Kommentar
14:39 Uhr, 23.09.2008

Finanzmarktkrise sorgt für erhebliche Kursverluste

Die Märkte haben eine ausgesprochen turbulente Handelswoche hinter sich gebracht. Mit dem Konkurs von Lehman Brothers sowie dem Milliarden schweren Auffangnetz für American International Group hatten die Märkte gleich zwei Gründe, um rund um den Globus auf Talfahrt zu gehen. Erst das 700 Milliarden US-Dollar schwere Hilfspaket der US-Regierung, das der Finanzmarktkrise Einhalt gebieten soll, sorgte für Erleichterung. Die Kurserholung am Freitag fiel denn auch kräftig aus, sodass ein versöhnlicher Wochenschluss gefunden wurde.

Finanzmarktkrise sorgt für erhebliche Kursverluste

Die zurückliegende Handelswoche zählt wohl zu den turbulentesten in diesem Jahr. Wieder einmal war es die Finanzmarktkrise, die das Geschehen bestimmte und die Börsen in einen Abwärtsstrudel riss. Bis einschließlich Donnerstag mussten DAX und Nikkei Index einen Verlust von jeweils sechs Prozent hinnehmen, der DJ EuroStoxx 50 von achteinhalb Prozent und der Dow Jones Industrial Average von dreieinhalb Prozent. Erst am Freitag kam die deutliche Wende zum Besseren.

Was war geschehen? Den Auftakt zu dem blutigen Reigen bildete der Insolvenzantrag der großen US-Investmentbank Lehman Brothers. Nachdem sowohl Barclays, das drittgrößte britische Kredithaus, als auch Bank of America als mögliche Käufer ausgeschieden waren, fand sich keine Rettung mehr für das infolge der US-Hypothekenkrise schwer angeschlagene Institut. Weder die amerikanische Regierung noch die Notenbank wollten diesmal zu Hilfe eilen. Nach der gerade erst erfolgten Verstaatlichung der Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac sah es Finanzminister Henry Paulson wohl als wenig opportun an, für geschäftliche Fehlentscheidungen in der Privatwirtschaft erneut gerade zu stehen.

Allerdings geriet diese Nicht-Einmischungspolitik schon bald ins Wanken. Bei American International Group (AIG), der weltweit größten Versicherungsgruppe, spannten Staat und Notenbank erneut ein Auffangnetz. So stellte die FED dem schwer angeschlagenen Versicherungskonzern einen Notfallkredit von bis zu 85 Milliarden US-Dollar zur Verfügung und Washington übernahm die Kontrolle über das Institut.

An den Aktienmärkten kehrte jedoch keine Ruhe ein. Mit zunehmender Angst vor einem Flächenbrand hielt die Kurstalfahrt ungebremst an. Zudem war ein neues Opfer der Finanzkrise zu beklagen: Merrill Lynch. Das Institut wurde von Bank of America für 50 Milliarden US-Dollar erworben.

Auch in Europa kam der Finanzsektor nicht zur Ruhe. Hier kam es zu einer Fusion der angeschlagenen größten britischen Bank HBOS mit Lloyds TSB. Dabei hatte die Bankenaufsicht ihre alten wettbewerbsrechtlichen Grundsätze aus Sorge, HBOS könne in eine dramatische Liquiditätskrise stürzen, über Bord geworfen.

Erst am Freitag die große Wende

Ein riesiges, von der amerikanischen Regierung geschnürtes Hilfspaket sorgte dann am Freitag für die ersehnte Kurswende an den Aktienmärkten. Der Rettungsplan in Höhe von 700 Milliarden US-Dollar soll es dem Finanzministerium ermöglichen, faule Kredite und illiquide Wertpapiere von Banken und anderen Finanzmarktakteuren zu kaufen und sie so aus dem Verkehr zu ziehen. Hiermit soll die Grundlage für eine Erholung des Finanzsystems gelegt werden. Der Plan muss allerdings noch durch den Kongress. Auch machen es die zusätzlichen Milliarden, die mit der Ausgabe neuer Staatsanleihen einher gehen, erforderlich, die Verschuldungsgrenze von derzeit 10,6 auf dann 11,3 Billiarden US-Dollar zu erhöhen. Allgemein wird eine zügige Entscheidung erwartet. Als positiv ist zu werten, dass diesmal keine punktuellen Hilfsmaßnahmen beschlossen wurden, sondern mit einem Riesenpaket der Finanzmarktkrise Einhalt geboten werden soll. Allerdings bleibt abzuwarten, ob nun endlich Ruhe an den Märkten einkehren wird. Nach dem Kursfeuerwerk am Freitag überwiegt heute Vormittag an den europäischen Börsen eher wieder eine gewisse Vorsicht.

Auch an der russischen Börse zuletzt Kurserholungen

Der russische Aktienmarkt, der sich seit Ende Mai im freien Fall befindet, zeigte am Freitag ebenfalls Erholungstendenzen. Insgesamt war die Handelswoche jedoch von heftigen Turbulenzen gekennzeichnet. Bis Mittwoch verlor der RTS-Index weitere 21 Prozent an Wert, wobei vor allem Finanzinstitute und Ölgesellschaften unter Abgabedruck standen. Rapide steigende Kosten für Dollar-Tagesgeld sowie der sinkende Ölpreis forderten ihren Tribut. Vorübergehend wurde sogar der Börsenhandel ausgesetzt. Die russische Notenbank und die Regierung standen bereit, den Banken notfalls bis zu umgerechnet 120 Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen. Doch auch dies konnte den Kursrutsch nicht aufhalten. Erst das avisierte Hilfspaket der amerikanischen Regierung führte zu einem rasanten Kursanstieg. Für eine endgültige Entwarnung dürfte es allerdings noch zu früh sein. Zu vielschichtig sind immer noch die Probleme, mit denen sich der russische Markt konfrontiert sieht.

Ausblick

In der laufenden Handelswoche stehen zahlreiche Konjunkturmeldungen im Blickpunkt. In den USA werden vor allem die Zahlen vom Häusermarkt sowie das Verbrauchervertrauen das Interesse der Anleger finden. In Euroland sind es die Geschäftsklimaindizes sowie die Flash-PMIs, die von Wichtigkeit sind. Alles in allem aber wird die Rede von FED-Chef Bernanke vor dem Joint Economic Committee die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer finden. Letzte Woche hatte die US-Notenbank entgegen den Erwartungen den Leitzins unverändert bei 2,00 Prozent belassen.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 174,5 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. Dezember 2007. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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