Kommentar
16:48 Uhr, 17.09.2015

EZB legt bei Anleihekäufen noch einen drauf

„Nachtigall, ick hör dir trapsen“, sagt der Berliner, wenn er etwas im Voraus erahnt. Und wenn man die jüngsten Signale aus Brüssel richtig deutet, so ahnt nicht nur der Berliner, dass eine Ausdehnung des milliardenschweren Anleihekaufprogramms der Zentralbank bevorsteht. Zuletzt hat mit Ewald Nowotny ein führendes Mitglied der EZB eine solche Option ins Spiel gebracht. Möglicherweise werde das Programm ausgeweitet oder verlängert, hatte das EZB-Ratsmitglied in einem Interview orakelt und die Konjunktur in der Eurozone, die sich schlechter als erwartet entwickle, als Grund genannt.

Auch EZB-Präsident Mario Draghi hatte sich jüngst bereit gezeigt, die Geldschleusen falls nötig noch weiter zu öffnen, nachdem die EZB ihre Inflationserwartungen und die Wachstumsprognose gesenkt hatte. Seit März kauft die EZB Euro-Staatsanleihen in einem Volumen von monatlich 60 Mrd. €. Bisher galt, dass das Programm bis September 2016 laufen soll.

Als Hauptursachen gelten die konjunkturellen Probleme in wichtigen Schwellenländern, die die Konjunktursorgen in der Eurozone verstärkt haben. Außerdem machen die gefallenen Ölpreise der EZB einen Strich durch die Rechnung, weil dadurch die Inflation einfach nicht anspringen will. Die nach wie vor sehr geringe Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum sei ein großes Problem für die EZB, gesteht Nowotny ein.

Auch wenn Bundesbank-Chef Jens Weidmann trotz einer Konjunkturflaute in wichtigen Schwellenländern keine Notwendigkeit einer schnellen Ausweitung des Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank sieht, hat man sich am Markt bereits darauf eingestellt, dass Draghi bei seinem Ankaufprogramm nachlegen wird. Nach einer Umfrage von Bloomberg erwartet eine große Mehrheit von Experten eine Ausweitung oder Verlängerung der Anleihekäufe der EZB. Über zwei Drittel der befragten Ökonomen rechnen damit, dass die Notenbank das Ankaufprogramm in den kommenden neun Monaten ausweiten wird, berichtet die Nachrichtenagentur nach einer Umfrage unter 41 Volkswirten.

Gespannt blicken die Marktteilnehmer heute auch über den Großen Teich, wo die US-Notenbank Fed das erste Mal nach neun Jahren entscheidet, ob sie den Leitzins wieder erhöhen wird. Befürworter und Gegner einer Zinserhöhung sind in den USA gespalten, so dass Fed-Chefin Janet Yellen sicher sein kann, dass sie es nicht jedem Recht machen wird.

Trotz der Krise in den Schwellenländern hat in dieser Woche die Bank von Japan (BoJ) erwartungsgemäß zunächst auf eine zusätzliche geldpolitische Lockerung verzichtet. Die Konjunktur soll wie bisher durch Ankäufe von Wertpapieren im Wert von jährlich 80 Billionen Yen (587 Mrd. €) angekurbelt werden. Der Leitzins in Japan liegt bereits seit Jahren ohnehin bei null Prozent.

Märkte verunsichert vor der Wahl in Hellas
Vor der am Sonntag anstehenden Parlamentswahl in Griechenland liefern sich die Linkspartei Syriza und die Konservativen der Nea Dimokratia (ND) ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Es ist zwar zu erwarten, dass zumindest die für eine Rettung durch die Euro-Geldgeber eintretenden Parteien eine Mehrheit erzielen dürften. Doch Umfragen zufolge ist eine regierungsfähige Mehrheit nicht in Sicht. Vor diesem Hintergrund ist die Unsicherheit über die weitere Entwicklung in Griechenland groß. Kein Wunder, dass EU-Politiker vorauseilend an Athen appellieren, auch bei unklaren politischen Verhältnissen die vereinbarten Reformpläne fortzusetzen, die als Bedingung für das dritte Hilfspaket über 86 Mrd. € ausverhandelt worden waren.

Immer wieder hatte der zurückgetretene Regierungschef Alexis Tsipras im Wahlkampf Nachbesserungen beim Abbau des Schuldenberges in Aussicht gestellt, womit er wohl enttäuschte Wähler seines Syriza-Bündnisses ansprechen wollte. Denn gleichzeitig hat er betont, man werde das Abkommen mit den Gläubigern einhalten. Der Glaube daran hat in dieser Woche auch den Aktienmarkt an der Athener Börse genährt, wo es tendenziell Gewinne gab, nach starken Verlusten seit Jahresbeginn. Insgesamt warten die Anleger aber zunächst den Ausgang der Wahl und die anschließende Regierungsbildung ab, was unter anderem an dünnen Umsätzen bei Anleihen ersichtlich ist.

Auf der Bondseite notieren griechische Titel über ihren Jahrestiefs von März und Juni, bleiben aber immer noch hinter den Höchstständen von vor einem Jahr zurück. So liegt eine bis 4/2019 laufende griechische Anleihe (WKN: A1ZGWQ) auf einem Kursniveau von ca. 85,08% und rentiert damit mit rund 9,84%. Noch am 17.6. lag der Kurs bei rund 60%. Eine Step-up-Anleihe (A1G1UN) mit Fälligkeit 2/2035 notiert mit rund 60,50%, nachdem sie am 21.4. ihr Jahrestief bei 40,75% erreicht hatte. Das Zwölfmonatshoch dieses Titels wurde im September 2014 auf einem Niveau von 69% registriert.

Diese starken Kursbewegungen machen die Volatilität im Handel mit griechischen Bonds deutlich, bei denen die Anleger weiterhin vorsichtig agieren. Dies ist auch in der schlechten Bonität des Landes begründet. Erst in der vergangenen Woche hatte die Ratingagentur Standard & Poor's Griechenland mit der Note „CCC+" eine sehr niedrige Kreditwürdigkeit bescheinigt. Die Bewertung liegt damit weiter tief im sogenannten Ramschbereich.


Brasilien verliert bei S&P sein Investment Grade
Brasilien, das derzeit die schlimmste Rezession seit 25 Jahren erlebt, hat bei der Einstufung seiner Bonität den Status „Investment Grade“ verloren. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) hat die Bewertung brasilianischer Staatsanleihen auf „BB+“ gesenkt. Das bedeutet Ramschniveau. Auch der Ausblick der größten Volkswirtschaft Südamerikas wird negativ beurteilt. Als Begründung führt S&P die schlechten Wachstumsaussichten des Landes und das anhaltende Haushaltsdefizit an.

Viele institutionelle Investoren dürfen Staatsanleihen ohne „Investment Grade“ nicht halten. Aus diesem Grund dürfte die Nachfrage nach den Bonds des Landes auf den internationalen Finanzmärkten abnehmen. Gleichzeitig bedeutet dies, dass das Land deutlich schlechtere Konditionen akzeptieren muss, um sich neues Kapital zu leihen. Noch zögern die beiden anderen großen Rating-Agenturen, Moody’s und Fitch, mit dem Downgrade für Brasilien. Nachdem die Zinsen für brasilianische Staatsanleihen auf ein Sechs-Jahres-Hoch gestiegen waren, hatte das Finanzministerium schon zum zweiten Mal innerhalb einer Woche eine Auktion von Staatsanleihen abgesagt. Zehnjährige Anleihen des Landes werden derzeit mit ca. 5,6% verzinst.

Nach einer steilen Talfahrt in den letzten Tagen zeigten sich am gestrigen Mittwoch brasilianische Anleihen leicht erholt. Zum Teil handelt es sich dabei aber nur um eine technische Reaktion. Ein bis 10/2019 laufender Bond (A0DD6Z) stieg wieder auf 119,85%, nachdem er Anfang der Woche auf sein Jahrestief von 117,40 % gefallen war. Der Titel, der auf US-Dollar lautet, rentiert bei ca. 3,62%. Eine weitere in US-Dollar emittierte brasilianische Staatsanleihe (193117) mit Fälligkeit 5/2027 notiert mit 132,60% ebenfalls knapp über dem Jahrestief, das am Dienstag mit 130,00% erreicht worden war. Die Rendite liegt hier bei ca. 5,67%.


Energieversorger rutschen in den Keller
Mangelnde Vorsorge und hohe Kosten für den Atomausstieg fressen die Erträge der Energieversorger auf. Nachdem der „Spiegel“ mit Blick auf einen Stresstest für die Branche berichtet hatte, dass den Unternehmen bis zu 30 Mrd. € an Rückstellungen fehlen, gingen nicht nur die Aktien, sondern auch die Corporate Bonds von E.ON und RWE auf Talfahrt.

Ein Titel der RWE (A1HR28), der 1/2024 ausläuft, markiert mit 99,78% sein neues Jahrestief, nachdem er im März noch mit 118,35% auf seinem Zwölfmonatshoch lag. Auch eine lang laufende Fix-to-Float Nachranganleihe der RWE (A14KAA) mit Fälligkeit 4/2075 brach stark ein auf 84,85%, bevor sie sich wieder leicht auf ca. 85,40% erholt hat. Eine weitere Fix-to-Float Nachranganleihe (A13SHX), die in US-Dollar notiert und bis 7/2075 läuft, liegt nun auf einem Niveau von 92,10%. Im August notierte der Titel noch über 103%.

Nicht anders erging es den E.ON-Bonds, wie sich an einem Titel (857741) mit Laufzeit 5/2017 ablesen lässt. Der Corporate Bond notiert mit 109,56% auf seinem neuen Jahrestiefstand. Ein anderer, bis 5/2020 laufender Bond (A0TURM) des Energieversorgers, rutschte auf ca. 119,34% ab, nachdem er im Februar mit 126,355% noch auf seinem Zwölfmonatshoch lag.

Auf geht´s zur Wies´n
Ähnlich dem vielen Trubel rund um das Oktoberfest, verhielt es sich mit der Emissionstätigkeit der Unternehmen in der letzten Berichtswoche am Primärmarkt.

So wagte sich der namhafte französische Hersteller von Arzneimitteln, Sanofi, gleich mit 3 neuen Anleihen im Gesamtvolumen von 2 Mrd. € an den Kapitalmarkt. Bei der ersten Anleihe im Volumen von 750 Mio. € handelt es sich um einen 4-jährigen Floater (A1Z6Y4) mit einer Fälligkeit am 22.03.2019. Der Kupon errechnet sich aus dem 3-Monats-Euribor +30 bps und wird vierteljährlich angepasst. Der Reoffer lag bei 100%. Zweiter Bond im Dreierpack ist eine 6-jährige Anleihe (A1Z6Y5) mit Fälligkeit am 22.09.2021 und einem Emissionsvolumen von 500 Mio. €. Das Papier bietet dem Investor einen jährlichen Zinssatz von 0,875% und wurde mit +50 bps über Mid Swap gepreist. Der Ausgabepreis lag bei 99,351%. Die dritte Anleihe (A1Z6Y6) mit einer Laufzeit bis zum 22.09.2025 und einem Emissionsvolumen von 750 Mio. € weist einen festen jährlichen Zinssatz von 1,5% auf. Das Pricing erfolgte mit +65 bps über Mid Swap, was einen Reoffer von 98,846% ergab. Die beiden Anleihen mit fixem Kupon (A1Z6Y5; A1Z6Y6) sind mit einem jederzeitigen Emittentenkündigungsrecht zu festgelegten Spreads über Referenzanleihen ausgestattet. Sanofi hat bei allen Anleihen eine Mindestanlagesumme von 100.000 € gewählt. Daher zielen diese Bonds vorwiegend auf institutionelle Anleger ab.

Ebenso aktiv wurde der US-amerikanische Konzern Apple im Gesamtvolumen von 2 Mrd. € verteilt auf 2 Anleihen. Die erste 9-jährige Anleihe (A1Z6UE) im Volumen von 1 Mrd. € hat eine Laufzeit bis zum 17.01.2024. Der jährliche Kupon beträgt 1,375% und bleibt während der Laufzeit unverändert. Die Anleihe wurde mit +60 bps über Mid Swap gepreist, was einem Reoffer von 99,604% entspricht. Das zweite 12-jährige Papier (A1Z6UF) besitzt ein Emissionsvolumen von ebenfalls 1 Mrd. € und hat eine Laufzeit bis zum 17.09.2027. Der Zinssatz der Anleihe beträgt nominal 2% und wird von Apple jährlich bezahlt. Der Emissionsspread betrug +85 bps über Mid Swap. Folglich lag der Ausgabepreis bei 99,578%. Beide Anleihen sind mit einer Mindestanlagesumme von 100.000 € und einem jederzeitigen Emittentenkündigungsrecht zu definierten Spreads über den entsprechenden Referenzanleihen ausgestattet.

Als drittes Schwergewicht refinanzierte sich der bayerische Autobauer BMW über seine US- Tochter mit zwei Bonds am Primärmarkt. Die erste 4-jährige Anleihe (A1Z6M0) wurde in Form eines Floaters im Volumen von 500 Mio. € und einer Laufzeit bis zum 18.03.2019 begeben. Der Bond wurde zu 100% ausgegeben. Der Kupon errechnet sich quartalsweise neu und liegt bei 3-Monats-Euribor +38 bps. In Ergänzung begab BMW US Capital den zweiten Bond (A1Z6M1) im Volumen von 1 Mrd. € für 6 Jahre mit einem Laufzeitende am 18.09.2021. BMW bezahlt bei dieser Anleihe dem Investor einen fixen jährlichen Kupon von 1,125%. Die Anleihe wurde mit 65 bps über Mid Swap gepreist und der Ausgabepreis lag bei 99,689%. Die Stückelung bei beiden Bonds beträgt 1.000 €, was sie eher für private Investoren interessant macht.

Euro-Bund-Future mit Schwächeanfall
Im Fußball kommt es in regelmäßigen Abständen vor, dass Mannschaften wie beispielsweise Darmstadt oder Borussia Mönchengladbach die Fußball-Fachleute verblüffen und ebenso überraschen, die einen positiv und die anderen negativ.

Ob die Federal Reserve (Fed) für die Finanzmärkte und ihre Akteure ebenfalls eine Überraschung bereithält, wird sich heute Abend herausstellen. Im Vorfeld dieser enorm wichtigen Zinsentscheidung kommt der Rentenhandel nahezu zum Erliegen, die Umsatztätigkeit geht merklich zurück. Am Dienstagnachmittag kam allerdings etwas überraschend Bewegung in den Rentenmarkt. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future erlitt einen Schwächeanfall, innerhalb weniger Handelsstunden fiel das Rentenbarometer von 155,34% auf 153,77% zurück. Begründet wurde der Rückfall mit Gewinnmitnahmen und der immer größer werdenden Nervosität vor der Entscheidung der amerikanischen Notenbank. Im weiteren Handelsverlauf beruhigte sich das Geschehen wieder und der Bund-Future verfiel in die Lethargie der Tage zuvor. Mit weiteren Impulsen am Anleihemarkt ist erst nach der Zinsentscheidung wieder zu rechnen. So startet der Euro-Bund-Future heute Morgen noch relativ entspannt in den Handel, der Dezember-Kontrakt notiert zur Stunde bei 153,78%.

Der obligatorische Blick auf die Charttechnik ist in der aktuell angespannten Marktphase eine gute Orientierungshilfe. Danach verläuft die nächste Unterstützung um die Marke von 152,75%. Der Blick in die andere Richtung offenbart einen relativ starken Widerstand bei 155,50% (mehrere Hochs / Tiefs im August).

Das Gänseblümchen-Orakel und die Fed
Sie liebt mich, sie liebt mich nicht, sie liebt mich, sie liebt mich nicht. Diesen Abzählreim kennen wir seit unserer Kindheit. Doch das Gänseblümchen-Orakel können wir auch beim aktuellen Marktgeschehen verwenden. Sie tut es, sie tut es nicht, sie tut es, sie tut es nicht. Sie, Janett Yellen, die Präsidentin der amerikanischen Notenbank Fed, verkündet heute Abend eine Zinserhöhung oder sie tut es nicht.

Das erste mal seit vielen Jahren ist das Ergebnis der Notenbanksitzung äußerst unklar. So sprechen etwa die starke US-Wirtschaft und damit ein boomender Arbeitsmarkt für eine Zinserhöhung. Dagegen steht die schwächelnde Konjunktur in China. Gegensätzliche Äußerungen von Mitgliedern der Fed tun ihr Übriges und so kommt es, dass die Marktteilnehmer in zwei Lager gespalten sind. Dementsprechend ging es für den Euro in dieser Handelswoche auf und ab. Bis zum Dienstagmorgen haben sich die Dollaranleger zurückgehalten, was die Gemeinschaftswährung von 1,1130 bis auf 1,1372 USD hievte. Doch dann kam ihr Optimismus zurück was den Euro bis auf 1,1221 USD zurückwarf.

Entgegen dem Gedankenspiel der Fed über eine Leitzinserhöhung, hat die neuseeländische Zentralbank zum dritten mal in Folge den Leitzins gesenkt. Dies gab dem Euro Aufwind und er stieg von 1,7331 bis auf 1,8001 NZD.

Im Hinblick auf die Sitzung der Fed hielten sich Privatanleger bei Fremdwährungen, in dieser Handelswoche etwas zurück. Trotzdem wurden Anleihen auf US-Dollar, norwegische Kronen und südafrikanische Rand nachgefragt.

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