Kommentar
08:32 Uhr, 28.01.2015

Griechenland: Von Befreiungsschlag keine Spur

Die Wahl sollte ein Befreiungsschlag werden - nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch. Beides dürfte nicht gelingen.

Erwähnte Instrumente

  • Amundi MSCI Greece UCITS ETF Dist - WKN: LYX0BF - ISIN: FR0010405431 - Kurs: 1,11 € (Euronext Paris)

Eines muss man Tsipras und Syriza lassen: sie haben in Rekordzeit einen Koalitionspartner aufgetrieben und eine Regierung gebildet. In den meisten Ländern dauert das Wochen und Monate, in manchen sogar Jahre (Belgien). Interessanterweise geht es Ländern, in denen wenig regiert wird, meist gar nicht so schlecht. Für Griechenland dürfte die Abwesenheit einer aktiven Politik allerdings keine Option sein. Die Probleme sind groß genug und die Zeit drängt.

Theoretisch muss mit der Troika bis Ende Februar eine Einigung gefunden werden. Dann läuft das Rettungsprogramm aus. Bis dahin alle Bedingungen neu zu verhandeln ist wohl zu ambitioniert. Der Troika dürfte dennoch daran gelegen sein bis Ende Februar einen Kompromiss zu finden. Tsipras hat bereits angekündigt, dass er Griechenland weder außerhalb der Eurozone sieht noch einen Staatsbankrott riskieren will. Genau das würde aber passieren, wenn man sich nicht irgendwie einigt. Griechenland muss im März 4,5 Mrd. an Schulden zurückzahlen. Später im Jahr folgen noch einmal knapp 10 Mrd. Das kann das Land kaum ohne Hilfe bewältigen. Die Troika sitzt damit vermutlich am längeren Hebel.

Die Verhandlungen werden sich in die Länge ziehen. Keine Seite wird der anderen etwas schenken. Für die griechische Regierung hat das den Vorteil, dass sie sich nicht um andere Themen kümmern muss. Die beiden regierenden Parteien haben eigentlich kaum Gemeinsamkeiten. Das einzige, was sie eint, ist der Wunsch nach Nachverhandlungen und Aufhebung gewisser Reformen. Beide sind sich darüber im Klaren, dass sie sonst keine Gemeinsamkeiten haben. Solange es keine anderen Themen gibt, ist das auch irrelevant. Sollte es doch einmal zu Diskussionen zum Thema Einwanderung kommen, dann ist die Koalition schnell zerbrochen.

Wirklich stabile Verhältnisse sind das nicht. Für den Moment reicht es. Tsipras jedenfalls betont, dass es keine Alternative gab. Alle anderen kleineren Parteien sind entweder "neo-liberal" oder gehören zum Establishment. Genau dieses hat Griechenland heruntergewirtschaftet und Steuersünder geschützt.
Damit soll Schluss sein. Könnte die Regierung die ihr geschuldeten Steuern endlich eintreiben, dann wäre schon viel getan. Wie gut das gelingt hängt auch vom Beamtenapparat ab. Bei systematischer Steuerhinterziehung müssen viele Menschen wegschauen, damit das funktioniert und nicht nur ein Minister.

Die Ankündigung für Ordnung zu sorgen ist gut. Die Umsetzung wird jedoch schwieriger als es klingt. Solange es nun aber nicht gelingt die Einnahmen des Staates zu erhöhen, kann Syriza keine einzige der angedachten Reformen auf den Weg bringen. Dazu gehört unter anderem die Anhebung des Mindestlohnes von 683 auf 750 EUR. Auf Pump finanzieren dürfte in der aktuellen Lage sehr schwer sein.
So löblich der soziale Sinn der Regierung ist, so kontraproduktiv kann er auch sein. Wenn die Währung schon nicht um 50% abwerten kann (vor allem gegenüber den anderen Euroländern), dann kann Wettbewerbsfähigkeit nur gewonnen werden, indem Löhne sinken. Sie jetzt künstlich um 10% anzuheben ist sicherlich nicht die Lösung für mehr Beschäftigung.

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Die Börse reagiert entsprechend. Wenn Anleger eines nervös macht, dann übermäßige Unklarheit. Davon gibt es mehr als genug. Charttechnisch dürfte der Aktienmarkt wieder auf das bisherige Krisentief im Jahr 2012 zusteuern. Bis dahin sind es noch gut 20%. Es braucht schon ein Wunder, um den Markt wieder deutlich in die andere Richtung zu bewegen. Insofern heißt es beim griechischen Aktienmarkt erst einmal noch abwarten.

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6 Kommentare

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  • bembes
    bembes

    ​Jetzt ist es soweit. Die ersten "Euro-Pflaumen" machen sich Gedanken wir man dem Pleite-

    Staat Griechenland noch Geld hinterherwerfen kann.

    Ich habe es ja vor 2-3 Tagen gesagt......Mal abwarten bis die ersten aus den Löchern kommen.

    Jetzt ist es soweit.

    Gutem Geld wird normalerweise dem schlechtem Geld nicht nachgeworfen !!!!!!

    Aber die EU und die EZB machen ja alles.

    Es wird jetzt nur noch schlimmer und wer bezahlt ??? der blöde Deutsche natürlich,

    der neue Finanzminister Griechenlands hat es ja bereits gesagt.

    Wo bleibt die Empörung der Deutschen ???

    16:29 Uhr, 28.01.2015
    1 Antwort anzeigen
  • nuetzi
    nuetzi

    ​Der Ärger mit dem Herrn S. ist für die EG vorprogrammiert !

    Dann noch die verbale Anbiederung an Russland ( EG-Sanktionen nicht gerechtfertigt ).

    Wir werden GREXIT erleben oder lassen uns weiter erpressen!

    15:11 Uhr, 28.01.2015
  • rex007
    rex007

    ​Und? Was wäre so schlimm an einem Staatsbankrott? Ich glaube, das wäre, aus Sicht des griechischen Volkes eine gute Idee. Oder die EZB kauft einfach griechische Staatsanleihen, 50 Mrd Euro pro Monat, das reicht doch! Aber wie man hört, wird nach einem bestimmten Schlüssel gewichtet und aufgekauft: Der größte Anteil deutsche Staatsanleihen, der geringste oder fast der geringste Antteil: Griechenland. Alle anderen dazwischen. Diese Regelung kann eigentlich nur den Sinn haben, der Europäischen Gemeinschaft quasi durch die Hintertür den Todesstoß zu versetzen...
    Roland Exner​

    10:03 Uhr, 28.01.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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