Kommentar
15:21 Uhr, 14.10.2008

Globale Rettungsmaßnahmen stehen im Vordergrund

Die Finanzmarktkrise erreichte in der vergangenen Woche einen neuen Höhepunkt. An den Aktienmärkten rund um den Globus herrschte Panikstimmung. Selbst eine konzertierte Zinssenkung der EZB, FED und Bank of England um jeweils 50 Basispunkte konnte die Märkte nur kurzfristig beruhigen. Großbritannien will mehrere Großbanken unter seine Obhut nehmen. Auch Deutschland will den Finanzmarkt mit fast 500 Mrd. Euro stützen. Der US-Dollar gewinnt gegenüber dem Euro mehr als zwei Prozent. Wegen der Aussicht auf eine stark nachlassende Weltwirtschaft flüchten Anleger aus Rohstoffen und lassen diese erneut deutlich fallen.

Deutliche Kursverluste an den weltweiten Börsen

An den Finanzmärkten herrschte in der vergangenen Börsenwoche regelrechte Krisenstimmung. Der DAX schloss die Woche mit einem Minus von knapp 22 Prozent. Dies war der höchste Wochenverlust in der Geschichte des DAX. An der Wallstreet stürzten die Kurse des Dow Jones Industrial Index um über 18 Prozent. Gleichzeitig legten die Renditen 10-jähriger US-Treasuries um 27 Basispunkte zu. Da viele Investoren Liquidität benötigten, trennten sie sich von Staatsanleihen. Ihre Kurse sanken, obwohl das Umfeld für Staatstitel zurzeit gut ist - Stichwort "sicherer Hafen".

Die Verwerfungen an den Finanzmärkten zwangen die Notenbanken zu weit reichenden Maßnahmen. Am Mittwoch verschafften die Währungshüter den Aktienmärkten eine kurze Verschnaufpause. In einer konzertierten Aktion reduzierten EZB, FED und die Bank of England ihre Leitzinsen um jeweils 50 Basispunkte. Der Zinssenkungsschritt wurde von Aussagen begleitet, die als Hinweis auf weitere Senkungen gewertet werden können. Durch Veränderung der Ständigen Fazilitäten versuchte die EZB die Märkte zusätzlich zu stabilisieren. Dabei wurde der Zins für die Einlagenfazilität erhöht und für die Spitzenrefinanzierungsfazilität reduziert. Dadurch können sich Finanzinstitute billiger Geld leihen und erhalten höhere Zinsen auf Einlagen bei der EZB. Die Maßnahmen werden ab dem 15. Oktober eingeführt und sollen zur Entlastung des ausgetrockneten Geldmarktes dienen.

Auf dem G7-Gipfel in Washington beschlossen die führenden Industriestaaten globale Maßnahmen zur Stützung der Finanzmärkte. Dabei wurde eine Garantie für Banken, die für das Finanzsystem elementare Bedeutung haben, abgegeben. Nachdem bereits vergangene Woche Großbritannien dem Finanzmarkt unter die Arme griff, zogen Länder aus dem Euroraum mit ähnlichen Maßnahmen nach. In Großbritannien könnte die Regierung mehrere Großbanken in staatliche Obhut nehmen. Sie stellte den Instituten 50 Mrd. GBP an frischem Kapital zur Verfügung. Weiterhin gab sie Staatsgarantien für Anleiheemissionen der Banken im Umfang von 200 Mrd. GBP. Zur ersten Teilverstaatlichung kam es bei der Royal Bank of Scotland. Auch Deutschland will mit Rettungsmaßnahmen im Umfang bis zu 470 Mrd. Euro den Finanzmarkt stützen. Im Kern stehen auch hier Garantien für den Interbankenmarkt sowie Kapitalspritzen für die angeschlagenen Banken.

Berichtssaison in den USA startet

In den USA begann inmitten der Finanzmarktturbulenzen die Berichtssaison für das dritte Quartal. Traditionsgemäß öffnete der Aluminiumhersteller Alcoa als erster seine Bücher. Was die Aktienmärkte in den nächsten Wochen erwarten könnten, zeigte sich bei den enttäuschenden Quartalszahlen des Aluminiumkonzerns. Das Unternehmen aus Pittsburgh verdiente rund die Hälfte weniger als im gleichen Quartal des Vorjahres. Neben dem schlechten Ergebnis enttäuschte vor allem das gestoppte Aktienrückkaufprogramm. Bereits am Montag schockte die Bank of America mit ihren vorläufigen Zahlen den Markt. Mit einem Gewinneinbruch von 68 Prozent und einer Dividendenkürzung deutete der Bankenriese an, worauf sich Anleger in den nächster Wochen einstellen vermutlich einstellen müssen. Die Aktie verlor am Dienstag über 30 Prozent.

Erfreulich zeigten hingegen vorzeitige Quartalsergebnisse des Technologiekonzerns IBM und des weltgrößten Stahlkonzerns Arcelor Mittal. Beide übertrafen die Analystenprognose beim Umsatz und Gewinn. IBM bekräftigte zudem seine Jahresprognose.

In den ohnehin schwachen Markt hinein veröffentlichte der Softwarekonzern SAP eine Gewinnwarnung. Ein abrupter und unerwarteter Abschwung der Nachfrage bei Softwarelizenzen veranlasste die Walldorfer, ihre Umsatzprognose für das laufende Jahr zu senken. Noch Ende September hatte der Konzern seine Renditeziele bekräftigt. Die Aktie verlor am Montag nach Mitteilung zweistellig.

Ausblick

Die globalen Rettungsmaßnahmen werden in der laufenden Woche im Vordergrund stehen. Dabei dürften die Marktakteure auf die konkrete Ausgestaltung gespannt sein. Mit einem Ende der erhöhten Volatilität ist zwar vorerst nicht zu rechnen. Mit den Hilfsmaßnahmen könnte aber ein gewisser Stimmungsumschwung eingeläutet werden. Auf wirtschaftlicher Seite stehen in Deutschland der ZEW-Index und in den USA der Philly-Fed-Index sowie das Konsumklima der Uni Michigan im Vordergrund.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 174,5 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. Dezember 2007. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

Mehr Experten