Kommentar
15:17 Uhr, 30.04.2008

Geteilte Welt

Die Liquiditätsmaßnahmen der Notenbanken konnten über die letzten Wochen hinweg ihre Wirkung entfalten und auch das Vertrauen scheint langsam wieder in den Markt zurückzukommen, was sich an den reduzierten Risikoprämien im Anleihensegment ablesen lässt. Die Entwicklungen zeigen bei genauerer Betrachtung allerdings eine „geteilte Welt“.

Einerseits deuten die jüngsten realwirtschaftlichen US-Indikatoren auf eine weitere Abschwächung der US-Konjunktur hin: Weitere Abschreibungen der Banken zeigen auf, dass die Kreditkrise nicht gebannt zu sein scheint, der Immobilienmarkt befindet sich nach wie vor auf Talfahrt und der Arbeitsmarkt trübt sich weiter ein, was auch den privaten Konsum nachhaltig belasten sollte. Allerdings: Die Industrieproduktion zeigt sich robust und auch die Kapazitätsauslastung ist weiterhin hoch.

Andererseits scheint Europa die Weltwirtschaft am Laufen zu halten. So zeigt sich der Arbeitsmarkt weiterhin fest und sowohl die Industrieproduktion als auch die Kapazitätsauslastungen verharren auf hohem Niveau. Aber auch Europa zeigt Schwächen: Der Immobiliensektor scheint in Teilen Europas Risse bekommen zu haben (u. a. in Spanien und Irland) und auch die Auftragseingänge in Deutschland sind rückläufig.

Doch nicht nur in der realwirtschaftlichen Gesamtrechnung zeigt sich die „Zweiteilung“ der Welt, sondern auch auf Branchenebene. Interessant: Ein Drittel der im S&P 500 gelisteten Unternehmen haben bereits berichtet und über die Hälfte schnitt in ihren Gewinnausweisen besser ab, als es vom Markt erwartet wurde. Auffällig dabei: Das Gewinnwachstum gegenüber dem Vorjahr ist zwar rückläufig, rechnet man jedoch den Finanzsektor heraus, konnten alle anderen Sektoren in der Summe ihre Gewinne gegenüber Vorjahr sogar steigern.

Dabei scheint sich das Gewinnbild nicht nur auf die Branchen zu beschränken, sondern teilt sich auch regional auf. Einige der Firmen haben bei der Gewinnentwicklung besonders die Bedeutung der Schwellenländer hervorgehoben, die kaufkraftbereinigt mittlerweile ca. 50 % des weltweit erstellten Inlandsprodukts ausmachen und die auch an den alten Kontinenten ankommen.

Gemäß Sentimentindikatoren scheinen die Bullen ganz langsam an Boden zu gewinnen. Für Anleger empfiehlt es sich daher, die taktische (kurzfristige) Untergewichtung zu überdenken, denn Bewertungen, Sentiment und Berichtssaison legen einen weiteren langsamen Ausbau der Aktienquote nahe.

Quelle: Allianz Global Investors

Mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 900 Milliarden Euro ist Allianz Global Investors einer der größten Fondsmanager der Welt. Seit 2007 ist das gesamte Vermögensverwaltungsgeschäft der Allianz-Gruppe in Deutschland unter dem Dach von Allianz Global Investors vereint. Dazu gehört auch der im Jahr 1955 gegründete "Deutsche Investment Trust" (dit). Weltweit unterhält Allianz Global Investors mehr als 25 Standorte in allen wichtigen Wirtschafts- und Wachstumszentren.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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