Kommentar
08:49 Uhr, 29.10.2014

EZB: Stresstest doch nichts wert?

Die Kritik am EZB Bankenstresstest ließ wie erwartet nicht lange auf sich warten. Der Test sei ein Witz gewesen, meinen einige. Der Markt sagt aber etwas anderes.

Erwähnte Instrumente

  • Piraeus Bank S.A.
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  • Banco Com. Português SA (BCP)
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Der Markt hat angeblich immer Recht. Das stimmt natürlich nicht. Der Markt kann überraschend lange und beharrlich irrational sein. Beim Thema Banken und Bankenkrise hört der Spaß für Anleger aber auf. Das ist ein sensitives Thema. Zu viele haben zu viel Geld verloren. Banken werden von Anlegern in vielen Ländern nach wie vor nicht angefasst und haben noch immer etwas Toxisches an sich.

Wäre der Stresstest nun eine komplett unseriöse Übung gewesen, dann würden die Aktien der Banken heute deutlich tiefer stehen als letzte Woche. Stattdessen steigen die meisten Titel seit zwei Wochen. Auch nach Veröffentlichung der Ergebnisse tut sich bei den Kursen wenig. Das zeigt vor allem, dass es keine großen Überraschungen gab. Die Testergebnisse spiegeln die Meinung der Anleger wider.

Durchgefallen sind unter anderem die Banco Comercial Portugues. Der Kurs eröffnete gestern mit einem Gap up von 5%, verlor danach aber wieder. Heute geht es aufwärts. Es sieht sogar so aus, als würde der Kurs einen Doppelboden ausbilden. Die massive Divergenz zu mehreren Indikatoren unterstützt diese Möglichkeit.

Banco Com Portugus SA BCP
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Bei anderen Banken, die durchgefallen sind, sieht es nicht anders aus. Das Kursmuster der Banco Populäre Emilia Romagna ist fast ident zu dem der Banco Comercial. Das Bild wiederholt sich in vielen Charts. Eine Ausnahme ist unter anderem die griechische Piraeus Bank. Sie befindet sich noch im Abwärtstrend, zeigt sich aber wie die anderen Titel in den vergangenen zwei Wochen sehr robust.

Bca Pop Emilia Romagna SCaRL
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Piraeus Bank SA
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Wäre der Markt nun der Meinung, der Test sei ein Witz gewesen, dann müssten die meisten Aktien zwei Tage nach Veröffentlichung der Ergebnisse 10, 15 oder gar 20% im Minus stehen. Das tun sie nicht. Man kann und darf darüber streiten, wie stressig der Test nun wirklich war. Ein Worst Case Szenario war er nicht. Im schlimmsten aller denkbaren Fälle würde allerdings jede einzelne Bank durchfallen und wahrscheinlich auch jedes nicht Bankunternehmen in die Pleite gehen.

Die EZB hat einen EU weiten Rückgang des BIPs von 7% angenommen. Sieht man von Griechenland ab, dann war die vergangene Wirtschaftskrise in den meisten Ländern weniger schlimm. Es handelt sich also durchaus um ein ernstes Szenario.

Ein Kritikpunkt am Test ist das Fehlen eines Deflationsszenarios. Das kann man so nicht stehen lassen. Ein Wirtschaftseinbruch von 7% beinhaltet implizit eine Deflation. Es wäre ein großes Novum, wenn in einer wirtschaftlichen Depression hohe Inflation auftritt. Der EZB also indirekt zu unterstellen, sie verschweige Deflation, ist sehr gewagt. Zudem handelt es sich bei dem Test um ein "realistisches" Stressszenario. Es lassen sich viele Szenarien konstruieren, in denen die Banken reihenweise bankrott gehen. Ein wirtschaftliche Depression wie sie Griechenland durchgemacht hat, würde viele Banken ruinieren.

Momentan sehen wir eine leichte Inflation. Die Angst vor Deflation ist meiner Meinung nach übertrieben, weil sie auch nicht Folge eines Abschwungs ist, sondern Folge niedriger Rohstoffpreise. Eine leichte Deflation bei Preisen, weil die Rohstoffkosten sinken, muss nicht zwangsweise in einer Abwärtsspirale bei Löhnen enden. Japan ist so ein Beispiel. Nach dem Platzen der Immobilienblase rutschte Japan immer wieder in die Deflation. Die privaten Schulden stiegen nach dem Platzen der Blase auf knapp 300% des BIPs an. Trotzdem hat Japan die Krise einigermaßen überstanden. Zumindest hat sie Privathaushalte nicht komplett ruiniert. Im Gegenteil, der durchschnittliche Japaner ist im internationalen Vergleich relativ reich.

Lange Rede, kurzer Sinn: natürlich hätte der Test schlimmere Szenarien annehmen können. Ein Witz ist er deswegen nicht. Im Worst Case Szenario geht alles den Bach runter, ob Bank oder nicht. Ob das sinnvoller ist, sei dahingestellt.

Der Test zeigt, was in einem starken Abschwung passieren würde. Er zeigt nicht, was passieren würde, wenn die wirtschaftliche Depression des Jahrtausends kommt. Die Wahrscheinlichkeit für letzteres ist so gering, dass ein solche Szenario kaum praktische Implikationen hat.

Im Fall eines realistischen Abschwungs weiß man, worauf man sich einstellen muss. Jede Bankaktie würde ich mir jetzt bestimmt auch nicht ins Depot legen. Bei einigen sieht die Position nun aber gar nicht so schlecht aus. Einige interessante Chartbilder gibt es noch dazu.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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