Kommentar
11:47 Uhr, 03.03.2022

Geld als Waffe: Warum die Russland-Sanktionen gefährlich sind

Kurzfristig werden die Sanktionen Russland hart treffen. Langfristig aber gefährden sie das Fundament, auf dem das internationale Finanzsystem basiert und schwächen die Position des Westens.

Die Devisenreserven einer Notenbank bei anderen Notenbanken sind normalerweise sakrosankt. Das internationale Finanzsystem basiert darauf, dass sich die Notenbanken gegenseitig vertrauen und auch bereit sind, große Mengen an Devisenreserven im Ausland bei anderen Notenbanken zu halten. Die Russland-Sanktionen könnten nun eine Zäsur bedeuten, weil nun erstmals auch die Guthaben einer bedeutenden Notenbank im Ausland eingefroren wurden und diese keinen Zugriff mehr darauf hat. Im Einzelfall hatte es ähnliche Sanktionen zwar bereits in der Vergangenheit gegeben, allerdings war davon niemals ein Land in der Größe und Bedeutung von Russland betroffen.

Während die Sanktionen kurzfristig Russland stark belasten und die Wirtschaft des Landes in eine schwere Krise stürzen dürften, könnten sie langfristig auch sehr negative Folgen für den Westen haben. Darauf haben zuletzt mehrere Währungsexperten hingewiesen.

Das Problem: Nicht-westliche Notenbanken werden es sich künftig genau überlegen, welchen Anteil ihrer finanziellen Reserven sie bei Notenbanken der westlichen Länder halten werden bzw. im Westen investieren werden, wenn sie im Konfliktfall damit rechnen müssen, dass ihre Devisenreserven eingefroren werden und diese damit zumindest vorübergehend wertlos werden.

Dylan Grice, Co-Gründer der Investmentfirma Calderwood Capital etwa schrieb auf Twitter, dass man es zuvor noch nie in diesem Ausmaße gesehen habe, dass Geld als Waffe eingesetzt werde. Zugleich warnte Grice davor, dass China nun bestrebt sein dürfte, seine Dollar-Abhängigkeit weiter drastisch zu verringern. "Man kann diese Karte nur einmal ausspielen. China wird es zur Priorität machen, keine Dollar zu benötigen, bevor es nach Taiwan geht. Es ist ein Wendepunkt in der Geldgeschichte: Das Ende der Dollar-Hegemonie & die Beschleunigung hin zu einer bipolaren Geldordnung", schrieb Grice.

Kleinere Länder in Asien, Afrika und Lateinamerika dürften westlichen Notenbanken künftig weniger stark vertrauen, als sie es bisher taten. Kann China glaubhaft vermitteln, dass die Devisenreserven dieser Länder in China auch im Falle eines Konflikts mit westlichen Ländern sicher sind, könnte das die Attraktivität des chinesischen Yuans auf Kosten des US-Dollars langfristig deutlich steigern. Da viele Länder in Asien und Afrika inzwischen ohnehin mehr Handel mit China treiben als mit westlichen Ländern, wäre es nur natürlich, dass ein größerer Teil der Devisenreserven künftig auch nicht mehr im Westen angelegt wird.

Die Russland-Sanktionen sind ein zweischneidiges Schwert. Kurzfristig dürften sie genau das erreichen, was der Westen bezweckt: Eine deutliche, fast schon katastrophale Schwächung der russischen Wirtschaft. Langfristig aber kratzen sie an dem Fundament, auf dem das internationale Finanzsystem basiert: Dem gegenseitigen Vertrauen der Notenbanken (auch unabhängig von Konflikten zwischen den entsprechenden Ländern) und dem impliziten Vertrauen darauf, dass Devisenreserven im Ausland nicht als Waffe eingesetzt werden.


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4 Kommentare

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  • mkgeld
    mkgeld

    Diese Diktatoren sollen ihr eigenes Rad drehen. Da bei denen keiner dem anderen traut wird es nicht funktionieren und sie kommen wieder zu dem "bösen" Westen zurück. Die demokratischen Länder sollten nicht lange fackeln und Länder saktionieren die ihre Bevölkerung unterdrücken und ausplündern. Habe immer geglaubt durch das Internet werden die Diktatoren weniger. Leider hat sich der Wunsch nicht erfüllt.

    17:56 Uhr, 03.03. 2022
  • angola_murksel
    angola_murksel

    Da im Beitrag richtig drauf hingewiesen wurde, daß der Umstand des Einfrierens der Devisenreserven "als Waffe eingesetzt" wurde, muß man bei der derzeitigen Konstitution der russischen Führung davon ausgehen, daß dies möglicherweise zu nicht zu kontrollierenden Reaktionen führt. Auch dies ist ein gefährlicher Umstand. In die Enge gedrängt und angeschossen kann es auch Folgen haben, die wir lieber nicht haben wollen. Das Nichteinkaufen russischer Energie wäre die ehrlichere Variante gewesen, wobei auch hier das Nichteinhalten von Verträgen von westlicher Seite als aggressives Verhalten des Westens durch die Russen betrachtet werden wird. Aber das Wegsperren der Devisen ist noch eine andere Nummer. Ich teile Ihre Meinung komplett, Herr Baron.

    12:45 Uhr, 03.03. 2022
  • Market Impact
    Market Impact

    Ich sehe da nur einen Vertrauensverlust bei Kriegsverbrechern und Diktatoren, und das ist auch gut so. Für das internationale Finanzsystem sehe ich keine Gefahr.

    12:12 Uhr, 03.03. 2022

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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