EZB vor nächster Zinserhöhung
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Das amerikanische Wirtschaftswachstum war im zweiten Quartal 2006 geringer als erwartet. Am Rentenmarkt gaben daraufhin die Renditen weiter nach. Im Euroraum blicken alle auf die EZB, die am Donnerstag über die Zinshöhe entscheidet. Am Freitag könnte die Bekanntgabe der US-Arbeitsmarktdaten für Bewegungen am Markt sorgen.
US-BIP niedriger als erwartet
Die amerikanische Wirtschaftsleistung ist im zweiten Quartal schwächer ausgefallen als zunächst erwartet wurde. Aufs Jahr hochgerechnet nahm das Bruttoinlandsprodukt lediglich um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu, verglichen mit 5,6 Prozent in der Vorperiode. Die Wachstumsabschwächung umfasste dabei nahezu alle Komponenten der Binnennachfrage, wobei jedoch der Rückgang der Wohnungsbauinvestitionen besonders augenfällig war. Für sich genommen dürfte die nachlassende Wachstumsdynamik für eine Beruhigung der Rentenmarktinvestoren sorgen, verringert sie doch die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Leitzinsanhebung durch die Federal Reserve Bank wäre da nicht der abermalige Anstieg des Kerndeflators für den privaten Verbrauch. Der so genannte PCE-Deflator, der für die Geldpolitik der US-Notenbank traditionell eine wichtige Rolle spielt, hat im zweiten Quartal um 2,9 Prozent (annualisiert) gegenüber dem Vorquartal zugelegt. Vor allem der Arbeitskostenindex hat sich spürbar erhöht, was auf einen wachsenden Lohndruck in der US-Wirtschaft hinweist. Die Fed könnte damit in ein Dilemma zwischen einer sich abschwächenden Konjunktur auf der einen Seite und steigenden Inflationsgefahren auf der anderen Seite geraten. Für Entwarnung an der Zinsfront scheint es jedenfalls noch deutlich zu früh zu sein. Die Unsicherheit spiegelt sich auch in der US-Zinsstrukturkurve wider. Sie weist derzeit einen fast horizontalen Verlauf auf, d.h. über alle Laufzeiten erbringen festverzinsliche Wertpapiere in etwa dieselbe Rendite. Der normalerweise bestehende Zinsaufschlag länger laufender Titel ist damit vollständig ausgepreist.
EZB vor nächster Zinserhöhung
Am Donnerstag tritt der Rat der Europäischen Zentralbank zu einer seiner regelmäßigen Sitzungen zusammen. Entgegen den Gepflogenheiten verzichtet das oberste Entscheidungsgremium der EZB damit auf die im August sonst übliche Telefonkonferenz. Am Markt wurde dies zusammen mit den jüngsten Statements führender Währungshüter als wenig verklausulierte Ankündigung einer weiteren Leitzinserhöhung interpretiert. Die Anhebung des Hauptrefinanzierungssatzes auf 3,0 Prozent gilt daher als ausgemachte Sache. Doch was folgt danach? Mit der Zinserhöhung im August verlässt der EZB-Rat den bislang gepflegten Zinserhöhungsrhythmus von einem Zinsschritt je Quartal. Im Oktober und Dezember könnten dann weitere Zinserhöhungen folgen, sodass der Leitzins zum Jahresende bei 3,5 Prozent läge. Aufschluss darüber versprechen sich die Marktteilnehmer von der im Anschluss an die EZB-Sitzung stattfindenden Pressekonferenz.
Am Rentenmarkt wird die Geldpolitik zurzeit eher entspannt gesehen. Die Zehnjahresrenditen setzten in der Vorwoche ihre Abwärtsbewegung in Richtung 3,9 Prozent fort. Binnen Monatsfrist gaben sie um gut 20 Basispunkte nach, was bei bereits im Umlauf befindlichen Anleihen zu Kursgewinnen führte und die Verluste von Rentenmarktinvestoren aus dem ersten Halbjahr schmälerte. Die unsichere geopolitische Lage im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt, der Anleger in den sicheren Hafen von Staatsanleihen treibt, sowie die günstigen Vorgaben vom US-Bondmarkt sorgen an den europäischen Rentenmärkten gegenwärtig für ein günstiges Umfeld. Wir gehen allerdings nicht davon aus, dass dies der Beginn eines längerfristigen Renditerückgangs ist, sondern dass wir in absehbarer Zeit auch wieder Gegenbewegungen nach oben sehen werden.
US-Dollar schwächt sich weiter ab
Die Aussicht auf ein Ende der Zinserhöhungspolitik in den USA bringt den US-Dollar unter Druck. Gegenüber allen bedeutenden Währungen büßte der Greenback in der Vorwoche an Wert ein. Für einen Euro müssen beispielsweise inzwischen knapp 1,28 US-Dollar bezahlt werden. Mit dem absehbaren Ende der US-Zinserhöhungspolitik könnte auch die außenwirtschaftliche Schwäche der Vereinigten Staaten wieder in der Wahrnehmung der Marktteilnehmer an Bedeutung gewinnen. Nach wie vor weisen die USA ein monatliches Handelsbilanzdefizit von über 60 Mrd. US-Dollar auf. Bislang wird dieses durch ausreichende Kapitalströme gedeckt. Sollten die Kapitalströme in Richtung USA aber nachlassen, läge eine spürbare Abwertung des US-Dollar im Bereich des Möglichen.
Ausblick
Neben der Zinsentscheidung der EZB dürfte im Euroraum insbesondere die Veröffentlichung der Einkaufsmanager-indizes für die Industrie und den Dienstleistungssektor für Aufmerksamkeit sorgen. Nachdem der Ifo-Index in der Vorwoche etwas nachgegeben hatte, könnte auch bei diesen Frühindikatoren die Aufwärtsbewegung erst einmal gestoppt werden. In den USA steht neben den Einkaufsmanager-indizes insbesondere die Bekanntgabe der im Juli neu geschaffenen Stellen (Non-Farm Payrolls) im Fokus der Kapitalmärkte. Eine deutlich unter 100.000 liegende Zahl dürfte die Konjunkturängste verstärken und dadurch die Rentenmärkte unterstützen.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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