Globale Bodenbildung bei den Zinsen!
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Zentralbankpolitik wird immer surrealer. Bereits in Japan hat sich gezeigt, dass mehr gelpolitische Lockerung keineswegs den gewünschten Effekt haben muss. In Japan sind die Zinsen zwar weiter gesunken, doch der Yen wertete auf. In der Eurozone wertete der Euro trotz der zusätzlichen Maßnahmen, die im März angekündigt wurden, nicht weiter ab, dafür aber immerhin auch nicht auf.
Der Zusammenhang gilt praktisch ausnahmslos. Teilweise kommt es zu zeitlichen Verzögerungen. So sanken die Zinsen bereits lange vor QE, als die EZB den Einlagensatz zunächst auf 0 % und dann in den negativen Bereich senkte. Der Wechselkurs reagierte erst, als QE als gesichert angesehen wurde. Ab diesem Zeitpunkt war klar, dass die Zinsen in Europa deutlich tiefer und auch für einen längeren Zeitraum tiefer sein würden als in den USA.
Ein Ende von QE bedeutet höchstwahrscheinlich eine Aufwertung des Euro. Eine Fortführung von QE bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht zwangsläufig, dass der Euro nicht aufwertet.
Derzeit muss die EZB ihre selbst auferlegten Regeln überarbeiten, um QE überhaupt fortführen zu können. Grafik 2 zeigt das Fälligkeitsprofil deutscher Bundesanleihen und die dazugehörige Rendite. Die EZB darf nur Anleihen kaufen, die eine Rendite ausweisen, die oberhalb des Einlagensatzes von -0,4 % liegt. Derzeit sind somit nur noch 400 Mrd. an deutschen Anleihen potentielle Kandidaten, die gekauft werden dürfen.
Die EZB darf allerdings nicht all diese Anleihen aufkaufen, sondern begrenzt ihren Anteil derzeit auf ein Drittel. Theoretisch stehen der EZB mit diesen Beschränkungen noch 130 Mrd. an deutschen Anleihen zur Verfügung – selbst nach dem Zinsanstieg der letzten Wochen. Nun wird die EZB zweifelsohne schon einen Teil dieser Anleihen halten. Keiner weiß genau, wie viel von den 130 Mrd. faktisch noch zur Verfügung stehen. Es könnten 100 Mrd. sein, aber auch nur noch 50 Mrd.
Nach dem Kapitalschlüssel der EZB müsste die Notenbank ca. 20 Mrd. an deutschen Anleihen pro Monat kaufen. Es wird schnell offensichtlich, dass deutsche Anleihen extrem knapp sind. Selbst wenn sich die Zinskurve weiter nach oben schieben kann, gewinnt die EZB vielleicht 2-3 Monate an Zeit.
Damit QE durch diesen Umstand kein erzwungenes Ende findet, wird spekuliert, dass die Mindestrenditeanforderung von -0,4 % aufgehoben wird. Ein solcher Schritt wird nicht einfach werden, denn eigentlich darf die EZB kein Geschäft eingehen, bei dem sie einen garantierten Verlust macht. Genau das wäre dann aber der Fall.
Ein anderer Effekt dürfte ebenfalls nicht willkommen sein. Fällt die Mindestrenditeanforderung bzw. sinkt diese, dürften die kurzfristigen Zinsen weiter fallen, weil die EZB zwangsweise mehr kurzfristige Anleihen kaufen muss. Langfristanleihen gehen ihr aus, selbst wenn sie die Regeln anpasst, nur halt wenige Monate später. Die Zinskurve würde dadurch steiler werden und weil die EZB kaum noch Langfristanleihen kaufen kann, könnte das lange Ende der Zinskurve ansteigen. Das lange Ende scheint jedoch ein wesentlicher Treiber des Wechselkurses zu sein.
Was die EZB auch tut (QE auslaufen lassen, Regeln anpassen), es spricht viel für eine Euroaufwertung. Genau das soll QE eigentlich verhindern. Der Wechselkurs kann nur „gerettet“ werden, wenn die US-Notenbank ihre Zinsen anhebt und so ein Gegengewicht zum Zinsanstieg in der Eurozone herstellt.
Die US-Notenbank hat die Zinsen in dieser Woche erst einmal nicht angehoben. Trotzdem stehen die Zeichen auf Zinswende – und zwar global. Die Bank of Japan hat in dieser Woche die Zinskontrolle eingeführt. Durch diese Zinskontrolle (10-jährige Anleihe bei 0 %) hat sie effektiv einer weiteren Zinssenkung eine Absage erteilt. Im Gegenteil sogar, die BoJ befürwortet durch ihre neue Politik höhere Zinsen am langen Ende der Zinskurve.
Die EZB wird praktisch dazu gezwungen, die Politik zu ändern. Sie ist gezwungen relativ „bald“ ihr QE Programm auslaufen zu lassen. Eine Laufzeit von 4 Jahren und mehr wie in Japan ist einfach nicht möglich. Die US Notenbank elaboriert ohnehin an der Zinswende.
Es wird einige Zeit dauern, bis sich diese Erkenntnis im Markt setzt, doch es sieht so aus, als würde ich global jetzt gerade ein Boden bei den Zinsen ausbilden. Die Zinswende bedeutet nicht, dass wir bald wieder 5 % bei Staatsanleihen sehen. Der Illusion darf man sich nicht hingeben. Ein Anstieg um 1 bis 2 Prozentpunkte auf Sicht mehrerer Jahre ist allerdings realistisch.
Clemens Schmale
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Was wüden sie tun, Herr Schmale, wenn Sie den Finanzminister beraten müssten? Soll er der EZB entgegen kommen und Papiere zu negativen Renditen raushauen, bis der Arzt kommt?