Finanzmarktkrise erreicht mit Lehman-Pleite eine neue Phase
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Externe Quelle: Nord/LB
Die Finanzmarktkrise ist mit der bevorstehenden Insolvenz von Lehman Brothers in eine neue Phase eingetreten. Wie heute morgen bekannt wurde, ist das 158 Jahre alte Traditionshaus zahlungsunfähig und plant, den Gläubigerschutz nach US-Recht (Chapter 11) zu beantragen. Dies gilt allerdings nicht für das Broker- und Handelsgeschäft von Lehman sowie einige Tochtergesellschaften. Hierfür laufen die Verkaufsgespräche weiter auf Hochtouren. Lehman ist damit das bislang größte und prominenteste Finanzinstitut, das die Finanzkrise nicht zu überstehen scheint. Betroffen von dem ausgelösten Erdbeben auf den Finanzmärkten sind neben den 26.000 Mitarbeitern vor allem die durch Kapitaltransaktionen mit Lehman in Geschäftsbeziehungen stehenden Banken auf der ganzen Welt. So sind die Vermögenswerte des US-Geldhauses von USD 600 Mrd. mit lediglich mit USD 30 Mrd. an Eigenkapital unterlegt. Die Aufsichtsbehörde in New York veröffentlichte vor wenigen Minuten eine Liste der Banken, die von dem Zusammenbruch besonders schlimm getroffen werden. An erster Stelle seht dabei die Citibank, die alleine USD 138 Mrd. an ausfallgefährdeten Assets hält. Zu spät wurde erkannt, dass Lehman eine dringe Kapitalspritze benötigt. Am Wochenende sprangen schließlich Barclays und die Bank of America als mögliche Käufer ab, da die US-Regierung diesmal staatliche Finanzhilfen ablehnte.
Mit einem blauen Auge kam indes die amerikanische Merrill Lynch davon. Für USD 50 Mrd. in Aktien übernimmt die Bank of America das Wall-Street-Haus und rettet damit die Bank vor der Insolvenz. Der Kauf soll im ersten Quartal 2009 abgeschlossen werden, teilte die Bank of America heute in einer ersten Stellungnahme mit. Die Transaktion kam völlig unerwartet, zumal sich die Bank of America zuletzt neben der britischen Barclays Bank eigentlich für Lehman Brothers interessierte. Unter dem Druck der Finanzmarktkrise leiden darüber hinaus noch weitere Finanzhäuser. Hierzu zählt Marktgerüchten zufolge auch der US-amerikanische Versicherer AIG, der bereits um finanzielle Hilfen von der Federal Reserve Bank gebeten haben soll.
Fazit: Das Engagement deutscher Banken bei Lehman soll sich einer gemeinsamen Erklärung von Bundesbank, Finanzministerium und Finanzaufsicht in einem überschaubaren Rahmen halten. Tatsächlich steht auf der Liste der Aufsicht von New York kein einziger deutscher Name, was diese These zunächst einmal bestätigt. Die Folgen des Finanzmarktbebens werden wir jedoch auch in Europa zu spüren bekommen. Ersichtlich wird dies u.a. mit Blick auf die Aktienmärkte, die mit herben Kursrückgängen auf die neuen Informationen aus den USA reagierten. Der Zulauf von Investoren beschert den Safe-Haven-Papieren indes deutliche Kursgewinne. Die Pleite von Lehman birgt darüber hinaus weitreichende Risiken für die Finanzmärkte. Zum einen wird es nach dem Creditevent bei Freddie Mac und Fannie Mae (USD 1.470 Mrd.) zu einem erneuten großvolumigen Ausfall an den CDS-Märkten kommen. Zum anderen sind weitreichende Folgen für den gesamten Finanzsektor zu erwarten. Hierzu zählen neben ansteigenden Finanzierungskosten aufgrund höherer Prämien an den Kredit-, Bond- und Aktienmärkten u.a. sinkende Refinanzierungsmöglichkeiten bei Banken. Das fehlende Vertrauen in den Bankensektor wird die ehedem geringe Investitionsbereitschaft der Investoren nochmals zurückgehen lassen. Die Möglichkeit, frisches Kapital einzuwerben würde damit weiter sinken. Dies könnte letztendlich zu einem abnehmenden Kreditangebot führen, was die Gefahr eines „Credit-Crunch“ ansteigen lässt. Die nächsten Tage und Wochen werden mehr Klarheit darüber bringen, ob eine solche Abwärtsspirale tatsächlich droht
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