Kommentar
14:56 Uhr, 30.03.2023

Gigantische Banken: "Too big to bail" ist das neue "too big to fail"

"Too big to fail“ kennt man. Einige Banken sind zu groß, um sie scheitern zu lassen. Nun taucht ein neues Problem auf. Manche Banken sind zu groß, um sie zu retten.

Erwähnte Instrumente

  • UBS Group AG - WKN: A12DFH - ISIN: CH0244767585 - Kurs: 18,900 Fr (SIX)
  • Credit Suisse Group AG - Kurs: 0,810 Fr (SIX)

Großbanken sind nicht nur groß, sie sind auch im In- und Ausland vernetzt. Scheitern sie, kann das gleich das globale Finanzsystem mitreißen. Einige Banken sind daher einfach zu groß und vernetzt, um sie scheitern zu lassen. Das merkte man 2008. „Too big to fail“ war geboren.

Seit der globalen Finanzkrise hat sich viel getan, viel Positives, aber auch Negatives. Zunächst lohnt ein Blick auf das Positive. Großbanken sind generell profitabel, sogar profitabler als vor der Finanzkrise. Die weltweit größten Banken aus den USA und Europa verdienten 2021 über 180 Mrd. und 2022 160 Mrd. (Grafik 1).


Großbanken stecken nicht in der Krise, weil sie als Gruppe keinen Gewinn schreiben. Mit Ausnahme der Deutschen Bank, die mehrere Jahre verlustreich war, haben Banken Milliardengewinne ausgewiesen. Trotz niedriger Zinsen und strikterer Regulierung war dies möglich. Banken sind stark gewachsen.

Mit den Bankbilanzen ist auch das Eigenkapital gestiegen. Die aktuelle Krise zeigt, dass dies nicht unbedingt ausreichend ist. Relativ zur Bilanzsumme bzw. den Assets liegt das durchschnittliche Eigenkapital bei ca. 6 % der Assets (Grafik 2). Bei einigen Banken liegt es darunter, bei einigen, vor allem US-Banken, darüber.


Der Wert ist höher als 2008, als dieser etwa bei der Deutschen Bank bei weniger als 2 % lag. In Stresssituationen sind 6 % immer noch nicht viel. Bei einigen Banken reicht dieser Wert nicht, um die unrealisierten Verluste des Anleiheportfolios abzufedern.

Das Risiko eines Bankrotts ist kleiner geworden, ist aber immer noch vorhanden. Staaten, auch wenn sie Bankenrettungen wegen des moralischen Risikos abschaffen wollten, müssen im Notfall einspringen. Ob sie das können, hängt davon ab, wie groß eine Bank ist. Die größten Banken einiger Länder übersteigen die Wirtschaftsleistung erheblich (Grafik 3).

In Frankreich machen die Bilanzsummen der BNP Paribas, Crédit Agricole und Société Générale ungefähr 200 % der Wirtschaftsleistung aus.

Die größte Bank hat eine Bilanzsumme von 100 % der Wirtschaftsleistung. Am wenigsten sind Deutschland, die USA und Italien gefährdet. Die Gruppe der Großbanken macht weniger als 50 % der Wirtschaftsleistung aus (Grafik 4). Das ändert nichts daran, dass es einige Länder gibt, in denen eine einzige Bank mit ihrer Bilanzsumme die Wirtschaftsleistung übersteigt.

Die Konzentration hat seit der Finanzkrise nur in wenigen Ländern abgenommen. Deutschland gehört dazu. In Frankreich ist die Konzentration unverändert groß. In Italien, Spanien und den USA hat sie zugenommen. Gleichzeitig stagniert die Erhöhung des Eigenkapitals seit 2015 (Grafik 5).


Je größer die Bilanz und je konzentrierter der Bankensektor, desto mehr Eigenkapital ist notwendig, um eine „too big to bail“ Bank zu verhindern. Zu groß, um gerettet zu werden, das trifft auch auf die neue UBS zu, auch wenn die Kombination der zwei Großbanken eine kleinere Bilanzsumme hat als die UBS vor der Finanzkrise (Grafik 6).

Zu groß, um eine Bank scheitern zu lassen und zu groß, um sie zu retten, hat jedoch mehr als nur die Dimension der Bilanzsumme. Das Beispiel Credit Suisse hat es gezeigt. Die Kapitalisierung war auf dem Papier gut. In der Praxis fand dennoch ein Bankrun statt. Das Risiko ist ein anderes als 2008. Neue Regulierung wird entsprechend folgen. Solange Bankruns überhaupt stattfinden können, wird es immer wieder Krisen geben und Banken werden immer größer. Irgendwann sind sie zu groß, um von einem einzelnen Staat gerettet werden zu können. In einigen Ländern ist dieser Zeitpunkt bereits gekommen. Man will sich nicht ausmalen, was geschieht, wenn eine solche Bank gerettet werden muss oder die Mehrheit bemerkt, dass viele Banken gar nicht mehr gerettet werden können.

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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