Finanzmärkte noch zu sehr im Rezessionsszenario verhaftet
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Nach Ansicht von Garrett Melson, Portfoliomanager bei Natixis Investment Managers, bestimmt derzeit nur eine Frage das Marktgeschehen: Wo die Fed in ihrem Kampf gegen die Inflation am Ende den Leitzins setzen wird. Alle anderen makroökonomischen Themen – wie etwa die anhaltenden Auswirkungen der Energiepreise auf den Euroraum und die Zero-COVID-Strategie, die weiterhin Chinas Wachstum behindert – seien für die die Risikobereitschaft an den US-Märkten weitgehend irrelevant.
Zu Unrecht, schreibt Melson in seinem Markkommentar: „Diese Faktoren haben nämlich erhebliche Auswirkungen auf den Dollar und damit auch Auswirkungen auf die Aussichten für Umsatz- und Gewinnwachstum der US-Unternehmen. Die unmittelbarsten Auswirkungen werden jedoch auf den internationalen Märkten zu spüren sein; sie sind für die globale Vermögensallokation eindeutig von Bedeutung.
Was die Hauptantriebskraft für die Märkte betrifft, so stellt der Verbraucherpreisindex für Oktober unserer Ansicht nach einen wichtigen Wendepunkt dar. Endlich stimmen die harten Daten mit den weichen Daten überein, die wir schon seit Monaten kennen. Die disinflationären Kräfte, die sich im Laufe des Sommers aufgebaut haben – starker Dollar, nachlassende Beschränkungen in der Lieferkette, drastisch sinkende Versandkosten, fallende Rohstoffpreise, Nachholeffekte bei den Lagerbeständen im Einzelhandel, Verlagerung der Nachfrage von Waren auf Dienstleistungen – beginnen sich in den offiziellen Daten niederzuschlagen.
Auch gibt es erste Anzeichen für eine Abschwächung des Lohnwachstums, und es gibt Gründe für die Annahme, dass weitere Entlastungen an der Inflationsfront folgen werden. Tempo und Ausmaß der Disinflation können schneller und stärker sein, als die Märkte derzeit einkalkulieren. Und kombiniert man ein robustes Wachstum mit einer sich rasch normalisierenden Inflation, so erhält man das Rezept für eine weiche Landung. Dies haben die Märkte nicht auf dem Schirm; noch sind Rezession und Gewinnrückgänge das vorherrschende Marktthema. Das schafft die Voraussetzungen für eine nachhaltige Erholung von den Oktobertiefs.
Infolgedessen ergeben sich Chancen in zyklischen Sektoren, die sich still und leise bereits besser entwickelt haben als defensive Sektoren. Sollte sich das Szenario einer sanften Landung bewahrheiten, werden die am stärksten angeschlagenen Titel, also die Technologiebranche, wahrscheinlich gekauft.
Längerfristig erwarten wir, dass Wachstumswerte wieder die Führung übernehmen werden, da sich die Welt wahrscheinlich wieder der der Welt vor der Pandemie annähern wird – mit langsamerem Wachstum, niedrigerer Inflation und schließlich niedrigeren Zinsen. Aber die Unternehmen, die davon am meisten profitieren werden, könnten sehr wohl andere sein als die, die das letzte Jahrzehnt angeführt haben.“
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