Kommentar
09:30 Uhr, 28.06.2019

Geht es am Aktienmarkt bald wieder abwärts?

Die Luft für Aktien wird immer dünner. Aber steht damit schon fest, dass es bald einen Bärenmarkt geben wird?

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Bereits im Frühjahr hatte ich darauf hingewiesen, dass eines der größten Risiken das Ausbleiben eines Bärenmarktes ist. Daran hat sich nichts geändert. Es gilt mehr denn je. Der Markt korrigiert immerhin schon seit anderthalb Jahren.

Der US-Aktienmarkt steht heute mehr oder weniger dort, wo er schon Anfang 2018 stand. Zwischenzeitlich ging es zweimal recht steil nach unten. Jedes Mal wurde darüber spekuliert, ob das nun das Ende des Bullenmarktes sei. Beide Male war es das nicht.

Der Markt hat sich immer wieder gefangen. Wer aus dem Markt ausgestiegen ist, ärgert sich heute vermutlich. Dafür wittert man immerhin die nächste Chance. Global spielen Notenbanken nicht umsonst mit dem Gedanken, die Zinsen zu senken. Das tun sie nur, wenn Ungemach droht.

Wirtschaftliches Ungemach (eine Rezession) bedeutet im Normalfall, dass es auch einen Bärenmarkt gibt. Dann kann man als Anleger endlich wieder günstig kaufen und jahrelang zuschauen wie das Depot dicker wird.

Es gibt allerdings keine Garantie dafür, dass der Bärenmarkt auch bald kommt. Vergleicht man den aktuellen Bullenmarkt mit den historischen, so hat der Markt rein theoretisch noch viel Benzin im Tank.

Gemessen am längsten Bullenmarkt der Geschichte könnten wir erst Halbzeit haben. Der längste Bullenmarkt endete mit dem Platzen der Technologieblase. Bis dahin ging es fast 20 Jahre aufwärts.

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Viele beginnen die Zeitrechnung für diesen Bullenmarkt (1982-2000) im Jahr 1987, sodass seine Dauer kürzer ist als in der Grafik dargestellt. Man kann über den Beginn dieses Bullenmarktes lange streiten, je nachdem, ob man den kurzweiligen Crash 1987 als Bärenmarkt klassifiziert oder nicht. Darauf kommt es aber nicht an.

Vielmehr zeigt der Verlauf, dass nach über 10 Jahren noch lange nicht Schluss sein muss mit dem Bullenmarkt. Man stelle sich nur vor, wir würden tatsächlich der nächsten Rezession entgehen, die sich aktuell für 2020 andeutet.

Ohne Rezession gibt es keinen Grund für einen Bärenmarkt, doch um die Rezession abzuwenden werden Notenbanken die Zinsen gesenkt haben. Das bringt Aktien wieder den Ruf ein, die einzige Alternative zu sein. Lange Zeit schon galten Aktien als Anlege ohne Alternative. Dann gab es zumindest in den USA wieder Zinsen.

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Inzwischen ist die Dividendenrendite des S&P 500 wieder fast so hoch wie den Rendite einer 10-jährigen Staatsanleihe. Die augenscheinlich hohe Bewertung des Marktes, gemessen am KGV, ist da zweitrangig. Je niedriger die Zinsen sind, desto höher darf der Markt auch bewertet sein.

Es gibt durchaus die Chance, dass der Bärenmarkt nicht stattfindet. Stattdessen würde der Widerstand, der sich über anderthalb Jahre aufgebaut hat, weggesprengt werden. Das könnte zu einer recht explosiven Entwicklung führen und den Markt lange tragen. Im besten Fall können Aktien noch jahrelang steigen. Das Wachstum ist und bleibt global aber niedrig. Das begrenzt die Gewinne, sollte sich der Bullenmarkt fortsetzen. Mehr als 30 % Plus würde ich nicht erwarten.

Persönlich halte ich es allerdings für weitaus wahrscheinlicher, dass es mit den Kursen über die nächsten Quartale tendenziell nach unten geht. Bevor also der S&P 500 ein Drittel zulegt und auf 4.000 Punkte zusteuert, dürfte es erst noch einmal nach unten gehen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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