Kommentar
19:51 Uhr, 10.03.2016

Genialer Schachzug von Draghi? Diese Maßnahme könnte die Kreditvergabe wirklich anheizen

Im heutigen Trubel ging eine wichtige Maßnahme im Bündel der EZB-Entscheidungen fast unter. Dies kann damit zusammen hängen, dass sie nicht gerade unkompliziert ist.

Es geht um die Neuauflage der TLTROS (Targeted Long Term Refinancing Operations)

Die Bedingungen haben es in sich: Werden bestimmte Voraussetzungen erfüllt, dann können sich Banken von der EZB Kredite mit vier Jahren Laufzeit zum Einlagezins besorgen! Dieser beträgt derzeit minus 0,4 % p.a.

Offiziell maßgbelich: Die Differenz zwischen Leitzins (aktuell 0,00 %) und Einlagezins (aktuell -0,40 %)

Sie lesen völlig richtig: Die EZB vergibt diese Kredite an die Geschäftsbanken zu negativen Zinsen, wenn bestimmte Vergabebenchmarks übertroffen werden. (Details hier)

Es wird vier Vergabetermine geben, und die dann jeweils gültigen Leit-und Einlagezinsen sind entscheidend: Juni 2016, September 2016, Dezember 2016, März 2017 

Den Zins-Discount gibt es aber nur, wenn bestimmte Benchmarks hinsichtlich der von den Banken an Kunden vergeben Kreditmenge übertroffen werden.

Wichtig in dem Zusammenhang ist auch, dass Draghi heute betont hat, dass er derzeit keinen weiteren Zinssenkungsbedarf sieht. Das hat mit dazu beigetrage, den Markt deutlich unter Druck zu bringen, könnte aber ein Wink an die Banken gewesen sein: Billiger wirds nicht mehr, also langt JETZT zu!

Diese Maßnahme ist WESENTLICH wichtiger als die Senkung des Leitzinses auf 0 %.

Ich könnte mir vorstellen, dass erst in den nächsten Tagen vermehrt diskutiert wird, dass dieser Zinsrabatt tatsächlich die Kreditvergabe anheizen könnte.

Beachtlich: Die EZB wird mit diesen Krediten aller Voraussicht nach sichere Verluste machen, ebenso mit vielen ihrer Anleihekäufe. Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn der Einlagezins über die gesamte Laufzeit gleich negativ notiert wie die LTRO-Zinsen. Der EZB-Gewinn wird also geschmälert, was zu geringeren Ausschüttungen an die Eigner der nationalen Zentralbanken führt. Letztlich subventioniert der Steuerzahler also die Zinsgeschenke an die Banken.

Kennen wir, oder?

33 Kommentare

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  • baerentöter
    baerentöter

    ....der Plan wird nicht funktionieren, weil die Banken genau hinschauen an wen sie Kredite vergeben. Hat das Unternehmen keinen überzugenden Businessplan und ist nicht wettbewerbsfähig dann gibt es keinen Kredit....

    21:51 Uhr, 10.03.2016
  • moneymaker22
    moneymaker22

    Kredite vergeben ist ja gut, nur was ist wenn keiner Kredite nachfragt ?

    21:34 Uhr, 10.03.2016
    3 Antworten anzeigen
  • Austrochris
    Austrochris

    Von nun an steht es 2 : 0 für die Edelmetalle !

    21:27 Uhr, 10.03.2016
  • Austrochris
    Austrochris

    Was daran genial sein soll , ist mir schleierhaft ! Es ist wahrlich die letzte " Spritze " für den Patienten bevor der Oberarzt das Leintuch über den Kopf legt und Amen sagt !!!!

    21:11 Uhr, 10.03.2016
    2 Antworten anzeigen
  • whynot
    whynot

    Ich glaube nicht, dass es eines Mehr an Krediten überhaupt bedarf, bei der Kreditversorgung gibt es keine Hemmnisse (außer vielleicht die Bonität des Kreditnehmers). Zudem schafft man sich dadurch gleich wieder neue Blasen. Es kann dann auch z.B. in D dazu kommen, dass sich viele überlegen, ein Eigenheim zu finanzieren, deren Anschlussfinanzierung sich diese dann in 10 oder 15 Jahren nicht mehr leisten können, weil der Schuldendienst sich dann u. U. verdoppelt hat. Folge: Zwangsversteigerung, Preisverfall am Immobilienmarkt.

    Ich halte das ganz und gar nicht für einen genialen Schachzug, sondern für die Verzweiflungstat eines bazookaschwingenden Amokläufers. Wie kann man dem Wahnsinn verfallen, immer wieder das Gleiche (bzw. noch mehr davon) zu tun und dann andere Ergebnisse zu erwarten, wo doch das Bisherige nichts gebracht hat.

    21:09 Uhr, 10.03.2016
    1 Antwort anzeigen
  • gruetzi
    gruetzi

    ohja De-Regulierung der Bankenindustrie finde ich klasse, vor allem in Anbetracht der strengeren Eigenkapitalvorschriften. Oh wait. Das gabs ja schon mal.

    21:06 Uhr, 10.03.2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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