzieller Einschnitte auf Eis gelegt wurden. Dadurch hat die früher in der Kapazität eingeschränkte Lieferkette an Preissetzungsmacht verloren und der Vorteil hat sich zugunsten der Billigproduzenten verschoben. In der Folge wurden die Kosten in Bezug auf die Netzparität schneller gesenkt, was letztendlich für die subventionsfreie Massenannahme dieser Technologien unerlässlich ist. Viele Unternehmen haben in diesem Umfeld weiter zu kämpfen. Doch wir rechnen mit steigender Differenzierung, wobei jene Unternehmen florieren werden, die die Maschinen und Technologien für die kostengünstige Produktion entwickeln.
Quelle: Schroders
Die Schroders-Gruppe ist eine führende internationale Vermögensverwaltungsgesellschaft, die 1804 gegründet wurde. Schroders verwaltet Anlagen für Pensionsfonds, Regierungsbehörden, Wohltätigkeitsorganisationen, Körperschaften, Familienunternehmen und vermögende Privatpersonen weltweit und ist ein führender Verwalter von Investmentfonds. Schroders bietet Anlagen in allen wichtigen Vermögenskategorien in entwickelten Ländern und Schwellenländern an: Aktien, Schuldtitel, Geldmarktinstrumente, Beteiligungen und Immobilien. Das weltweit verwaltete Vermögen betrug zum 31. März 2007 rund 189,4 Mrd. Euro.
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