Kommentar
14:17 Uhr, 06.11.2006

EZB hält sich für 2007 bedeckt

Ohne EZB-Guidance bleibt es bei Event-Handel

Die Märkte erhielten auch im November keine weiteren Einsichten seitens der EZB, wie sie im kommenden Jahr ihre Leitzinsen den wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen gedenkt. Ungeachtet dessen bleibt der Zinsschritt im Dezember jedoch weiterhin eingepreist und sollte dem Euro daher keinen zusätzlichen Auftrieb verschaffen. Das weitere Vorgehen bleibt jedoch ungewiss, sodass EUR-USD aktuell wieder sehr stark von Events getrieben wird. Zunächst belastete das schwache US-BIP den Dollar, am vergangenen Freitag setzten jedoch die Revisionen der USArbeitsmarktzahlen – wie schon im Vormonat – den Euro erneut unter Druck.

Konjunktur/Inflation: Aufschwung ungebrochen

Während die US-Konjunktur mit gemischten Daten über den Zustand und Fortschritt ihrer Verlangsamung aufwartet, gibt es aus Euroland fast nur positive Wirtschaftszahlen: Die Stimmungsindikatoren zeigen trotz hoher Niveaus weiter nach oben, die Arbeitslosigkeit verringert sich, und auch die Produktionstätigkeit in der Industrie weist immer noch auf Expansion hin. Bedingt durch die kräftigen Preisrückgänge bei den Rohstoffen fiel gleichzeitig die Inflationsrate im Oktober auf nur noch 1,6 % yoy. Zwar erwarten wir bereits zum Jahresende hin wieder Inflationsraten von über 2 %, allerdings ist damit u.E. nach die EZB-Inflationsprojektion von 2,4 % yoy in diesem Jahr nicht mehr erreichbar. Wir halten einen Anstieg des HVPI von 2,1 % yoy für realistisch.

EZB: Vorgehen in 2007 bleibt unklar

Auf ihrem Novembertreffen hat die EZB die Leitzinsen bei 3,25 % belassen. EZB-Präsident Trichet stellte auf der Pressekonferenz eine Erhöhung auf 3,5 % im Dezember in Aussicht. Andeutungen über die Zinsentwicklung im nächsten Jahr wollte er auch auf Nachfrage nicht machen. Das von ihm dargestellte ökonomische Szenario spricht allerdings klar für weitere Zinserhöhungen. Er sprach von einer Konjunkturerholung auf breiter Basis, einer anhaltenden Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen und vertrat die Ansicht, dass die Bedingungen für solides Wachstum um den Potenzialpfad auch im nächsten Jahr gegeben seien. Der niedrigere Ölpreis hätte das Potenzial, das Wachstum und die Produktivität zu erhöhen. Die Inflationsraten würden sowohl dieses als auch nächstes Jahr vermutlich leicht über 2 % liegen. Wir rechnen damit, dass die EZB aufgrund der fiskalpolitischen Belastungen zu Jahresbeginn erst im zweiten Halbjahr ihren Zinserhöhungszyklus fortsetzt.

Externe Position: Euro-Assets weniger begehrt

Die bereits im Juli eingetretene Verlangsamung der Mittelzuflüsse in Wertpapiere hat sich im August fortgesetzt. Sowohl Aktien als auch Schuldverschreibungen wurden per Saldo verkauft. Die Bilanz der Direktinvestitionen verbesserte sich leicht, allerdings waren auch in diesem Bereich anhaltende Mittelabflüsse zu verzeichnen. Die rudimentäre Zahlungsbilanz bleibt insgesamt in den roten Zahlen, allerdings nur in geringem Umfang, sodass weiterhin kaum Impulse von der externen Position auf den EUR ausgehen.

Finanzmärkte: Historische Positionierungsänderungen

Die geringer als erwartete Expansion des BIP in den USA hat bei den spekulativen Anlegern an der Chicago Mercantile Exchange zur größten wöchentlichen Veränderung ihrer Positionierungen seit 1999 geführt: Während die Longpositionen in USD nahezu glatt gestellt wurden, erhöhten die Investoren ihre Longspositionen in EUR und verringerten gleichzeitig ihre Shortpositionen in JPY. Allerdings sollten als Reaktion auf die Arbeitsmarktdaten diese Änderungen der Positionierungen wieder einen Rückprall erlebt haben.

Prognose

Die Konjunktur Eurolands dürfte nach einer Auszeit in Q1 2007 wieder Fahrt aufnehmen, mit entsprechenden Konsequenzen für die EZB. Die fundamentalen Faktoren, die für eine Aufwertung des Euros sprechen, sind also weiter intakt. Daher bleiben unsere Prognosen unverändert.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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