Fundamentale Nachricht
15:58 Uhr, 10.07.2024

Frankreich vor schwieriger Regierungsbildung

Gilles Moëc, AXA Group Chief Economist and Head of AXA IM Core Investments Research, zu den Neuwahlen in Frankreich und möglichen Zinssenkungen im Euroraum und den USA noch 2024.

Die Wahlergebnisse der drei großen Blöcke in Frankreich waren überraschend anders als die der ersten Runde. Auch die Umfragen hatten einen anderen Ausgang erwarten lassen. Am Ende landete der extrem rechte Ressemblement National nur auf Platz 3. Wir haben nachgedacht und halten es für am wahrscheinlichsten, dass keiner der drei Blöcke eine absolute Mehrheit zusammenbringen kann. Ebenfalls überraschend ist, dass die besonders extremen rechten Fraktionen noch nicht einmal genug Sitze haben, um die Vertrauensfrage zu stellen, wodurch sie möglicherweise eine Regierung der „Koalition der Mitte“ verhindern könnten.

Für die politische Stabilität in Frankreich ist das gut, aber die Bildung einer solchen Koalition dürfte sich als schwierig erweisen. Wenn man nur die Zahlen betrachtet, könnte der linke Block ohne die extreme Linke zusammen mit der Koalition der Mitte eine knappe absolute Mehrheit schaffen, aber ob sie sich politisch einigen können, ist fraglich, da die Linke kostspielige Forderungen stellt. Es gibt wenig, was das traditionell kontroverse politische System Frankreichs einen könnte. Eine technische Minderheitsregierung – um die Stagnation aufzulösen – ist möglich, aber dann würden kaum nennenswerte politische Entscheidungen getroffen werden können, obwohl es dringend einen Haushalt für 2025 zu verabschieden gilt.

Vor dem Hintergrund der noch immer herrschenden Unsicherheit in Frankreich und den alles andere als überzeugenden Konjunkturdaten in Deutschland wäre es hilfreich, wenn die EZB ihre Geldpolitik weiter lockern würde. Die Euroraum-Inflationsdaten für den Juni waren keineswegs besorgniserregend. Der Preisauftrieb der Dienstleistungspreise hat nachgelassen, aber nach wie vor liegt die Teuerung hartnäckig deutlich über den angestrebten 2%, und wir gehen davon aus, dass sich daran bis zum Herbst nichts ändert. Angesichts des stabilen Arbeitsmarktes (ein Thema, das Christine Lagarde in ihrer Rede in Sintra ansprach), dürfte sich der EZB-Rat gegen schnellere Zinssenkungen entscheiden. Wir erwarten die nächsten Schritte im September und im Dezember.

Im Einklang mit unseren Argumenten der letzten Woche sprechen die US-Daten dagegen immer mehr für eine Zinssenkung der Fed im September. Nach ihrem Anstieg nähert sich die Arbeitslosenquote bedrohlich dem Niveau, das nach der „Sahm-Regel“ eine baldige Rezession signalisiert. Wie der Vorsitzende der New York Fed Williams letzte Woche klar gemacht hat, scheint man es bei der Fed nicht eilig zu haben. Aber zu lange abzuwarten, könnte teuer werden.

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