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10:47 Uhr, 08.12.2017

Generika: Segen für die Gesundheitsausgaben, aber Fluch für Investoren?

DJE-Kapital-Analyst Maximilian Benedikt Köhn favorisiert einstweilen weiterhin Investitionen in innovative Pharma- und Biotech-Unternehmen.

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Pullach im Isartal (GodmodeTrader.de) – Vergleicht man die globalen Gesundheitsausgaben, zeigt sich, dass die USA das Land mit den höchsten Ausgaben weltweit ist. Der Anteil der Ausgaben, die in den USA für Gesundheit anfallen, entspricht mehr als 17 Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Landes, wie Maximilian Benedikt Köhn, Erstanalyst für den Sektor Healthcare bei der DJE Kapital AG, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Dabei spielten Medikamentenausgaben zwar eine wichtige, aber im Vergleich zu anderen Gesundheitsausgaben eher eine untergeordnete Rolle. Nur zwölf Prozent der gesamten US-Gesundheitsausgaben seien 2016 für Medikamente aufgewendet worden. Damit lägen die Kosten in den USA unter dem EU-Durchschnitt von knapp 16 Prozent. Eine der wichtigsten Maßnahmen, die Medikamentenkosten und damit die Gesundheitsausgaben zu reduzieren, sei der Einsatz von Generika, heißt es weiter.

„Biologisch sind die Nachahmer äquivalent zu den Originalen und können diese daher medizinisch ersetzen. Sie unterscheiden sich allerdings in einem wesentlichen Punkt von den jeweiligen Erstanbieterpräparaten: Sie sind wesentlich preiswerter, teilweise mit Preisnachlässen von bis zu 90 Prozent. Der Hauptgrund sind entfallende Forschungsausgaben. Von der ersten Idee bis zum marktreifen und zugelassenen Medikament können diese mehrere Milliarden US-Dollar betragen“, so Köhn.

Der Generikaanteil an der gesamten Arzneimittelversorgung sei in den vergangenen Jahren stetig angestiegen. Aktuell liege er in Deutschland bei 77 Prozent, 2006 habe er bei knapp 60 gelegen und 1996 seien es ca. 38 Prozent gewesen. Ein ähnliches Bild ergebe sich auch in den USA. Dort liege der Generikaanteil bereits bei über 88 Prozent, 2006 seien es knapp 63 und 1996 ca. 43 Prozent gewesen. Obwohl die Generika somit den Großteil der Arzneimittelversorgung ausmachten, hielten sich die Kosten hierfür in Grenzen. So seien 2016 in den USA gerade einmal 21 Prozent der gesamten 420 Milliarden US-Dollar an Medikamentenausgaben für Generika verwendet worden oder umgekehrt seien 79 Prozent auf patentgeschützte Arzneimittel worden.

„Dennoch leiden seit fast zwei Jahren die Aktienkurse der weltweiten Generikahersteller gegenüber dem Gesamtmarkt besonders stark. Einer der Hauptgründe ist die Preisentwicklung der Generika. Laut Aussagen des Government Accountability Office, dem Rechnungshof der USA, sind die Preise für generische Medikamente im Zeitraum zwischen 2010 und 2015 um über 60 Prozent in den USA gefallen. Dieser Trend könnte zudem weiter andauern. Zusätzlich will der neue Chef der US-Arzneimittelaufsicht (FDA), Dr. Scott Gottlieb, den Wettbewerb für Generika intensivieren: Durch geringere Eintrittsbarrieren und schnellere Genehmigungsverfahren sollen Medikamentenpreise noch weiter gesenkt werden. Denn im Gegensatz zu innovativen Pharma- und Biotechunternehmen produzieren Generikahersteller die gleichen Wirkstoffe wie Erstanbieter und haben somit keinen wesentlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Herstellern. Dies führt letztendlich zu einem Preiswettbewerb“, so Köhn.

Außerdem gebe es auch genügend hausgemachte Probleme, etwa teure Übernahmen und den damit verbundenen Schuldenabbau, sowie extrem hohe Managementfluktuationen. Trotz solcher hausgemachten Probleme der Generikahersteller seien die langfristigen Perspektiven intakt. Haupttreiber wie die demografische Entwicklung und der Unmut der Selbstzahler über teure verschreibungspflichtige Medikamente sprächen für die positive Entwicklung von Generika in der Zukunft. Ein Beispiel dafür sei Japan. Angesichts seiner alternden Bevölkerung und der wachsenden Staatsverschuldung stehe die japanische Regierung stark unter Druck, die wachsenden Gesundheitsausgaben unter Kontrolle zu halten. Sie setze dabei auf die Förderung des Generikageschäfts. Bis Ende 2020 solle der Generika-Marktanteil von derzeit rund 60 Prozent auf 80 Prozent erhöht werden, heißt es weiter.

„Die entscheidende Frage für Anleger ist, ob der Zeitpunkt gekommen ist, wieder in das Generikasegment zu investieren. Dafür sprechen niedrige Bewertungen und steigende Nachfrage, zumal das Sentiment weiterhin sehr negativ gestimmt ist. Das sind Punkte, die für einen Value Investor einen guten antizyklischen Ausgangspunkt für tiefere Analysen darstellen. Aus unserer Sicht überwiegen jedoch derzeit noch die Risikofaktoren wie Preisverfall, Schulden und zunehmender Wettbewerb. Daher bevorzugen wir einstweilen weiterhin innovative Pharma- und Biotech-Unternehmen“, so Köhn.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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