Kommentar
10:13 Uhr, 07.08.2014

Kommt jetzt die große Einstiegschance in Portugal?

Die de facto Pleite der Banco Espirito Santo ist von den Märkten noch nicht ganz abgehakt. Die große Panik dürfte vorerst allerdings vorbei sein. Oder doch nicht?

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  • PSI 20
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Der Leitindex PSI 20 zeigt noch keinen Rebound, einen Boden schon gar nicht. Während sich heute viele Indizes stabilisieren konnten, ist davon in Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien keine Spur. Das ist schon ein auffälliger Einklang bei der Kursentwicklung der Krisenländer. Nicht ganz unschuldig daran ist wahrscheinlich Italien. Italien konnte im zweiten Quartal kein Wirtschaftswachstum zeigen. Die Wirtschaft schrumpfte sogar leicht um 0,2% und damit das zweite Quartal in Folge. Dabei waren die Zahlen aus den anderen Ländern gut. Das hat Hoffnungen geweckt. Italien war das letzte Land, das zur Erholungsstory fehlte. Ende 2013 konnte die Wirtschaft um 0,1% wachsen. Das war das erste positive Quartal seit Anfang 2011 und dann auch gleich erst einmal wieder das letzte.

Spanien konnte hingegen einen Zuwachs von 0,6% im zweiten Quartal vermelden. Irland wächst inzwischen schon wieder schneller als die Konjunkturlokomotive Deutschland, Griechenland konnte nach 20 Quartalen Schrumpfung wieder einen Hoch (0,38%) zulegen und Portugal dürfte wenigstens nicht wesentlich geschrumpft sein.

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Italien hat wohl viele Anleger auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht. Die Krise ist eben doch noch nicht vorbei. Die Aktienmärkte haben viel vorweggenommen. Die EZB hat das unterstütz. Nichtsdestotrotz haben Anleger auch nur deswegen zugegriffen, weil sie glaubten, Wachstum wartet um die Ecke. Ohne Wachstum gibt es auch kein Turnaround bei Unternehmen.

Besonders hart träfe es wieder einmal Banken, wenn die "große" Erholung nach der tiefen Rezession jetzt schon wieder vorbei wäre. Wenn die letzten drei Quartale das "Zurückschnappen" der Wirtschaft in der Eurozone war, dann gute Nacht.

Von einem solchen Szenario gehe ich nicht aus. Chancen gäbe es dann immer noch, allerdings eher auf der Leerverkaufsseite. Wenn man lieber kaufen will, dann kommt der Moment dafür immer näher. Er ist aber noch nicht da. Die Situation ist etwas undurchsichtig. Bei der Banco Espirito Santo kam die Pleite letztlich dann doch etwas überraschend, nachdem das Management Verbindlichkeiten und die Verflechtung mit der Muttergesellschaft heruntergespielt hatte. Die Rechnung dafür wurde präsentiert. Aktionäre schauen ins Leere.

Beim portugiesischen Leitindex braucht man nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass der Index bis 5.100 Punkte fallen kann. Dann hätte der Index seit dem Hoch vor einigen Wochen 34% verloren. Das wäre dann auch nur noch gut 10% über dem absoluten Krisentief aus dem vergangenen Jahr bei 4.500 Punkten.

Es muss nicht nur der Index interessant sein. Gerade die Panik bei Banken kann Chancen eröffnen. Eine der großen Banken, Banco Commercial Portugues, wird gerade dramatisch abgestraft. Die Bank hatte dabei vor einer Woche gute Zahlen präsentiert. Die Zinseinnahmen - die wichtigste Einnahmequelle - sinken nicht mehr. Die Nettozinseinkünfte (nach Refinanzierungskosten und anderen Kosten der Kreditvergabe) stiegen wieder deutlich an und sind wieder auf dem Niveau von 2012. Die Abschreibungen auf faule Kredite gehen weiter zurück und liegen 2014 bisher auf dem Niveau von 2011.

Gewinn schreibt die Bank noch nicht. Sie steht aber kurz davor. Das Minus im zweiten Quartal betrug 22 Mio. EUR. Das ist gar kein Vergleich zu den 400 Mio., die jedes Quartal im Jahr 2012 als Verlust eingefahren wurden.

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Der Aktienkurs der Bank nähert sich wieder den absoluten Tiefs aus dem Jahr 2012. Die Situation von damals ist kaum mit der heutigen vergleichbar. BCP sollte zu Jahresende wieder profitabel sein. Auch von der BES Pleite kann BCP profitieren. Ein Bankwechsel dürfte einigen Kunden derzeit opportun erscheinen.

Die Aktie verlor zuletzt kräftig. Das Tagesminus lag bei 15%. Dafür kann es zwei Gründe geben. Entweder einige Marktteilnehmer wissen etwas, was der Rest von uns nicht weiß oder es handelt sich um Panik- und Leerverkäufe. Heute wurde bekannt, dass einige Hedge Fonds mit Shortpositionen auf BES sehr viel Geld verdient haben. So etwas inspiriert zur Nachahmung.

Weil die Situation nicht klar ist und es meines Wissens keine fundamentalen Nachrichten zu einem solchen Kursverlust gibt, würde ich hier ganz klar von einem Kauf abraten. Bei BCP können - theoretisch zumindest - genauso viele Leichen im Keller liegen wie bei BES. Bevor sich der Nebel hier nicht lichtet muss man vorsichtig sein. Damit verpasst man evtl. ein Stück des Rebounds, aber das ist immer noch besser als auf wertlosen Aktien sitzenzubleiben. Etwas muss man sich als Anleger hier noch gedulden.

Noch ein Wort zum Aktienkurs. Die Aktie sieht aus wie ein arger Pennystock. Die Marktkapitalisierung der Bank liegt momentan aber bei 5,6 Mrd. Vor der Banco Espirito Santo Krise war BCP mehr wert als die Commerzbank. Optisch schaut der Kurs im Centbereich natürlich trotzdem schäbig aus. Vielleicht gibt es einmal einen Reverse-Split der Aktie. So wurde die Commerzbank vergangenes Jahr auch wieder von einem Pennystock zu einer Aktie mit optisch schönerem Kursniveau.

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  • Reinhard Scholl
    Reinhard Scholl

    Bei Portugal sollte man bedenken, dass die jüngsten Turbulenzen höchstwahrscheinlich durch verbrecherische Machenschaften einiger weniger Personen ausgelöst wurden (Espirito Clan..).

    Der Staat hat IMO recht professionell reagiert. Es trifft keinen Anleger (der Banco Espirito) - nur eben die Aktionäre. Das Risikoereignis (black swan) "Beschiss" wird gerne völlig ignoriert. Dabei existiert bei Investments in Einzelaktien dieses Restrisiko immer. Das zeigt die Geschichte. Egal ob kleine AGs (zB. diverse Neue Markt Unternehmen) oder Mega-Konzern (Enron). Das wissen diejenigen unter uns die schon länger an den Börsen unterwegs sind. Also immer schön diversifizieren ;-)

    Da Geld für die Rettung der Bank vorhanden war und sofort reagiert wurde steht der PSI bei mir auf der Kaufliste - nach Bodenbildung.

    Portugal an sich macht IMO seine Sache weiter relativ gut. Auch abzulesen an der Entwicklung der Anleihenpreise.

    13:40 Uhr, 07.08.2014
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Dass Italien kein Wirtschaftswachstum zeigt, ist ein Problem, für das man bereits eine sehr kreative Lösung gefunden hat: Künftig werden die Umsätze der Mafia in die Berechnung des BIP mit einfließen. Es geht dabei um zweistellige Milliardenbeträge aus den Bereichen Drogenhandel, Prostitution und Geldwäsche.

    Es wäre zu wünschen, dass die Umsätze der Auftragskiller künftig ebenfalls in die Berechnungen mit einfließen, denn damit ließe sich die Statistik noch weiter verbessern - sogar ganz ohne die Hilfe von Mario Draghi.

    Weiterer Vorschlag: Die EU könnte solche Morde bei der Mafia gleich selbst in Auftrag geben und so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Unliebsame Eurokritiker ließen sich auf diesem Wege unauffällig entsorgen - und die Wirtschaft hätte auch noch was davon.

    Da Italien mit dem Problem einer darbenden Konjunktur in Europa nicht alleine ist, wird auch das Statistische Bundesamt ab September bedeutende Bereiche der Schattenwirtschaft in die Berechnung des BIP mit aufnehmen. Etwa den Drogenhandel. Man habe das auf europäischer Ebene so vereinbart, heißt es.

    Für die Konjunktur in Europa sind das ausnehmend positive Nachrichten, wie das Beispiel Griechenland zeigt: 2006 hatte die griechische Regierung einen Anstieg des BIP um 25 Prozent gemeldet, weil sie erstmals die Schattenwirtschaft in das BIP mit einbezogen hatte.

    Wir müssen uns also keine Sorgen machen um die Konjunktur: Die Wirtschaft in der EU wird weiter wachsen und die Börsenkurse werden weiter steigen. In diesen trüben Tagen sind das doch entlich einmal gute Nachrichten!

    http://www.wiwo.de/politik/ausland/schattenwirtsch...

    12:28 Uhr, 07.08.2014
    1 Antwort anzeigen
  • Jochen Stanzl
    Jochen Stanzl Chefmarktanalyst CMC Markets

    Ich glaube nicht, dass die EZB die Südländer fallen lassen wird. Beim PSI-20-Index würde meiner Ansicht nach alles über 5112 Punkten bedeuten, dass der Aufwärtstrend aus Trendfolgesicht intakt ist. Darunter wäre die Bodenbildung zerstört und neue Tiefs würden drohen. Ob Draghi dem tatenlos zusehen würde?

    10:54 Uhr, 07.08.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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