Kommentar
11:12 Uhr, 09.03.2022

Globale Rezession oder Rezession „nur“ in Europa?

Die Frage ist nicht, ob es einen Abschwung gibt, sondern wie schlimm er wird und ob er global oder auf Europa beschränkt ist.

In Europa ist eine Rezession sehr wahrscheinlich, wobei nicht jedes Land gleichermaßen betroffen sein muss. Auch außerhalb von Europa wird der Ukrainekrieg wirtschaftliche Spuren hinterlassen. Rohstoffpreisschocks führen tendenziell zu einer raschen Verlangsamung des Wachstums und in einigen Fällen zur Rezession.

Relevant ist nicht nur das absolute Preisniveau, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der sich der Ölpreis verändert. Die Abweichung des Ölpreises vom Mittel ist aktuell hoch. Sie ist höher als vor Beginn der Finanzkrise und so hoch wie zuletzt zur Zeit des Golfkrieges vor über 30 Jahren. Je nach genauem weiteren Verlauf wird die Abweichung möglicherweise das Ausmaß von 1973 erreichen.

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In den USA werden so hohe Abweichungen vom Mittel häufig innerhalb kurzer Zeit von Rezessionen begleitet. Der Ölpreis ist nicht der alleinige Faktor, aber ein wichtiger. Ganz offensichtlich war das in den 70er Jahren und Anfang der 90er Jahre. Es führt aber nicht jede große Abweichung zur Rezession. Mitte der 90er Jahre blieb sie ebenso aus wie 2005.

Es kommt auf das Umfeld an. In den USA ist es positiv. Die Wirtschaft befindet sich auf einem Wachstumspfad, auch wenn die Omikronwelle im ersten Quartal Spuren hinterlassen wird. In Europa trifft der Preisschock auf eine schwache Wirtschaft, vor allem in Deutschland. Die deutsche Wirtschaft schrumpfte im letzten Quartal 2021.

Nun zeigt der wöchentliche Aktivitätsindex nach unten (Grafik 2). Der Wert liegt bei -0,6. Das bedeutet, dass die deutsche Wirtschaft in den vergangenen drei Monaten langsamer gewachsen ist als in den drei Monaten zuvor. Da die Wirtschaft bereits Ende 2021 schrumpfte, schrumpft sie jetzt noch schneller.

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Der letzte Datenpunkt ist der 6. März. Man kann sich denken, dass sich die Lage jeden Tag verschlechtert. In Deutschland ist eine Rezession fast sicher. In den USA zeigt der Aktivitätsindex nach wie vor gesundes Wachstum an. Der dortige Index zeigt das Wachstum gegenüber dem Vorjahr. Der Wert ist deutlich positiv und ein rascher Rückgang Richtung Nullwachstum ist derzeit nicht absehbar.

Die USA dürften einer Rezession entkommen, Deutschland und viele andere europäische Länder nicht. Wie tief die Rezession wird, hängt auch davon ab, ob die Energieversorgung gesichert bleibt. So unübersichtlich und dramatisch die Lage auch ist, Erdgas fließt derzeit weiterhin. Das gilt sogar für den Durchfluss in Veľké Kapušany an der Grenze von der Ukraine zur Slowakei (Grafik 3). Es fließt derzeit sogar mehr Erdgas als direkt vor Kriegsbeginn.

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Ob das Erdgas weiter fließt, hängt von vielen Faktoren ab. Sowohl der Westen als auch Russland drohen mit einem Stopp. Wer auch immer zuerst agiert, es dürfte das Wirtschaftswachstum weiter beeinträchtigen. Schon jetzt ist klar, dass allein höhere Rohstoffpreise das Wachstum um mindestens zwei Prozentpunkte senken.

Nach aktuellem Wissensstand ist eine globale Rezession unwahrscheinlich. Die USA können einer Rezession entgehen, ebenso China. In Europa lässt sich eine Rezession kaum vermeiden. Entwicklungsländern stehen besonders unruhige Zeiten bevor. Der Anstieg von Nahrungsmittelpreisen und drohende Nahrungsmittelknappheit (fehlende Weizenexporte aus der Ukraine und Russland) sind ein Nährboden für wirtschaftliche und politische Schieflage.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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