Global Trends: Die Mutter aller Moral Hazards
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Die Bankenkrise hat es ermöglicht, dass Banken und bald auch Nicht-Banken an Steuergelder gelangen können, wenn ihnen (salopp ausgedrückt) die Rezession (eine Folge der Bankenkrise) Schwierigkeiten bereitet. General Motors geht das Geld aus, die Tage des Unternehmens sind gezählt. Es wird wohl nur noch Tage dauern, bis das Unternehmen von der US-Regierung verstaatlich wird. In den USA nennt man das „Conservatorship“. Das ist keine Lösung, das scheint aber niemanden zu interessieren.
Auch Opel soll in Deutschland Hilfe bekommen. Sie verkaufen keine Autos mehr. Schon zu Zeiten, als die Geschäfte im Automobilsektor noch gut liefen, zählte Opel nicht zu den Gewinnern. Jetzt soll das Unternehmen trotzdem gerettet werden. Warum auch nicht – es hat das gleiche Recht wie Kreditinstitute, die Milliarden verzockt haben, vom Staat gerettet zu werden. So wie jedes andere Wirtschaftssubjekt auch.
In den USA wurde das 700 Milliarden US-Dollar schwere TARP-Programm (Troubled Asset Rescue Program) in solcher Eile verabschiedet, dass es nicht möglich war, für die anschließende Vergabe der Mittel die nötigen Überwachungskremien in den Regulierungsbehörden zu schaffen. Alles geht drunter und drüber. “Das ist ein riesen Durcheinander”, sagt Eric M. Thorson, Generalinspekteur des US-Finanzministeriums. ”Ich glaube es gibt hier niemanden, der weis, wie wir eine ordentliche Kontrolle über dieser Sache installieren können.”
Das TARP-Programm ist dabei schon gar keines mehr, das „troubled assets“, also angeschlagene Anlagegüter aufkaufen soll. Nein, es wurde im Kern geändert. Offenbar enthielt das Gesetz, das vor wenigen Wochen in aller Eile durch den Kongress gebracht wurde, einen Passus, der es erlaubt, die Mittel auch ganz anders auszugeben als ursprünglich vorgesehen. „Es besteht die Pflicht, die Mittel auf die effizienteste Art und Weise anzulegen, mit denen die Ziele erreicht werden können, die wir beabsichtigen“, so US-Finanzminister Paulson in einem Interview. Auch weiterhin sollen Banken mit Liquidität überflutet werden. Daneben soll aber auch die reichliche Verfügbarkeit von Kreditkarten-, Studenten- und Automobilkrediten garantiert werden. Möglicherweise ist auch bald General Motors an der Reihe.
Ganz klammheimlich wurde offenbar die Hoffnung aufgegeben, dass mit den Hypothekenkrediten, CDs und anderen anlagebesicherten Kreditderivaten irgendwann mal noch Geld gemacht werden könnte. Diese Hoffnung hatten viele noch vor drei oder vier Wochen: Wir kaufen jetzt die Hypothekenkredite auf, und verkaufen sie in wenigen Jahren wieder, wenn sich die Preise wieder erholt haben. Wenn das funktionieren würde – warum weicht Paulson jetzt vom Kauf dieser Produkte ab?
Die Mutter aller Moral Hazards
Moral Hazard auch als Subjektives Risiko, moralische Versuchung oder moralisches Risiko bezeichnet) beschreibt die Gefahr einer Verhaltensänderung nach dem scheinbaren Wegfall eines Risikos. Autofahrer gehen beispielsweise nach Abschluss einer Versicherung ein höheres Risiko beim Autofahren ein, weil durch die Versicherung ein eventueller Schaden gedeckt würde. Die Lösung kann ein höherer Selbstbehalt sein. Für die Stützungsprogramme scheint die Lösung gegen Moral Hazard noch nicht da zu sein.
In den USA haben die Hypothekenkreditanstalten Freddi und Fannie, die jetzt ebenfalls unter „Conservatorship“ der US-Regierung stehen, folgendes beschlossen: Hypothekenkreditschulden werden bei all jenen Familien, die ihre Hypothekenschulden 90 Tage nicht zahlen konnten, auf 38 Prozent des gesamten Haushaltseinkommens begrenzt. Jetzt muss man sich mal überlegen, was das zu bedeuten hat: Wer nicht unter das Programm fällt, hat einen Anreiz, sich dafür zu „qualifizieren“. Warum sollte er denn sonst auch die normalen Schulden weiter zahlen, wenn er sich 90 Tage Zeit lassen kann, und dann weniger zahlen muss?
In den USA arbeiten oft beide Ehepartner. Wenn das Haushaltseinkommen der beiden Ehepartner zu hoch ist, und sie sich dann nicht für das Programm qualifizieren, warum also unter dem neuen Programm nicht einfach einen Job kündigen? Die Ersparnisse der Hypothekenschulden (wegen der 38 Prozent-Regel) könnten zusammen mit höherem Kindergeld und der Arbeitskosten (Fahrt zum Arbeitsplatz und zurück, etc.) dazu führen, dass der Verlust des Gehalts des Zweitjobs mehr als ausgeglichen wird. „Niedrigere Haushaltseinkommen und mehr Schulden sind aber das letzte was die US-Wirtschaft jetzt gebrauchen kann. Das Gesetz gibt uns aber genau das“, so Peter Schiff von Euro Pacific Capital.
Einige Volkswirte haben die Krise exakt prognostiziert
Peter Schiff war übrigens einer der wenigen Volkswirte, die im Jahr 2006 und danach exakt auf das hinwiesen, was jetzt auf uns hereingebrochen ist. Sehen Sie selbst. Das folgende Video ist eine Lehrstunde dafür, wie schwer es ist, sich gegen die allgemein vorherrschende Meinung durchzusetzen. Sehen Sie das Video auf der folgenden Seite.
Andreas Hoose, Chefredakteur von www.antizyklischer-boersenbrief.de, einer Publikation der BörseGo AG, hat eine entscheidende Feststellung gemacht:
„Obwohl die wichtigen Indizes in historischem Ausmaß überverkauft sind, viele Indikatoren absolute Extremwerte aufweisen, gelingt es den Börsen offensichtlich nicht, wieder Tritt zu fassen. Selbst dramatische Zinssenkungen, wie etwa der überraschende Schritt der Bank von England, die den Zins Anfang November an einem Tag um unglaubliche 150 Basispunkte absenkte, verpuffen vollkommen wirkungslos. Dabei wäre eine starke Rallye längst überfällig. Irgendetwas stimmt da nicht: Wenn sich die Märkte trotz der historisch einmaligen Kursverluste, einer nie gekannten Liquiditätsschwemme, panikartiger Zinssenkungen der Notenbanken und dem maximal überverkauften Zustand wichtiger Indikatoren hartnäckig weigern, eine Rallye anzuschieben, dann ist das ein Warnsignal. Womöglich wirken hier im Hintergrund Dinge, die wir noch nicht kennen.“ (Was diese Dinge sein könnten, schreibt er in der aktuellen Ausgabe des kostenpflichtigen Antizyklischen Börsenbriefs, weitere Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de).
Es scheint immer mehr danach auszusehen, dass der Dow Jones das Szenario A unserer letzten Analyse wählen wird:
www.godmode-trader.de/de/index-analyse/EW-Analyse-DOW-Jones-Die-Wahl-zwischen-heftig-und-sehr-heftig-kommt-am-Mo,i133965,a1036257.html
Das Resultat wäre ein dynamischer Rückgang des Dow Jones um weitere 1000 Punkte.
Jochen Stanzl
Chefredakteur Rohstoff-Report.de
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