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08:30 Uhr, 02.12.2022

Gold - 2023: Ein goldener Jahrgang?

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2023: Ein goldener Jahrgang?

„Alles was gut geht, wird im Nachhinein als Strategie erklärt!“ Dieses Zitat unseres Alt-Bundeskanzlers Gerhard Schröder ist der ideale Einstieg in eine kritische Auseinandersetzung mit unseren letztjährigen Edelmetall-Prognosen. So „plakativ“ lässt sich das vergangene allerdings nicht zusammenfassen. Vielmehr gestalteten sich die Edelmetallentwicklungen in 2022 „vielschichtiger“. Doch der Reihe nach: Zunächst Trafen unsere „Strategien“ ins Schwarze, denn bis März erreichte der Goldpreis sein bisheriges Allzeithoch vom Sommer 2020 bei 2.072 USD. Leider dauert das Spiel 90 Minuten und nicht nur 25! Letzteres verhagelte die Gesamtbilanz, denn was ab dem Frühjahr folgte, muss ohne Wenn und Aber als Enttäuschung bezeichnet werden. Erst im Spätherbst sandte das Edelmetall wieder neue Lebenszeichen. Möglicherweise gerade rechtzeitig, um den Grundstein für ein erfolgreicheres 2023 zu legen – später mehr zu diesem Thema. Doch der vergangene Investmentjahrgang fällt noch aus einem anderen Blickwinkel „vielschichtig“ aus. Dem Goldpreis haftet oftmals das Image eines Krisenstabilisators oder gar eines Krisenprofiteurs an. Krisen gab es im abgelaufenen Jahr bekanntermaßen mehr als genug.

Gold (Daily)

Chart Gold

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Je nach Währung: Große Unterschiede!

Genau hier setzt die „Vielschichtigkeit“ an und führt zur einer ersten wichtigen Feststellung. Während der Goldpreis in der gewohnten Notierung in USD mit einem Minus von 3,7 % „unter Wasser“ liegt, konnte das Edelmetall auf EUR-Basis (+4,8 %) bzw. in britischen Pfund gerechnet (+7,7 %) deutlich zulegen. Mit einem Kurszuwachs von 15 % schießt allerdings die Notiz in japanischen Yen den Vogel ab (siehe Chart). Je nach Herkunft bzw. je nach Währung wurde der Goldpreis seinem Ruf als Stabilitätsanker demnach durchaus gerecht. Gerade in den letzten 12 Monaten, in denen es im Portfoliokontext kaum einen „Platz zum Verstecken“ gab, sorgt der beschriebene Diversifikationseffekt gewiss für ein „milderes Urteil“ in Bezug auf unseren Edelmetallausblick. Deshalb halten wir es derzeit eher mit einem weiteren Alt-Kanzler: Otto von Bismarck bezeichnete einst „Politik ist die Kunst des Möglichen“. Übertragen auf die Technische Analyse könnte man Charts demzufolge als „die Kunst des Wahrscheinlichen“ bezeichnen. Was im neuen Jahr „wahrscheinlich“ oder zumindest „realistisch“ ist, möchten wir im Folgenden mit Hilfe des vielzitierten Blicks in die „große Glaskugel“ abstecken.

Gold (Daily)

Chart Gold

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

5-Jahreschart Gold

Chart Gold

Quelle: Refinitiv, tradesignal²

Jahreschart: Fixstern im TA-Universum

Dabei wollen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, neben möglichen Fixpunkten einen klaren, nachvollziehbaren Fahrplan für das kommende Jahr an die Hand geben. Der alte Bergmannsspruch: „vor der Hacke ist es dunkel“ ist allerdings nirgends so zutreffend, wie auf der Edelmetall- und Rohstoffseite. Deshalb werden wir unseren Prognosen im Jahresverlauf 2023 immer wieder kritisch hinterfragen. Über eventuelle „Verzögerungen im Betriebsablauf“ oder gar Planabweichungen informieren wir Sie im „HSBC Daily Trading“. Es lohnt sich also, unseren Newsletter regelmäßig zu verfolgen! Um Licht in das besagte Dunkel zu bringen, starten wir unseren Ausblick mit der Analyse des Jahrescharts des Goldpreises. Grundsätzlich möchten wir Ihnen die Analyse langfristiger Charts und hoher Zeitebenen wärmstens ans Herz legen. Abseits der hektischen Schwankungen im Tagesbereich lassen sich mit Hilfe hoher Zeiteinheiten oftmals die großen Trends identifizieren. Diese Feststellung sollten Anleger als flammendes Plädoyer für den Nutzen langfristiger Chartbetrachtungen verstehen! Auf das „inside year“ 2021 folgte in diesem Jahr ein klassischer Außenstab (siehe Chart), d. h. das Jahreshoch (2.070 USD) lag höher und das Jahrestief (1.614 USD) tiefer als die Pendants des Vorjahres.

Gold (Annually)

Chart Gold

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Inside-out oder was?

Aus diesem besonderen Phänomen lassen sich gleich mehrere Rückschlüsse ziehen. Da es sich bei einer „outside candle“ um ein ganz besonderes Kursmuster handelt, geben entsprechend das aktuelle Jahrestief und -hoch bei 1.614 USD bzw. 2.070 USD schon mal die ersten wichtigen Stellschrauben vor, deren Bedeutung durch andere Zeitebenen zusätzlich untermauert wird – später mehr dazu. Eine zweite wichtige Erkenntnis ergibt sich aus der Kombination Innen-/Außenstab. Auf Tagesbasis haben wir dieses Kursmuster bereits des Öfteren ins Schaufenster gestellt, weil es in der kurzen Frist zu den vielversprechendsten Formationen zählt. Noch einen dritten Aspekt halten wir mit Blick auf den Jahreschart für essentiell. Dabei geht es um die Relevanz des alten Rekordhochs vom September 2011 bei 1.920 USD. Seit drei Jahren versucht das Edelmetall dieses ehemalige Allzeithoch zu überwinden. Drei Jahre in Folge lagen die jeweiligen Jahreshochs jenseits dieser Signalmarke. Auf Jahresschlusskursbasis schlug ein nachhaltiger Ausbruch jedoch sowohl 2020 als auch 2021 und 2022 fehl (siehe Chart). Zwischen den o. g. großen Leitplanken haben wir damit noch eine weitere Schlüsselmarke von hoher Relevanz herausgearbeitet.

Gold (Annually)

Chart Gold

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Warum die Marke von 1.920 USD entscheidend ist

Wir bleiben noch ein wenig beim alten Allzeithoch aus dem Jahr 2011 bei 1.920 USD. Wenn Anlegerinnen und Anleger die langfristige Goldpreis-Entwicklung seit Beginn des Jahrtausends betrachten, dann können die letzten 12 Jahre als Konsolidierung in Form einer Untertassenformation interpretiert werden. Mit diesem Kursmuster „verdaut“ das Edelmetall die dynamischen Kursgewinne von 2001 bis 2011. Diese Sichtweise sorgt nochmals für ein besonderes Ausrufezeichen hinter der Bedeutung der Schlüsselmarke von 1.920 USD, denn ein Sprung über diese Hürde käme einer „bullishen“ Auflösung der diskutierten Untertasse gleich. Zwar sollten Investorinnen und Investoren nie versuchen den Abschluss einer Formation zu antizipieren, doch das Kursziel, welches sich im Erfolgsfall ergibt, ist als „visionär“ zu bezeichnen. Schließlich eröffnet sich – abgeleitet aus der Tiefe des zwischenzeitlichen Einschnittes – ein Anschlusspotential von 875 USD bzw. ein Kursziel von knapp 2.800 USD. An dieser Stelle der ausdrückliche Hinweis: Bei dieser Zielmarke handelt es sich keineswegs um das 2023er-Kursziel, sondern vielmehr um ein langfristiges Kursziel auf Sicht der nächsten Jahre im Anschluss an eine tatsächlich komplettierte Untertassen-Formation.

Gold (Annually)

Chart Gold

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Versagendes Doppeltop als Kurstreiber

Das Herunterbrechen der Zeitebene und die Analyse des Monatscharts bringt weitere wertvolle Erkenntnisse. So hat der Goldpreis die letzten drei Monatstiefs in einer sehr engen Spanne zwischen 1.614 USD und 1.617 USD ausgeprägt. Ein großer Abgabedruck ließ sich nach dem Abgleiten unter die Marke von 1.680 USD zuletzt also nicht mehr feststellen. Das ist umso bemerkenswerter, als dass die beiden Hochpunkte vom Sommer 2020 und März 2022 bei 2.072/2.070 USD ein klassisches Doppeltop bildeten. Jetzt ergibt sich für das Edelmetall aber ein spannender Ausweg, denn die Trendwendeformation scheint zu versagen. Solche, ihre Wirkung verfehlende Kursmuster, begünstigen oftmals schnelle dynamische Bewegungen in die entgegengesetzte Richtung. Dazu passt die Rückeroberung der 200-Wochen-Linie (akt. bei 1.699 USD) ebenso wie der Spurt über die Tiefs bei knapp 1.700 USD, mit dem das o. g. Doppeltop endgültig negiert wurde. Ein erstes Anlaufziel markieren jetzt die Hochs von 2011 und 2012 bei rund 1.800 USD, ehe die bereits diskutierte Schlüsselmarke in Form des alten Allzeithochs (1.920 USD) wieder auf die Agenda rückt. Danach stecken die historischen Hochs bei 2.070/2.072 USD die nächsten Widerstände ab.

Gold (Monthly)

Chart Gold

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

1.750 EUR – Diese Marke müssen Sie kennen!

Aber auch unter Risikogesichtspunkten liefert der Kursverlauf eine wichtige Hilfestellung: Die o. g. jüngsten Monatstiefs bei 1.617/1.614 USD bieten sich als strategische Absicherung auf der Unterseite an. Bereits in der Einleitung hatten wir auf die große Diskrepanz der Goldpreisentwicklung in 2022 auf USD-Basis bzw. in anderen Währungen hingewiesen. Der Analyse des Edelmetalls in EUR – also aus Sicht eines Euro-Investors – kommt deshalb in diesem Jahr eine besonders große Bedeutung zu. Während der Standardnotierung in USD im März ein neues Rekordhoch jenseits der Marke von 2.072 USD verwehrt blieb, gelang dem Goldpreis in EUR im März dieses Kunststück (1.897 EUR). Seither konsolidiert das Edelmetall die vorangegangenen Kurszuwächse in Form einer klassischen Flagge (siehe Chart). Beide Entwicklungen – neues Allzeithoch plus Ausprägung eines Konsolidierungsmusters – besitzen einen konstruktiven Grundtenor. In diesem Zusammenhang messen wir der Kumulationszone aus der 38-Wochen-Linie (akt. bei 1.729 EUR), einem Fibonacci-Level (1.740 EUR) und dem alten Allzeithoch aus dem Jahr 2020 bei 1.758 EUR eine entscheidende Bedeutung bei. Abgerundet wird der beschriebene Kreuzwiderstand durch die obere Flaggenbegrenzung (akt. bei 1.737 EUR).

Gold in EUR (Weekly)

Chart Gold in EUR

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Vor neuen Rekordständen?

Technisch motivierte Anlegerinnen und Anleger lieben solche neuralgischen Chartmarken, wo die unterschiedlichsten Barrieren in einem engen Kursband zusammenfallen. Mit anderen Worten: Solche Schlüsselzonen besitzen einen besonderen Charme. Schließlich gilt in deren Dunstkreis: „make or break“! Im konkreten Fall entstünde deshalb bei einem Spurt über die Hürden bei rund 1.750 EUR ein bedeutendes, prozyklisches Investmentkaufsignal für den Goldpreis in EUR. Gelingt der Befreiungsschlag, dann stellt ein Wiedersehen mit dem o. g. Rekordlevel (1.897 EUR) fast schon eine „Pflichtaufgabe“ dar. Die Kür wäre in diesem Kontext ein vollständiges Ausschöpfen des Anschlusspotenzials aus der diskutierten Konsolidierungsformation. Rein rechnerisch lässt sich das langfristige Kursziel – abgeleitet aus einer abgeschlossenen Korrekturflagge – auf rund 2.050 EUR taxieren. Auch daran können Investorinnen und Investoren die Bedeutung eines Ausbruchssignals abschätzen. Um die gute Ausgansbasis nicht zu verspielen, sollte das Edelmetall auf Euro-Basis nicht mehr unter das Novembertief bei 1.607 EUR zurückfallen. Auch andere Währungspaare verfügen derzeit über einen vielversprechenderen Kursverlauf als der Goldpreis in der USD-Standardnotiz.

Gold in EUR (Weekly)

Chart Gold in EUR

Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang

Zyklik: US-Vorwahljahr sorgt für Rückenwind

Traditionell gehen wir im Jahresausblick auch auf zyklische bzw. saisonale Aspekte ein. Angelehnt an den US-Präsidentschaftszyklus haben wir deshalb untersucht, wie sich der Goldpreis typischerweise in Vorwahljahren der USA entwickelt. Als Datenbasis dienen dabei alle Vorwahljahre seit 1971. Der Jahresauftakt bis zum Ende des 1. Quartals fällt dabei verhalten aus. Letztlich ist diese Periode durch ein volatiles Nullsummenspiel geprägt. Ab dem Frühjahr greift dem Goldpreis allerdings der dann einsetzende saisonale Rückenwind unter die Arme. Diese saisonal starke Phase hält praktisch bis zum Ende des Vorwahljahres an und wird lediglich durch die typische Korrektur von Ende Mai bis Anfang Juli sowie von einer Schiebezone von Ende September bis Mitte November unterbrochen (siehe Chart). Im Durchschnitt beschert das Vorwahljahr Goldinvestoren sogar ein deutlich zweistelliges Kursplus bei einer Trefferquote von 69 %. D. h., neun der dreizehn Vorwahljahre seit 1971 konnte der Goldpreis mit Kursgewinnen beenden. Im Ergebnis stellt das Vorwahljahr unter saisonalen Gesichtspunkten den zweitbesten Teilabschnitt innerhalb des vier Jahre umspannenden US-Wahlzyklus dar (Fortsetzung folgt).

Gold (Daily)

Chart Gold

Quelle: Macrobond; HSBC / 5-Jahreschart im Anhang

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Autor: Jörg Scherer

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Über den Experten

Jörg Scherer
Jörg Scherer
Leiter Technische Analyse bei HSBC Deutschland

Jörg Scherer, Diplom-Kaufmann und Certified Financial Technician (CFTe), ist Gewinner des 2007er Awards der „Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands“ (VTAD) und der Verfasser des kostenfreien täglichen Newsletter HSBC Daily Trading, einem der meist gelesenen Trading-Newsletter Deutschlands. Ebenfalls analysiert Jörg Scherer auf mehreren Terminen im Jahr auf Seminaren in ganz Deutschland und in Webinaren für Privatanleger und institutionellen Investoren den nationalen und internationalen Aktienmarkt, die Rentenseite, Währungspaare und Rohstoffe.

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