Analyse
16:23 Uhr, 03.10.2014

Gold: Kein schöner Land...

Gerne würde ich bessere Neuigkeiten über Gold überbringen aber als Charttechniker bin ich quasi gezwungen das Gegenteil zu tun. Wie in Shakespeares Henry IV bitte ich Sie auch hier, den Überbringer der Nachricht (mich) nicht zu erschießen.

Erwähnte Instrumente

  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Kursstand: 1.195,05 $/Unze (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Silber
    ISIN: XC0009653103Kopiert
    Kursstand: 16,80 $/Unze (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Gold - WKN: 965515 - ISIN: XC0009655157 - Kurs: 1.195,05 $/Unze (Deutsche Bank Indikation)
  • Silber - WKN: 965310 - ISIN: XC0009653103 - Kurs: 16,80 $/Unze (Deutsche Bank Indikation)

Die Charttechnik betrachtet das, was an den Märkten tatsächlich geschieht. Sie betrachtet den Verlauf des Kurses, der darüber bestimmt, wie ein Gut zu jedem erdenklichen Zeitpunkt bewertet war und ist. Die Charttechniker handeln also nicht ihre eigene Vorstellung, wie der Markt aus diesem oder jenem Grund sein sollte, sondern Sie richten sich nach dem, was die anderen Marktteilnehmer in der Summe für den jeweils richtigen Kurs halten. Bei Gold möge man einwenden, das sei alles Manipulation und der Preis werde gezielt durch Manipulationen oder Interventionen nach unten gedrückt. Der Charttechniker sieht hier lediglich einen Bärenmarkt, der sein Ende noch nicht gesehen hat.

Als ich vor einem Jahr an dieser Stelle schrieb, dass sich der Silberpreis aufgrund schwacher Fundamentaldaten auf absehbare Zeit nicht viel anders entwickeln wird, als der Goldpreis, bezog ich dabei aber auch mehr als nur die Charttechnik ein. Ich bezog mich auf Angebot und Nachfrage, auf das Überangebot am Silbermarkt, auf Dinge eben, die Marktteilnehmer dazu bewegen einen höheren oder tieferen Preis zu bezahlen und zu verlangen. Sie, lieber Leser, mögen vor allem auf diese Faktoren achten, wenn Sie versuchen, die weitere Goldpreisentwicklung abzuschätzen. Ich möchte Sie in diesem Artikel jedoch dazu motivieren, auch einen Blick auf die Charts zu werfen.

Das Verhältnis von Gold zu Silber – ein Teil der Intermarketanalyse – liegt Ende September 2014, dem Zeitpunkt, zu dem ich diese Analyse verfasse – bei 1:69. Vor einem Jahr lag die Ratio bei 1:55. Silber hat sich also deutlich schlechter entwickelt als der Goldpreis, was wohl vor allem mit der Abschwächung der Nachfrage aus Europa und China liegt. Beide Wirtschaftsräume haben auf Jahresfrist spürbar an Dynamik verloren. Per Stand dieser Analyse brach Silber die Unterstützung bei 18,40 USD/Unze, ein stark bärisches Signal. Das technisch davon ableitbare Kursziel liegt im Bereich von 12 USD/Unze.

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Ich kann mir beim Silber in den kommenden Jahren sehr wohl eine Abkopplung vom Goldpreis vorstellen. Im vergangenen Jahr haben wir zahlreiche Beispiele dafür gesehen, wie ehemals eherne Beziehungen plötzlich geschieden wurden, man denke nur daran dass es Staatsanleihen und Aktien seit einigen Monaten vermögen, gleichzeitig zu steigen. Dass Gold in diesem Umfeld nicht als das ultimative Ventil für Sicherheit suchende Investoren gilt ist ein Charakteristikum dieses Marktes: Ein Bärenmarkt ist in der Lage, eigentlich positive Entwicklungen einfach zu ignorieren. Leider kann er das länger tun, als man selbst liquide bleiben kann.

Das große Ereignis dieses Jahres ist die Entwicklung des US-Dollar-Index. Man mag über die Aussichten der US-Wirtschaft in den nächsten Jahren schreiben und lesen, was man will, aber die Märkte haben Ende des dritten Quartals 2014 entschieden, dass der US-Dollar im Außenwert seine Konsolidierung seit dem Jahr 2005 nach oben aufbricht. Ich weise seit mehr als einem Jahr darauf hin, dass sich der US-Dollar seit dem Jahr 2011 unter dem Tarnmantel des zeitlich ausgedehnten Austritts der US-Notenbank aus der Politik des billigen Geldes in einem neuen Bullenmarkt befindet. Die Zeit von 2011 bis 2014 war nach Charles Dow die Phase der Akkumulation in diesem Bullenmarkt. Mit der bullischen Auflösung des seit 2005 währenden symmetrischen Dreiecks schafft der US-Dollar nun ein Kaufsignal, das die nächste Phase des Bullenmarktes nach Charles Dow einläuten dürfte: Jenes der öffentlichen Wahrnehmung. Diese bringt erfahrungsgemäß die stärksten Kursgewinne mit sich und ich kann mir vorstellen, dass der EUR zum USD in den nächsten Jahren die Parität erreichen wird.

Das ist ein Trostpflaster für alle Goldbesitzer im Eurowährungsraum. Denn eine Abwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar könnte bald anstehende neue Verluste im Goldpreis kompensieren. Bricht der Goldpreis die Unterstützung bei 1180 USD/Unze so sind weitere Verluste vorprogrammiert, schon alleine dadurch, dass unter 1180 USD/Unze zahlreiche Stopp-Orders platziert sein dürften, die den Preis schlagartig nach unten bewegen könnten. Eine Stopp-Order ist nichts anderes als eine Order, die man mit einem Kurs versieht. Wird der Kurs erreicht, wandelt sich diese Börsenorder in eine unlimitierte Verkaufsorder, was bedeutet, dass Position zum nächst gestellten Kurs verkauft werden soll. Liegt dieser Kurs bereits 100 USD tiefer, wird eben dann verkauft. Umso mehr Orders sich auf einmal in unlimitierte Verkaufsorders verwandelt, desto stärker der Crash.

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Ich bin für den Goldpreis seit Anfang des Jahres 2013 bärisch. In den ersten beiden Monaten fiel mir auf, dass sich plötzlich intraday-Muster im Goldpreis nicht mehr bevorzugt bullisch, sondern bevorzugt bärisch auflösten. In diesen ersten Beiden Monaten fiel mir auf, dass sich Gold plötzlich vom breiten Aktienmarkt begann abzukoppeln. Gold fiel, während der S&P 500 Index in den USA neue Hochs machte. Das waren klare Warnsignale, die darauf hindeuteten, dass die Stärke des US-Dollars begann, sich negativ auf den Goldpreis auszuwirken. Damals wollte niemand etwas von einer Hausse im US-Dollar hören. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, dass der Goldpreis vor einem deutlichen Rutsch steht. Zwei Monate später brach er die Unterstützung bei 1525 und verlor in zwei Tagen um über 200 USD/Unze. Nun haben wir im Bereich von 1180 USD/Unze eine damit vergleichbare Situation. Erneut könnte diese Unterstützung brechen, das Ziel würde dann zwischen 900-940 USD/Unze liegen. Ich plädiere angesichts dieser drohenden Abwertung des US-Dollar-Goldpreises um ein Viertel dafür physische Bestände gegen weitere Verluste abzusichern. Es kann auch für Euroanleger Sinn machen, den Dollargoldpreis gegen weitere Verluste abzusichern.

Fazit

Ich gehe nicht davon aus, dass sich der Dollargoldpreis gegen die Zinswende in den USA stemmen können wird. Ich rechne damit, dass der US-Dollar vor einer mehrjährigen Hausse steht. Ich kann aus charttechnischer Sicht zahlreiche langfristige Verkaufssignale bei amerikanischen Staatsanleihen, von kurzer bis langer Laufzeit erkennen. Das könnte den Goldpreis in US-Dollar weiter abwärts bewegen. Wegen der Verluste im EUR/USD könnten die Verluste im Eurogoldpreis aber weitaus geringer ausfallen.

Preisbetrachtungen und –prognosen zu Gold dienen lediglich informativen Zwecken für all jene Anleger, die Gold ausschließlich als Notgroschen gekauft haben. Man bewertet ja auch seine Eigentumswohnung nicht täglich neu. Das gleiche gilt für Menschen, die Gold ausschließlich mit diesem Motiv des Notgroschens kauften.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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