Kommentar
11:32 Uhr, 13.02.2019

Gold und Populismus

Der Goldpreis ist in letzter Zeit in Bewegung gekommen. Hier mal eine kühne These was dahinter stehen könnte.

  • Der Goldpreis ist in den letzten Jahren parallel zu der politischen Verbreitung des Populismus gestiegen.
  • Es gibt eine Reihe von Faktoren, die auch künftig für eine positive Korrelation zwi­schen Gold und Populismus sprechen. Der Goldpreis könnte weiter steigen.
  • Die Zusammenhänge sind allerdings nicht so zwingend, dass man zu viele Eier in einen Korb legen müsste.

Der Populismus greift immer mehr um sich. Rechts- und linkslastige Parteien und Strömungen werden stärker. Es gibt immer mehr Länder mit populistischen Regierungen.Da müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn sich das nicht auch am Kapitalmarkt zeigen würde. Gibt es, di­rekt gefragt, eine "populistische Geldanlage"?

Das klingt zunächst provokativ. Wer will schon ein populis­tisches Investment? Trotzdem möchte ich hier die vielleicht etwas kühne These aufstellen, dass es tatsächlich eine Asset-Klasse gibt, die man als populistisch bezeichnen könnte. Es ist Gold.

Dafür spricht zunächst der unmittelbare Augenschein. Der Goldpreis ist in den letzten Jahren fast gleichzeitig mit dem Populismus gestiegen. Der Wendepunkt war das zweite Halbjahr 2015. Damals endete der dramatische Fall des Goldpreises. Es ging wieder nach oben. Das war zugleich die Zeit als die populistischen Parteien in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland stärker wurden. In Großbri­tannien fing die Radikalisierung mit der Vorbereitung auf das Brexit-Referendum an. 2016 kam der Wahlkampf Trumps in den USA.

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Der Goldpreis ist dabei nicht dramatisch gestiegen. Er hat sich aber relativ kontinuierlich von knapp unter USD 1.100 je Feinunze auf inzwischen über USD 1.300 erhöht. Das ist ein Anstieg von über 10 %. Das sieht ähnlich aus wie die Verbreitung des Populismus. Auch dieser ist ja nicht mit einem Schlag gekommen, sondern breitete sich sukzessive aus.


Der Goldpreis könnte auf über USD 2.000 je Feinunze steigen.


Aber nicht nur die Grafik zeigt Parallelitäten. Es gibt auch sachliche Gründe. Erstens: Wenn es überhaupt eine Ver­mögensklasse für die breite Masse des Volkes gibt (und nicht nur für die gesellschaftlichen Eliten), dann ist es Gold. Es sieht schön aus. Es ist wertvoll. Es gilt als Symbol von Reichtum. Es hat eine lange Geschichte. Es wurde schon als Geld verwandt, als es Papiergeld oder Münzen (von Ak­tien und festverzinslichen Wertpapieren ganz zu schweigen) noch nicht gab. Viele Menschen haben Gold, zu Hause oder im Tresor, obwohl es dafür keine Zinsen gibt und obwohl der Besitz physischen Goldes mit Risiken (und vielleicht auch mit Kosten) verbunden ist.

Ganz abgesehen davon war Gold in der Vergangenheit auch schon eine rentable Geldanlage. Wer seit dem Ende des Weltkrieges sein Geld in das gelbe Metall investierte, erzielte allein durch die Preissteigerungen eine Rendite von jährlich über 5 %.

Zweitens: Der wachsende Populismus führt sowohl in den einzelnen Ländern als auch in der Welt insgesamt zu Span­nungen und Krisen. Gold ist aber nun einmal das traditionel­le Instrument, mit dem man sich gegen Krisen schützen zu können glaubt. Je mehr Krisen, umso höher der Goldpreis.

Drittens: Populismus untergräbt das Vertrauen der Men­schen in die staatliche Geldordnung. Er ist skeptisch gegen­über der Geldschöpfung durch die Banken. Er vertraut nicht auf unabhängige Zentralbanken. Menschen kaufen Gold, weil sie an ein Ende des Papiergeldes glauben und auf eine Rückkehr des Goldstandards hoffen.

Viertens: Populistische Politiker sind häufig Anhänger einer expansiven Finanzpolitik, nicht zuletzt um damit Wohltaten für das Volk zu finanzieren. Siehe etwa die massive Steuer­senkung, die der amerikanische Präsident im vorigen Jahr in Kraft setzte. Sie treibt das öffentliche Defizit und die Staatsverschuldung nach oben und schürt gleichzeitig Äng­ste vor Inflation. Das kommt am Ende wieder dem Gold zu­gute. Denn das gelbe Metall gilt traditionell als Schutz vor Geldentwertung.

Wenn es richtig ist, dass es eine Korrelation zwischen Populismus und Gold gibt, dann hat das Konsequenzen. Denn vieles spricht dafür, dass der Populismus nicht nur eine kurzfristige Modeerscheinung ist, sondern der Beginn einer Ära, die länger dauern könnte. Gideon Rachman von der Financial Times hat vor ein paar Tagen darüber speku­liert, dass die Trump-Ära (nicht Trump selbst natürlich) in der Welt 30 Jahre dauern könnte – so lange, wie die Nach­kriegszeit (bis Ende der 70er Jahre) und so lange wie die dann folgende Zeit des globalen Kapitalismus. Das wären dann gute Perspektiven für die Anlageklasse Gold. Der Goldpreis könnte auf über USD 2.000 je Feinunze steigen.

Allerdings soll man nicht übertreiben. Es gibt auch Risiken. Eines ist, dass der Populismus zwar politisch erfolgreich ist, nicht aber zwangsläufig ökonomisch. Es ist denkbar, dass der Brexit in einem wirtschaftlichen Desaster endet. Trump
könnte mit seiner Wirtschaftspolitik scheitern. Dann ginge es mit dem Populismus schnell zu Ende. Auch der Gold­preis würde wieder fallen.

Ein anderes Risiko ist, dass der Goldpreis durch andere Faktoren überlagert wird. Derzeit kaufen Zentralbanken vermehrt Gold (zum Beispiel Russland, China). Das hat nicht zwangsläufig etwas mit Populismus zu tun. Denkbar ist auch, dass sich ein Zinsanstieg negativ auf den Gold-preis auswirkt. Das würde die Zunahme des Goldpreises bremsen.

Für den Anleger

Gold ist eine gefährliche Anlageklasse. Dahinter steht nur ein einziges Metall und es wirken sehr unterschiedliche Fak­toren auf der Angebots- und Nachfrageseite. Es war daher kein Wunder, dass Goldbesitzer in der Vergangenheit oft enttäuscht wurden. Jetzt sieht es aber so aus, als ob die Auftriebskräfte beim Gold stärker werden könnten.


Anmerkungen oder Anregungen? Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen: martin.huefner@assenagon.com.

Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management S.A.

68 Kommentare

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  • Sideliner
    Sideliner

    Wo waren die Populisten als Gold bei $1900 stand? Hießen die damals noch Verschwörungtheoretiker oder Ewiggestrige? Politische Börsen haben kurze Beine, heißt es immer - da ist mehr dran als an diesem Artikel, denke ich.

    14:08 Uhr, 14.02.2019
  • MrTight
    MrTight

    Chefvolkswirt hin oder her. Sind schon schräge Thesen, die Hüfner hier aufstellt. Wenn ich mir das Chartbild vom Gold ansehe, sehe ich nichts anderes als eine ausgedehnte Seitwärtsbewegung. Ein Zusammenhang mit Populismus - besonders linker und rechter Meinungen wie er schreibt - ist nichts anderes als politische Gesinnung. Volkswirte sind da schon eine sehr besondere Spezie, wenn es um Ansichten geht.

    US-Indizes werden heute per Twitter beeinflusst. Welchen Begriff wählen Volkswirte dafür?

    06:51 Uhr, 14.02.2019
  • shark
    shark

    Hr.Hüfner was Gold mit Populismus zu tun haben soll, entzieht sich meiner Kenntnis und Vorstellungskraft.

    Im übrign was ist gegen das Volk ,also den Populus,zu sagen ?

    Nicht der Populist ist undemokratisch ,sondern die politischenRepräsentanten ,die Alternativlosigkeit suggerieren.

    Im übrigen fühle ich mich persönlich mit Gold bzw Goldmünzen sehr wohl und das seit vielen Jahren . Und wenn ich dann noch ein Populist sein soll,habe ich damit keinerlei Probleme

    Für die HBV und viele ihrer Kunden wäre Gold rückblickenvt auch besser gewesen wie..........-),

    22:16 Uhr, 13.02.2019
    1 Antwort anzeigen
  • Unentschieden
    Unentschieden

    Ich glaub ja mittlerweile, der Hüfner wollte auch einfach mal die Tageshitliste der meisten Kommentare unter einem Artikel als Erster beenden.

    So verpeilt kann doch ein Chefvolkswirt mit Doktortitel gar nicht sein, um ernsthaft so ne Myrrhe von sich zu geben...

    19:28 Uhr, 13.02.2019
    2 Antworten anzeigen
  • ulli53
    ulli53

    Sehr geehrter Herr Hübner,

    ich lese gerne Ihre Kommentare, aber mich nervt der Begriff Popolist gewaltig. Jeder Politiker, gleich welcher Coloer ist letztlich ein Popolist, siehe Wikipedia. Jedem Politiker geht es nur um die Sicherung seiner Pfründe.

    Ich glaube auch nicht das der Goldpreis was mit popolismus zu tuen hat, ich glaube viel mehr das die Menschen begriffen haben wie der Hase mit der Verschuldung läuft. Somit halte ich die Metapher des Kanarienvogels für zutreffen.

    Dem Begriff Populismus (von lateinisch populusVolk‘) werden von Sozialwissenschaftlern mehrere Attribute zugeordnet. Charakteristisch ist eine mit politischen Absichten verbundene, auf Volksstimmungen gerichtete Themenwahl und Rhetorik. Dabei geht es mal um die Erzeugung bestimmter Stimmungen, mal um die Ausnutzung und Verstärkung vorhandener Stimmungslagen zu eigenen politischen Zwecken. Oft zeigt sich Populismus auch in einem spezifischen Politikstil und dient als Strategie zum Machterwerb. Nur gelegentlich erscheint er in der Forschung auch als Bestandteil einzelner Ideologien.[1]

    19:05 Uhr, 13.02.2019
  • anders
    anders

    Eineindeutig zu definieren ist Populismus jedenfalls nicht. Und ,wo gibt es ihn nun wirklich einmal nicht ? War er schon das Unwort des Jahres?

    Die weltweiten Schulden sind mittlerweile auf eine gigantische Summe angestiegen. Die Finanzkrise, die ihren - vorläufigen! – Höhepunkt im Herbst 2008 verkraften musste, ist keinesfalls überwunden. Die internationalen Schulden, die zur Finanzkrise des Jahres 2008 geführt haben sind ,statt geringer, höher als je zuvor.

    Wachstum so scheint es, ist nur noch durch weitere Verschuldung erreichbar. Rettung und Boom auf Pump: Die Finanzkrise 2008 wurde mit mehr Schulden kaschiert! Aber die Krise ist keineswegs überwunden!

    Die Staaten haben die Banken und damit das bestehende Finanzsystem vorläufig gerettet, Bürger und Steuerzahler werden eines Tages die Staaten retten müssen mit Ihrem Volks/ Privatvermögen, oder das System scheitert!

    Die Missachtung banaler ökonomischer Gesetze kann zeitlich befristet die Widersprüche des Systems im Zaum halten , aber mit jeder Maßnahme, den auftretenden Widersprüchen regulatorisch zu begegnen,werden neue induziert. Ökonomische Gesetze existieren analog Naturgesetzen unabhängig und unterwerfen sich weder dem Willen des Individums, noch einer Institution.

    Papiergeld ist ein Versprechen der Politik in die Zukunft,warum sollten wir diesen Populisten vertrauen.

    Nur Gold ist Geld - alles andere ist Kredit!

    John Pierpont Morgan (1837-1913)

    19:05 Uhr, 13.02.2019
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Lieber Herr Hüfner,

    ich schätze Ihre sachlichen Beiträge, aber den Goldpreisanstieg mit dem Anstieg der sogenannten Populisten in Verbindung zu bringen, das finde ich durchaus sportlich.

    Wer ist im Übrigen ein Populist? Die AFD, die Merkels Steilvorlage für sich nützt und das Thema innere Sicherheit / Grenzsicherheit für sich entdeck hat?

    Die SPD, die nicht finanzierbare Rentenzusagen in die Öffentlichkeit trägt?

    Konrad Adenauer etwa? Seine Berater haben ihn vor fast 60 Jahren gewarnt, die Deutsche Rentenversicherung Bund, wie sie heute genannt wird, komfortabler auszustatten, da dies nicht finanzierbar wäre. Lächelnd meinte Adenauer: Das weiss ich, meine Herren.....aber ich möchte wieder gewählt werden.

    Die Jahre seit Lehman haben einen latent krisenhaften Charakter, auch wenn die Krise oft unsichtbar im Hintergrund spielt und oberflächlich alles in bester Ordnung zu sein scheint. Dies befördert den Goldpreis sukzessive nach oben bzw. hält ihn sehr stabil. Gold ist wie bereits vor 100 und vor 1000 Jahren der „Kanarievogel in der Kohlengrube“ und je lauter er zu zwitschern beginnt, umso gefährlicher wird das Halten von Bargeld. Ja, so betrachtet ist das Halten von Cash heutzutage ein sehr gefährliches Investment. Diese These wird vom IWF höchstselbst untermauert,der bekanntlich aktuell eine perfide Strategie kommuniziert, die dazu dienen soll, den Staaten weiterhin ihre pervese Verschuldungspolitik zu ermöglichen.

    18:17 Uhr, 13.02.2019
    1 Antwort anzeigen
  • franca
    franca

    Mit Verlaub, sehr geehrter Herr Hüfner, an diesem Thread sind nur die Kommentare brauchbar!

    Noch nie in der Geschichte der Menschheit waren die Schulden höher als heute (nicht nur Griechenland wird seine Schulden niemals tilgen können). Die Welt ist so unermesslich hoch verschuldet, dass man die Schulden nur noch weginflationieren kann. Daher werden die endlichen Sachwerte, zu denen auch Gold gehört, umgekehrt proportional teurer werden müssen. Das ist logisch und hat nichts mit Populismus zu tun!

    Mathematischer und damit logischer Beweis: Seit der Euroeinführung hat sich der Geldwert umgekehrt proportional zum Goldpreis entwickelt und zwar nicht 1:1 sondern 1/6!Die Entwicklung ist also nicht linear sondern exponnentiell.

    16:51 Uhr, 13.02.2019
    1 Antwort anzeigen
  • Dragoslav
    Dragoslav

    Das wäre dann quasi die Rückkehr zu Zeiten vor 1974. Also zu der Zeit als die ganze Welt populisitisch war.

    16:51 Uhr, 13.02.2019
    1 Antwort anzeigen
  • Dragoslav
    Dragoslav

    Strebt er den Goldstandard an?

    16:49 Uhr, 13.02.2019