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11:19 Uhr, 27.08.2015

Goldminenaktien: Hoffnung auf Trendwechsel?

Während sich der Markt im Crashzustand befand stiegen Goldminenaktien. Sie waren die Profiteure der Unsicherheit. Seit gestern werden die Aktien wieder abverkauft. Besteht dennoch Hoffnung auf einen Trendwechsel oder ist die Zwischenerholung schon wieder vorbei und neue Tiefs zu erwarten?

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Die Sache mit den Kosten

Für Minenbetreiber ist letztlich nur eines ausschlaggebend: der Goldpreis. Steigt der Goldpreis, dann steigen auch Umsatz und Gewinne. Fällt der Goldpreis, dann brechen Umsätze weg und unterm Strich bleibt häufig ein Verlust. Die Sache ist also eigentlich ganz einfach. Wer mit Goldminenaktien Geld verdienen möchte, der investiert, wenn die Goldpreise steigen.

Wie einfach es sein kann, das zeigt Grafik 1. Dargestellt sind der Goldpreis sowie Kennzahlen von Barrick Gold seit 1988. Barrick Gold steht als größer Produzent weltweit stellvertretend für die Kennzahlen der Branche.

Barrick hat im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen zwei Besonderheiten: die Kosten sind hoch und die Bilanz ist schwach. Barrick stellt gewissermaßen ein Worst-Case Szenario dar. Deswegen lohnt es sich die Zahlen ganz genau zu analysieren.

Umsatz und Goldpreis entwickeln sich parallel. Das gilt für jedes Unternehmen der Branche und ist nicht weiter verwunderlich. Im Gegenteil sogar, laufen Umsatz und Goldpreis nicht parallel, dann geht etwas schief.

Ein Blick auf die Gewinnhistorie zeigt, dass die Korrelation zwischen Goldpreis und Unternehmensgewinn hoch ist, doch keinesfalls ist die Entwicklung immer parallel. 2013 war der Goldpreis in etwa dort, wo er sich auch 2010 befand. Der Gewinn lag 2010 jedoch bei über 3 Mrd. USD während 2013 ein Verlust von 10 Mrd. USD ausgewiesen wurde.

Der Grund für die enorme Differenz in der Gewinn und Verlustrechnung trotz gleichhoher Preise liegt bei den Kosten. Grafik 2 zeigt den Vergleich des Goldpreises mit den Kosten der Förderung. Die Zeitreihe geht zurück bis 1970. Barrick Gold selbst ist erst seit den 80er Jahren im Goldgeschäft. Die Kosten vor 1985 sind Durchschnittswerte der Branche.

Die Grafik zeigt 2 unterschiedliche Kostensätze für die Produktion einer Unze Gold. Zu sehen sind die AISC (All-In Sustaining Cost) und die All-in Kosten. Die AISC liegen für die meisten Unternehmen unter dem Goldpreis. Lediglich Mitte der 80er Jahre fiel der Goldpreis kurzzeitig unter die direkten Produktionskosten. Seitdem stehen die Branche und Barrick auf einer soliden Basis.

Wenn die Produktionskosten systematisch unter dem Goldpreis liegen, wie ist es dann möglich, dass Barrick in den letzten Jahren systematisch Verluste geschrieben hat?

Der Grund dafür liegt in den All-in Kosten. Die AISC beschreiben lediglich die Produktionskosten einer Unze, die relativ direkt in Zusammenhang mit der Produktion und der Aufrechterhaltung der Produktion stehen. Sie beinhalten die Kosten der Produktion vor Ort. Das sind letztlich die Betriebskosten der Mine. Sie beinhalten auch die Kosten der Unternehmensverwaltung und des Managements sowie Investitionen, Abgaben und bis zu einem gewissen Grad Explorationskosten.

Die wenigsten Unternehmen schreiben automatisch Gewinne, wenn die AISC unter dem Goldpreis liegen. Das liegt daran, dass die AISC zwar die Kosten zeigen, die notwendig sind, um die Produktion weiterzuführen, aber keine Kostenpositionen enthalten, die darüber hinausgehen. Die über die AISC hinausgehenden Kosten können erheblich sein.

Bevor man über eine Erweiterung der AISC spricht, muss man festhalten, dass AISC nicht unbedingt über alle Unternehmen hinweg vergleichbar sind. AISC sind ein relativ neues Konzept, welches erst seit wenigen Jahren Eingang in die Geschäftsberichte findet. Es gibt jedoch keine gesetzliche Grundlage dafür wie die AISC berechnet werden müssen. Es kann von Unternehmen zu Unternehmen also kleinere Differenzen in der Berechnung geben.

Die Einführung des AISC Konzeptes ist schon einmal ein Fortschritt, aber sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss, denn die tatsächlichen Kosten eines Unternehmens sind höher als die AISC ausweisen. Die All-in Kosten sind höher als die AISC, weil sie zusätzliche Positionen beinhalten. Dazu gehört die Nettozinslast, Steuern, Ausgaben für die Wahrnehmung sozialer Verantwortung (z.B. nach Minenschließung die Wiederherstellung der Umwelt) und die restlichen Investitionsausgaben. Vollumfassend wäre auch noch die Aufnahme der Kosten für Fusionen und Übernahmen, Kosten für Abschreibungen immaterieller Vermögenswerte nach Geschäftszusammenschlüssen und Übernahmen sowie Eigenkapitalkosten (Dividenden, Aktienrückkäufe).

Bezieht man all diese Kosten mit ein, dann liegen die All-in Kosten teilweise deutlich über dem Goldpreis. Nach der All-in Berechnung hätten Unternehmen wie Barrick in den 80er und 90er Jahren konsequent Verluste schreiben müssen. Das taten sie allerdings nicht. Wie ist wiederum das möglich?

Möglich macht das die Differenz zwischen dem jeweils aktuellen Goldpreis und dem tatsächlichen Verkaufspreis. Grafik 3 zeigt noch einmal die Gewinn- und Verlusthistorie von Barrick Gold, die AISC, den Goldpreis und den tatsächlichen Verkaufspreis von Gold. Der Verkaufspreis lag systematisch über dem Kassapreis von Gold. Lediglich zu Beginn der Goldrallye lagen der Verkaufspreise unter dem Kassapreis. Eine ähnliche Entwicklung gab es 2012 und 2013.

Große Trendwendeprozesse werden von den meisten Unternehmen zu spät erkannt

Terminverkäufe hinken der Preisentwicklung bei raschen Trendwenden hinterher. Ein hoher Verkaufspreis ist immer noch keine Garantie für Gewinne. Das erlebte Barrick in den Jahren 1997, 2000 und 2009. Hierfür waren vor allem einmalige Kosten ausschlaggebend. Diese einmaligen Kosten können es in sich haben und sind die größte Gefahr für Anleger. Ein Großteil der Kosten wird wenig diskutiert und kann Anleger bei einem Blick in die Bilanzen der Unternehmen in die Irre führen. Wer Goldminenaktien kauft muss diese Positionen jedoch dringend im Blick behalten, ansonsten kann relativ plötzlich eine böse Überraschung folgen.

Verlässt man sich als Anleger darauf, dass die AISC unter dem Goldpreis liegen, dann ist das zu wenig, um ein Investment zu rechtfertigen. Gerade in der aktuellen Phase lauern in den Bilanzen der meisten Unternehmen erhebliche Risiken, die im Ernstfall sogar zur Insolvenz führen können. Das geschieht dann, obwohl die AISC unter dem Goldpreis liegen und man auf den ersten Blick den Eindruck gewinnt, dass das Unternehmen eigentlich ganz gut dasteht. Mehr zu diesen Gefahren in Teil II des Artikels.

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5 Kommentare

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  • Sandmännchen
    Sandmännchen

    Hallo, bin schon sehr lange bei GMT und möchte an dieser Stelle Clemens Schmale meinen Dank aussprechen für seine insgesamt sehr fundierten und damit wertvollen Analysen. Möchte zudem ergänzen, dass gerade bei den Minenbetreibern noch eine Vielzahl weiterer Faktoren die Unternehmensbewertung/Anlageentscheidung beeinflusst. Hierzu zählen nicht nur die operativen Instrumente sich gegen Goldpreisfehlentwicklungen abzusichern ( Hedges ), sondern auch die Bewertung der schlummernden Goldreserven in den Minen, die einen Spielraum in der bilanziellen Darstellung ermöglichen - Stichwort Bilanzverlängerung! Dennoch Klasse und weiter so!!!

    08:00 Uhr, 29.08. 2015
  • baerentatze66
    baerentatze66

    Danke, wieder mal tiefgründig recherchiert. Volkswirt C.Schmale liefert m.E. die fundiertesten GMT-Beiträge. Erst danach folgt TV-Star Stanzl, der mir etwas zu viel eigene Meinung reinbringt; allerdings meist richtig liegt. Beide sind Glanzlichter in der uniformen Analystenwelt.

    14:29 Uhr, 27.08. 2015
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    ich hab vorgestern 6 Millionen Barrick Aktien gekauft.

    13:56 Uhr, 27.08. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • sewiet13
    sewiet13

    Nur das bei Gold Produktionskosten und Wert kaum korrelieren. Gold ist kein Industriemetall. trotzdem findet man immer wieder diese Kalkulationen. Die einzig relevante Frage ist doch: Benötigen wir noch immer Gold als Reserve bzw. "safe haven"?

    Wenn dem so ist, so ist Gold stark unterbewertet. Ist dies nicht der Fall, dann könnte man die Kostenkalkulation zur Preisermittlung heranziehen. Der beweis, dass Gold als "safe haven" nicht mehr benötigt ist steht aus. (Wir wissen nur, dass es derzeit als solches nicht stark gefragt ist.) Es ist nur eine grosse Minderheit, die weiterhin davon überzeugt ist, dass Gold in einer bald bevorstehenden Phase einer der einzigen Wertspeicher sein wird und daher unterbewertet ist. Ich auch, im Übrigen.

    13:37 Uhr, 27.08. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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