Kommentar
07:33 Uhr, 28.02.2018

Fed schrumpft die Bilanz - es bleibt nicht folgenlos!

Ziemlich lautlos beginnt die US-Notenbank mit der Bilanzreduktion. Was aber, wenn die Sache gar nicht so lautlos ist wie derzeit viele denken?

In den Medien ist relativ wenig über die Bilanzreduktion zu lesen. Es ist einfach geschehen, ohne dass es jemand wirklich bemerkt hat. Wenn das Thema überhaupt angesprochen wird, dann nur am Rande und eher positiv. Seit November werden Staatsanleihen de facto verkauft (auslaufende Anleihen werden nicht reinvestiert) und da bisher nichts Schlimmes geschehen ist, wird die Bilanzreduktion als Erfolg verbucht. Soweit, so gut. Nun war da aber nun einmal die Zeit Anfang Februar. Der Aktienmarkt rauschte in den Keller. In solchen unsicheren Zeiten gewinnen Staatsanleihen. Anleger flüchten in Sicherheit. Die Renditen fallen. Das war im Februar nicht der Fall. Die Renditen stiegen sogar unaufhörlich weiter.

Die meisten Kommentatoren fanden schnell einen Schuldigen. Inflationsängste wurden als Treiber ausgemacht. Die Erklärung, die auf der Hand liegt, muss nicht unbedingt immer die richtige sein. Vielleicht gibt es auch keine wirklich gute Erklärung für das, was Anfang Februar geschah, doch so mancher Datensatz lässt eine andere Story vermuten.

Nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten stiegen die Zinsen. Alle gingen davon aus, dass mit wirtschaftsfreundlicher Politik die Inflation und damit auch die Zinsen steigen würden. Die Ernüchterung kam schnell, denn das Tempo der Reformen war kaum wahrnehmbar. Die Renditen sanken wieder.

Seit Ende 2017 steigen die Renditen. Der Punkt der Trendumkehr fällt mit Anfang November zusammen. Dem Moment also, in dem die Notenbank begonnen hat, auslaufende Anleihen nicht mehr zu reinvestieren (Grafik 1). Ist das alles nur Zufall?

Vielleicht ist es tatsächlich nur Zufall. Ein wenig merkwürdig ist diese Korrelation aber schon. Die Verkäufe sind für sich genommen noch gar nicht nennenswert. Der bisher größte "Verkauf" innerhalb einer Woche fand Ende Januar statt und betrug knapp 11 Mrd. Dollar. Die USA refinanzieren pro Monat im Durchschnitt über 150 Mrd. an Schulden mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr. Kürzere Laufzeiten machen ein Vielfaches dessen aus. 11 Mrd. sind also ein Tropfen auf den heißen Stein.

Dieser Tropfen ist vielleicht das, was das Fass zum Überlaufen bringt. Nicht nur die Renditen für Staatsanleihen steigen, sondern auch die Zinsen, die davon abhängen. Das sind vor allem die Zinsen für Immobilienkredite. Für eine fünfjährige Hypothek muss heute so viel bezahlt werden wie seit 2011 nicht mehr (Grafik 2).

Die Notenbank hat noch gar nicht richtig begonnen, Hypothekenpapiere zu verkaufen. Das wird sich in den kommenden Monaten zunehmend ändern. Ich bin mir also nicht so sicher, dass die Bilanzreduktion still und lautlos vonstattengeht. Es hört derzeit einfach nur niemand hin.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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