Analyse
08:38 Uhr, 21.12.2021

Gold - Saisonalität – 2022 einer der Hoffnungsschimmer

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  • DAX
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    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

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Saisonalität – 2022 einer der Hoffnungsschimmer

Bei unserem großen, technischen Jahresausblick darf der Blick auf die zyklischen bzw. saisonalen Rahmenbedingungen nicht fehlen. Angelehnt an den US-Präsidentschaftszyklus wollen wir unter die Lupe nehmen, wie sich der Goldpreis typischerweise in Zwischenwahljahren der USA schlägt. Um es vorweg zu nehmen: Der durchschnittliche Verlauf aller US-Zwischenwahljahre seit 1974 hat mit einem Kursplus von über 17 % Einiges zu bieten. Allerdings warnen wir an dieser Stelle stets davor, diese Performance einfach eins zu eins auf das neue Jahr 2022 zu übertragen. Vielmehr liefert der seasonal Chart Hinweise darauf, wann Anleger mit saisonalem Rückenwind rechnen können bzw. wann der Wind auch mal von vorne kommt. In das kommende Zwischenwahljahr startet das Edelmetall typischerweise sehr dynamisch, wobei die Goldrally bis in den Mai anhält (siehe Chart). Danach schließt sich bis zum Halbjahreswechsel eine Korrektur an, ehe ab Juli die saisonal beste Phase des Jahres einsetzt. Dieser zweite Aufwärtsimpuls hält bis zum Jahresultimo an und wird lediglich von einer Seitwärtsphase im Oktober/November unterbrochen. Die saisonalen Vorgaben für 2022 passen also bestens zu den konstruktiven Mustern in den eigentlichen Chartverläufen.

Gold (Daily)

Chart Gold

Quelle: Macrobond, HSBC / 5-Jahreschart im Anhang

5-Jahreschart Gold

Chart Gold

Quelle: Refinitiv, tradesignal²

Goldener Teilzyklus?

Der angestellte Verlaufsvergleich besitzt aber noch eine weitere Dimension. Wenn Investoren über den Tellerrand hinausblicken und bereits jetzt das übernächste Jahr 2023 ins Kalkül miteinbeziehen, dann gilt es, ein für den Goldpreis ebenfalls sehr konstruktiv ausfallendes Vorwahljahr im Hinterkopf zu behalten. Innerhalb des vier Jahre umspannenden US-Präsidentschaftszyklus stellen das anstehende Zwischenwahl- und das folgende Vorwahljahr die beiden besten Teilabschnitte dar. Gemessen an den durchschnittlichen Verläufen seit Beginn der 1970er-Jahre hat das Edelmetall nun also gewissermaßen die „goldene“ Hälfte des Präsidentschaftszyklus vor der Brust. Nach diesen saisonalen Überlegungen wollen wir nun eine relative anstellen: Der Ratio-Chart zwischen dem Gold- und dem Silberpreis hat 2021 einen Pullback an die historisch höchst relevante Widerstandszone bei rund 80 vollzogen. Insgesamt bestehen damit gute Chancen, dass sich der scharfe „U-Turn“ des Vorjahres fortsetzen wird. Im historischen Kontext handelt es sich um ein attraktives relatives Einstiegsniveau. Investoren können also neue Silberengagements in Erwägung ziehen, zumal es dem Silberpreis in einer generellen Edelmetallhaussephase tendenziell leichter fällt, den Goldpreis zu schlagen.

Gold-Silber-Ratio (Monthly)

Chart Gold-Silber-Ratio

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Die entscheidenden Langfristmarken

Das ist die perfekte Überleitung zur Analyse des „Gold des kleinen Mannes“. “Erkläre die Vergangenheit, erkenne die Gegenwart, sage die Zukunft voraus!“ Dieser hippokratische Anspruch gilt natürlich auch für Technische Analysten – gerade bei der Erstellung des Jahresausblicks. In Bezug auf den Silberpreis wird diesem hehren Ziel vor allem die höchste aller Zeitebenen gerecht. So werden auf Jahresbasis alle wichtigen Chartmarken bestätigt bzw. untermauert. Doch der Reihe nach: Während auf der Oberseite das Jahreshoch bei 30 USD punktgenau mit dem Pendant des Vorjahres zusammenfällt, sorgt das Jahrestief (21,39 USD) für einen lehrbuchmäßigen Pullback an die alten Ausbruchsmarken bei gut 21 USD und damit für eine Bestätigung der vorangegangenen langfristigen Bodenbildung (siehe Chart). Dazwischen liegt in der ganz langfristigen Betrachtung viel „charttechnisches Niemandsland“, wenngleich die erneute Kursschwäche zum Jahresende für einen Wermutstropfen sorgt. Deshalb bietet sich die Marke von 21 USD weiter als „Katastrophenstopp“ an. Dagegen würde bei einem Spurt über die jüngsten beiden Wochenhochs bei 30 USD ein prozyklisches Investmentkaufsignal entstehen.

Silber (Annually)

Chart Silber

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

5-Jahreschart Silber

Chart Silber

Quelle: Refinitiv, tradesignal²

26 USD-Marke: Startschuss für die Bullen?

Nachdem wir anhand des Jahrescharts die ganz großen Leitplanken abgesteckt haben, brechen wir im nächsten Schritt zur Feinjustierung die Zeitebene herunter. Im 6-Monats-Bereich werden einerseits die bereits diskutierten Triggermarken bestätigt, andererseits lässt sich anhand dieses Charts die Bedeutung der Marke von 26 USD vertiefen. Im zu Ende gehenden Jahr hat sich der Silberpreis immer wieder mit diesem Niveau auseinandergesetzt – und auch der Jahresschlusskurs 2020 wurde hier ausgeprägt. Zusammen mit den Tiefpunkten der Jahre 2011/12 entsteht hier demnach ein früherer Signalgeber, zumal oberhalb der Marke von 26,76 USD auch die jüngste Halbjahreskerze nach oben aufgelöst wäre. Einen solchen Befreiungsschlag definieren wir deshalb als Katalysator für einen Anlauf auf die Hochs vom August 2020 und Februar 2021 bei 30 USD. Das zuletzt genannte Level definiert gleichzeitig die obere Begrenzung einer großen Schiebezone der letzten anderthalb Jahre. Entsprechend würde ein neues Verlaufshoch für ein prozyklisches Investmentkaufsignal und ein kalkulatorisches Kursziel von gut 38 USD sorgen, welches recht gut mit dem Hoch vom Februar 2021 bei 37,46 USD harmoniert.

Silber (Semi-annually)

Chart Silber

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Ein schmaler Grat – Aber: S-K-S plus Flagge möglich

Der Heikin-Ashi-Chart des Silberpreises bestätigt aber nicht nur die Signifikanz eines der wichtigsten Trigger auf der Oberseite, auch unter Risikogesichtspunkten halten wir die Verknüpfung unterschiedlicher Chartarten für sehr hilfreich. Schließlich liefert eine HA-Unterstützung ein letztes Argument für die Kumulationsunterstützung bei 21 USD. Ein weiteres Puzzleteil, an dem Anleger den strategischen Charakter der Bastion bei 21 USD festmachen können. Zur Feinjustierung der bisherigen Aussagen ziehen wir den Wochenchart des Edelmetalls heran. Die Tiefs bei 22,50/21,39/22,01 USD bilden in dieser Zeitebene eine potenzielle, inverse Schulter-Kopf-Schulter-Formation, deren Nackenlinie fast punktgenau mit der 50-Wochen-Linie (akt. bei 25,22 USD) zusammenfällt. Vor diesem Hintergrund würde eine abgeschlossene Trendwende ein kalkulatorisches Anschlusspotential von 3,50 USD bereithalten. Ausreichend, um die o. g. Signalmarke bei gut 26 USD ebenfalls zu überwinden und um die seit Februar bestehende Korrekturflagge (obere Begrenzung akt. bei 26,40 USD) „bullish“ aufzulösen. Eine abgeschlossene Flagge liefert wiederum einen wichtigen Fingerzeig in Sachen „neues Mehrjahreshoch“ oberhalb der Marke von 30 USD.

Silber (Monthly)

Chart Silber

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Minentitel: Pullback – zum Zweiten!

Die bisher beschriebenen saisonalen Einflussfaktoren sowie die charttechnische Ausgangslage der Edelmetalle stellen eine Steilvorlage für den Philadelphia Gold Silver Index dar. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass eine konstruktive Entwicklung den Minentiteln gut zu Gesicht stehen würde, denn das Jahr 2021 war auch für den Sektor ein Verlustgeschäft. Durch die technische Brille betrachtet, sorgen die Jahrestiefs vom September/Oktober bei 117 Punkten allerdings für einen lehrbuchmäßigen Pullback an die Nackenzone der langjährigen Bodenbildung seit dem Frühjahr 2013 (siehe Chart). Mit anderen Worten: Die vorangegangene, untere Umkehr wird bestätigt. Um über den erfolgreichen Rücksetzer hinaus in die Erfolgsspur zurückzukehren ist ein Sprung über den Kreuzwiderstand bei rund 135 Punkten nötig. Hier fallen verschiedene Tiefs mit einem Fibonacci-Level (133 Punkte) und dem Korrekturtrend seit Juni (im Januar bei 137 Punkten) zusammen. Gelingt der Befreiungsschlag, definieren die Hochpunkte bei 165/167 Punkten ein erstes Etappenziel. Das langfristige Kursziel aus der mehrjährigen Bodenbildung lässt sich sogar auf rund 190 Punkte taxieren.

Philadelphia Gold Silver Index (Monthly)

Chart Philadelphia Gold Silver Index

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

5-Jahreschart Philadelphia Gold Silver Index

Chart Philadelphia Gold Silver Index

Quelle: Refinitiv, tradesignal²

Kursziel 190 Punkte?

Die zuletzt beschriebene Zielmarke harmoniert zum einen bestens mit der 261,8 %-Fibonacci-Projektion des 2020-Rückschlags (196 Punkte) und zum anderen mit dem Hoch vom September 2012 (197 Punkte). Auf diesem Niveau entsteht also ein wichtiges Anlaufbündel. Besonders hervorheben möchten wir die relative Perspektive der Minenaktien: Im Vergleich zum Goldpreis, liegt der Bruch des seit Anfang 2006 bestehenden Abwärtstrends vor, der im September lehrbuchmäßig zurückgetestet wurde. Wenngleich Trends im Ratio-Chart oftmals stabiler sind als ihre Pendants im eigentlichen Chartverlauf, so ist es doch alles andere als alltäglich, dass derart alte Trends zu den Akten gelegt werden. Übergeordnet arbeitet der Philadelphia Gold-/Silver-Index auch auf relativer Basis an einer Bodenbildung. Gelingt der Sprung über die Nackenlinie in Form der relativen Hochpunkte der Jahre 2014, 2016 und 2021, wäre die untere Umkehr seit 2013 im Verhältnischart endgültig geglückt (siehe Chart). Im Erfolgsfall dürften sich die im Philadelphia Gold-/Silver Index zusammengefassten Minenaktien in Zukunft besser als der Goldpreis entwickeln. Aufgrund der guten Chartperspektiven bietet der Edelmetallsektor Investoren eine echte Diversifikationsmöglichkeit.

Ratio Phil. Gold Silver Index/Goldpreis (Monthly)

Chart Ratio Phil. Gold Silver Index/Goldpreis

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Die zwei „T´s“ – Trendbruch plus Trendwende

Als Einstieg in den Rohstoff-Komplex wählen wir den CRB TR Index. Der langfristige Gezeitenwandel lässt sich anhand des breiten Rohstoffbarometers lehrbuchmäßig aufzeigen. So sorgt der Spurt vom Mai 2021 über die Marke von 210 Punkten endgültig für das Vorliegen der sog. „zwei T’s“ – Trendwende plus Trendbruch! Gemeint ist der Bruch des Baissetrends seit 2008 (akt. bei 188 Punkten) sowie der Abschluss der Bodenbildung seit 2015. In der Konsequenz liegen zwei wesentliche Voraussetzungen für eine nachhaltige Wende zum Besseren vor. Da der Kurseinbruch des Jahres 2020 zudem eine „V-Formation“ darstellt, liegt sogar ein weiteres Umkehrmuster vor. Obwohl der steile Kursanstieg seit dem Frühjahr 2020 bzw. der heißgelaufene RSI eine temporäre Verschnaufpause nahelegen, dürfte sich perspektivisch die eingeläutete Rohstoff-Rally fortsetzen. Schließlich ergibt sich aus der Höhe der beschriebenen Umkehrformationen ein Kursziel von knapp 300 Punkten. Knapp darunter (289 Punkte) hätte das Rohstoffbarometer zudem 50 % der gesamten Baisse von Sommer 2008 bis zum Frühjahr 2020 korrigiert. Unter strategischen Gesichtspunkten war 2021 ein echter „game changer“, denn der diskutierte Befreiungsschlag hat die Baisse der letzten 13 Jahre beendet.

CRB TR Index (Monthly)

Chart CRB TR Index

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

5-Jahreschart CRB TR Index

Chart CRB TR Index

Quelle: Refinitiv, tradesignal²

Diese Marken sollten Sie 2022 im Blick haben

Aufgrund der großen Trendwende sendet der Kursverlauf des CRB TR Index die Botschaft, dass die aufflammende Inflation möglicherweise nicht so vorübergehend und transitorisch sein wird, wie es die Mehrzahl der Marktteilnehmer derzeit erwartet. Vielmehr dürften Preissteigerungen als wichtiges Anlagethema Investoren 2022 erhalten bleiben. Diese Gefahr spiegelt auch der Chartverlauf des Ölpreises wider. Aufgrund der spektakulären „selling climax“ mit negativen WTI-Notierungen im Frühjahr 2020 sowie einer geringen Erwartungshaltung sahen wir beim „Schwarzen Gold“ vor Jahresfrist Erholungspotenzial. Damit haben wir einen Prognosetreffer gelandet, welcher aus charttechnischer Sicht ebenfalls zum Bruch des langfristigen Baissetrends seit 2008 (akt. bei 55,16 USD) bzw. zur Ausbildung einer nicht ganz idealtypischen, inversen Schulter-Kopf-Schulter-Formation führt. In diesem Zusammenhang steckt die fallende Nackenzone der unteren Umkehr (akt. bei 62,43 USD) ein strategisches Absicherungsniveau ab. Ohne deren Rebreak müssen Anleger von einer gleichermaßen intakten wie nachhaltigen Trendwende des Ölpreises ausgehen. Oberhalb der beiden Herbsthochs bei rund 85 USD wäre sogar „charttechnischer Raum“, um in dreistellige Kursnotierungen vorzustoßen.

WTI Crude Future (Kontrakt Feb 22) (Monthly)

Chart WTI Crude Future (Kontrakt Feb 22)

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

5-Jahreschart WTI Crude Future (Kontrakt Feb 22)

Chart WTI Crude Future (Kontrakt Feb 22)

Quelle: Refinitiv, tradesignal²

Ablaufplan Zwanzig-Zweiundzwanzig

Von Jahresbeginn an steht die Börsenampel für die Edelmetalle „auf grün“. Neben dem verschachtelten Kursmuster profitiert der Goldpreis dabei möglicherweise vom typischen Verlauf des „US-Zwischenwahljahres“. Innerhalb des Präsidentschaftszyklus handelt es sich sogar um den besten Teilabschnitt. Nach der Enttäuschung des Jahres 2021 könnten die Edelmetalle dieses Mal also positiv überraschen. Während wir beim Silberpreis deshalb ein neues Mehrjahreshoch jenseits der 30er-Marke für realistisch halten, ist beim Goldpreis sogar ein Spurt über das bisherige Allzeithoch vom August 2020 bei 2.072 USD möglich. Obwohl die (Chart-)bilder derzeit recht konstruktiv erscheinen, möchten wir Investoren an ein altes Schiller-Zitat erinnern, wonach nur ein verzweifelter Spieler alles auf einen Wurf setzt! Im Rohstoffbereich haben 2021 zum Teil große, strategische Trendwenden stattgefunden. Der Preisdruck von dieser Seite sollte Investoren somit auch 2022 begleiten. „Erfahrungen nennt man die Summe aller Irrtümer.“ Mit einem gesunden Maß an Selbstreflektion werden wir deshalb unseren Fahrplan regelmäßig mit den 2022er-Realitäten abgleichen. Die Feinjustierung der entscheidenden Trends nehmen wir unterjährig im „HSBC Daily Trading“ vor – versprochen.

Gold (Monthly)

Chart Gold

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

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Autor: Jörg Scherer

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Über den Experten

Jörg Scherer
Jörg Scherer
Leiter Technische Analyse bei HSBC Deutschland

Jörg Scherer, Diplom-Kaufmann und Certified Financial Technician (CFTe), ist Gewinner des 2007er Awards der „Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands“ (VTAD) und der Verfasser des kostenfreien täglichen Newsletter HSBC Daily Trading, einem der meist gelesenen Trading-Newsletter Deutschlands. Ebenfalls analysiert Jörg Scherer auf mehreren Terminen im Jahr auf Seminaren in ganz Deutschland und in Webinaren für Privatanleger und institutionellen Investoren den nationalen und internationalen Aktienmarkt, die Rentenseite, Währungspaare und Rohstoffe.

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