Kommentar
09:47 Uhr, 07.08.2015

Griechenland: Jetzt Schnäppchen des Lebens?

Seit Montag ist die griechische Börse wieder eröffnet. Nach wochenlanger Handelsaussetzung ging es dann erst einmal dramatisch nach unten. Ist das jetzt das die einmalige Gelegenheit?

Man soll ja Aktien kaufen, wenn die Kanonen donnern. Viel lauter können sie nicht mehr donnern. Trotzdem ist man als Anleger unentschlossen, denn die Lage ist sehr undurchsichtig. Viele Fragen bleiben offen, darunter etwa wie die Banken rekapitalisiert werden sollen. Das ist eine Kernfrage, die auch Anleger beschäftigen muss.

Der Bankensektor ist gemessen an seiner Marktkapitalisierung immer noch groß. Der griechische Gesamtmarkt ist derzeit ca. 35 Mrd. wert. Banken machen davon ca. 9 Mrd. aus und stellen somit 26% der Gesamtmarktkapitalisierung. In dieser Berechnung sind die herben Kursverluste seit Wochenbeginn eingerechnet.

Bankaktien konnten am Donnerstag wieder deutlich zulegen. Mit Gewinnen von teils über 20% liegt der Gesamtverlust nach 4 Handelstagen allerdings immer noch bei über 50%. Das wird sich so schnell nicht ändern, denn keiner weiß, wie der Bankensektor überleben soll. Er muss überleben, das steht außer Frage. Eine Wirtschaft kann sich ohne ein funktionsfähiges Finanzsystem nicht entwickeln. Keiner weiß jedoch, welche der Banken möglicherweise abgewickelt wird oder welche Banken zu einem Zusammenschluss gezwungen werden. Ebenso ist unklar, ob der Sektor nicht komplett verstaatlicht wird.

Die Zukunft des Finanzsystems ist eine der Kernfragen, die den Markt noch bis Jahresende beschäftigen wird. Die andere Frage ist die nach dem wirtschaftlichen Potential des Landes. Geht man von einer jahrelangen Stagnation aus, dann werden Unternehmen ihre Gewinne kaum steigern können. Für Anleger sind das keine guten Aussichten, denn letztlich interessiert ja, ob der Gewinn langfristig steigt oder nicht.

In Anbetracht der hohen politischen Unsicherheit ist auch die wirtschaftliche Zukunft fraglich. Auch nach 5 Jahren Rezession ist kein Licht am Ende des Tunnels erkennbar. Zugegeben, Ende 2014 wuchs Griechenland wieder, doch die neu gewählte Regierung hat den kleinen Aufschwung nicht nur abgewürgt, sondern umgekehrt. Griechenland droht in diesem Jahr wieder ein deutlich negatives Wachstum. Ob dieses bei -2 oder -5% liegen wird kann noch niemand sagen. Durch die Kapitalverkehrskontrollen sind jedoch einige Wirtschaftsbereiche fast komplett zum Erliegen gekommen. Man kann also erahnen, dass es ein düsteres Jahr wird.

Wer in Griechenland investieren will, der muss letztlich eine Frage für sich beantworten können: wird es langfristig wieder bergauf gehen? Griechische Politiker sind sich nicht so sicher, ebenso bezweifeln es der Internationale Währungsfonds, die EU Kommission und natürlich auch Wolfgang Schäuble. Wen man auch fragt, eine positive Prognose muss man lange suchen – unter dem Mikroskop.

Trübste Aussichten und Untergansstimmung sind genau das, was das „Kanonendonnern“ ausmacht. Antizyklisch kann man nur kaufen, wenn man gegen die Meinung der Mehrheit handelt. So ein Fall ist Griechenland derzeit. Bis auf einige wenige Zocker ist der Markt für die meisten uninteressant. Wer nun allerdings an ein Investment denkt und einen entsprechenden Zeithorizont vor Augen hat (mindestens 5 Jahre, eher 10), der sollte sich ernsthaft mit Griechenland auseinandersetzen und die hohe, kurzfristige Volatilität ignorieren.

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Der griechische Markt (Grafik 1) steht heute in etwa dort, wo er auch schon 1992 und 1989 war. Interessant ist der Umstand, dass der Markt trotz der hohen Verluste in den vergangenen Tagen noch immer über den Tiefs aus dem Jahr 2012 steht. Obwohl die Untergangsstimmung so stark ausgeprägt ist reichte es bisher trotz aller Panik nicht für neue Tiefs.

Bankaktien sind massiv abgestürzt und haben über 6 Mrd. an Marktkapitalisierung zunichte gemacht. Wenn der Markt dann allerdings immer noch über den Tiefs aus dem Jahr 2012 steht, dann heißt das nichts anderes, als dass alle anderen Werte heute deutlich höher stehen als damals.

Tatsächlich sind viele Aktienkurse seit 2012 deutlich im Plus. Daran ändern auch die Abgaben in den letzten Tagen nichts. Viele Kurse haben seit 2012 immer noch ein Plus von über 100% vorzuweisen. Banken sind die große Ausnahme.

Man kann sagen, dass die Zeit der ganz großen Schnäppchen bereits vorbei ist. Die Kurse sinken trotz aller Panik wohl nicht mehr zurück auf ihre bisherigen Tiefs im Jahr 2012. Während die allergrößten Schnäppchen weg sind, ist der Gesamtmarkt immer noch recht günstig. Grafik 2 zeigt die Entwicklung der Gesamtmarktkapitalisierung, die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes sowie die relative Entwicklung der Marktkapitalisierung. Die relative Entwicklung zeigt die Marktkapitalisierung ausgedrückt in einem Prozentsatz der Wirtschaftsleistung.

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Die Marktkapitalisierung ist wirklich extrem niedrig, vor allem im Verhältnis zum BIP. So niedrige Bewertungen sieht man sehr selten, zumal die Unternehmen durchaus Werte darstellen. Grafik 3 zeigt die Umsatzentwicklung der Ahtex 20 Unternehmen. Der Umsatz sank zwischen 2010 und 2014 gerade einmal um 2 Mrd. Euro, wenn man die Schwankungen der Rohstoffpreise außen vor lässt.

Man kann sich die Umsatzentwicklung auch ohne Bereinigung ansehen (Grafik 4). Allerdings verfälscht es die Entwicklung ein wenig. Zwei Unternehmen, Hellenic Motor Oil und Hellenic Petroleum, haben im Jahr 2014 im Vergleich zu 2010 wegen höherer Rohstoffpreise mehr Umsatz erwirtschaftet. Das hat wenig mit der griechischen Wirtschaft an sich zu tun.

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Der Umsatz sinkt nach wie vor bei vielen Unternehmen. Einige haben jedoch den Turnaround geschafft und zeigen solide Wachstumszahlen. Das geschieht alles in einem deflationären und rezessiven Umfeld. 2015 werden sich viele Wachstumstrends nicht fortsetzten, allerdings waren auch die vergangenen Jahre kein Zuckerschlecken. Es zeigt sich immer mehr, dass die jahrelange Depression einen Boden findet und Unternehmen damit umzugehen lernen.

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Die Aussichten sind ungewiss, keine Frage. Wer jedoch bei „Kanonendonnern“ investieren will, der kann momentan nicht weghören.

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36 Kommentare

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  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    bei allen GR Engagements sollte man jedoch beachten, dass die alten Hochs viele Jahre (bestimmt 10) nicht, wenn überhaupt je wieder erreicht werden. Die Probleme sind egal was sie tun groß und man kann allenfalls vom derzeitigen Niveau aus erwarten, dass es halt um 30 bis 70 % steigt und dann weitere Jahre einen Boden bildet. Ausserdem ist noch keine Lösung, was auch immer das bedeutet, gefunden, so dass man mit Abwärtsbewegungen rechnen muss bis das geklärt ist. Nimmt man aber einen hoch-divi-wert, kann man das ruhiger sehen, da der Ertrag zwischenzeitlich von da kommt.

    10:02 Uhr, 09.08. 2015
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    Beim kanonendonner muss man aufpassen, was man kauft: ich hab vor ca 1 Woche nochmal auf die opap aufmerksam gemacht. Die hab ich 2012 beim ersten verprügeln von GR zu 4,7und (tief war glaub ich um die 4,2) zu 200% beabsichtigtes investvolumen gekauft und nach verdoppelung bei 10,9 halbiert. 2013 gabs unerwartet 5% divi, 14 sogar 15% auf kaufkursDie gabs grad wieder zu 6,1 und 6,5% divi zu kaufen (hab nochmal zu 30% dazu gekauft) und steht schon wieder bei 7,3 mit charttechnischen avancen zum weiteren Ausbruch. Die Aktie ist das ehemalige griechenlotto, wurde 2012 oder 13 an nen chechischen inbestor (der auch andere lottos besitzt) zu 66% und an nen griechischen reeder zu 33% verkauft. Hat sportwettlizenzMonopol bis 2020 und lottomonopol bis 2030, https://de.m.wikipedia.org/wiki/OPAP , hat positiven cashflow und Eigenkapital quote 66%! Marktkapitalisierung über 2mrd, hat von 900 ma auf 700 mitarbeiter abgespeckt und wurde f 700mio verkauft, 620 gezahlt und die restlichen mit 6 mio pro jahr. Das ist ein witz. Die machen nach der Restrukturierung 190 gewinn im jahr! Gewinne sanken mit der krise von 500 auf 140, dann 190 ,http://www.boerse-online.de/aktie/Greek_Organisati.... Muesst euch mal bilanzzahlen der letzten jahre und estimated forward anschauen. http://www.boerse-online.de/bilanz_guv/Greek_Organ...Hammer. Und egal wie groß ne krise ist.gewettet wird immer! Mein top pick im gr markt bleibt die. Nur wenn GR aus dem euro ausscheidet, kann es durch die Entwertung der neuen Währung zum Wertverlust kommen. Dann muss man halt nachdenken.

    Ne bankaktie dagegen, kann morgen verstaatlicht und wie Commerzbank total entwertet werden. Das Risiko ist unverhältnismäßig groß. So seh ich das.

    00:50 Uhr, 09.08. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    Beim kanonendonner muss man aufpassen, was man kauft: ich hab vor ca 1 Woche nochmal auf die opap aufmerksam gemacht. Die hab ich 2012 beim ersten verprügeln von GR zu 4,7und (tief war glaub ich um die 4,2) zu 200% beabsichtigtes investvolumen gekauft und nach verdoppelung bei 10,9 halbiert. 2013 gabs unerwartet 5% divi, 14 sogar 15% auf kaufkursDie gabs grad wieder zu 6,1 und 6,5% divi zu kaufen (hab nochmal zu 30% dazu gekauft) und steht schon wieder bei 7,3 mit charttechnischen avancen zum weiteren Ausbruch. Die Aktie ist das ehemalige griechenlotto, wurde 2012 oder 13 an nen chechischen inbestor (der auch andere lottos besitzt) zu 66% und an nen griechischen reeder zu 33% verkauft. Hat sportwettlizenzMonopol bis 2020 und lottomonopol bis 2030, https://de.m.wikipedia.org/wiki/OPAP , hat positiven cashflow und Eigenkapital quote 66%! Marktkapitalisierung über 2mrd, hat von 900 ma auf 700 mitarbeiter abgespeckt und wurde f 700mio verkauft, 620 gezahlt und die restlichen mit 6 mio pro jahr. Das ist ein witz. Die machen nach der Restrukturierung 190 gewinn im jahr! Gewinne sanken mit der krise von 500 auf 140, dann 190 ,http://www.boerse-online.de/aktie/Greek_Organisati.... Muesst euch mal bilanzzahlen der letzten jahre und estimated forward anschauen. Hammer. Und egal wie groß ne krise ist.gewettet wird immer! Mein top pick im gr markt bleibt die. Nur wenn GR aus dem euro ausscheidet, kann es durch die Entwertung der neuen Währung zum Wertverlust kommen. Dann muss man halt nachdenken.

    Ne bankaktie dagegen, kann morgen verstaatlicht und wie Commerzbank total entwertet werden. Das Risiko ist unverhältnismäßig groß. So seh ich das.

    00:48 Uhr, 09.08. 2015
  • PAOK
    PAOK

    Sehr guter Artikel Herr Schmale. Der Gansneder Thomas hat vor einigen Wochen ebenfalls einen Top Artikel zu diesem Thema geschrieben. Meiner Meinung nach ist man besser dran jetzt einige Aktien sehr solider griechische Unternehmen zu kaufen anstatt einen Fonds bzw. Indexzerti. Die Unternehmen die im Bericht vorgestellt wurden sind Substanztitel und sind aktuell wirklich ein "Schnäpchen". Das CRV ist zumindest top. Von Banken würde ich aber auf jeden Fall die Finger lassen.

    12:42 Uhr, 07.08. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Interessanter Artikel.

    Einen Punkt würde ich gerne noch ergänzen: Wenn Aktien oder ganze Börsen ein derartiges Desaster erlebt haben, wie wir das zuletzt in Griechenland gesehen haben, dann besteht überhaupt kein Anlass (!) zur Eile.

    Rückblickend kann man sich oft nur wundern, wie lange es dauert, bis die Stimmung wieder dreht. Und man staunt, wie lange und wie laut die Kanonen donnern können, ehe es wieder aufwärts geht. Das ist exakt wie in einer Hausse: Auch hier können die Kurse sehr viel länger steigen, als man das für möglich hält.

    In beiden Fällen geben die Charttechnik und insbesondere die Umsatzanalyse wertvolle Hinweise auf die weitere Entwicklung.

    12:11 Uhr, 07.08. 2015
  • 1 Antwort anzeigen
  • Jimmy o.contrarian
    Jimmy o.contrarian

    Langfristig sollte sich das lohnen. Wer hat das Management des Athener Hafens übernommen? Wer investiert mit griechischen Unternehmen in Tourismus Objekte in Milliardenhöhe? politische Unsicherheit hin und her. Die zählt nicht. Das Geld zählt und das investiert in Greece. Top Pick m.E. und damit keine Kaufempfehlung ;-) Hellas Opportunities Fund. Die Managerin generiert ordentliches Alpha seit Jahren.

    10:33 Uhr, 07.08. 2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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