EZB: Abhängigkeit von Banken mindert Euroraum-Produktivität
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Von Hans Bentzien
DOW JONES--Die Anhängigkeit der Unternehmen des Euroraums von Bankkrediten könnte nach Erkenntnissen der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Grund dafür sein, dass ihre Produktivität im Durchschnitt schwächer ist als die von US-Unternehmen. Wie die EZB in einem Aufsatz ihres aktuellen Finanzstabilitätsberichts schreibt, liegt das daran, dass Banken bei der Kreditvergabe vor allem auf Kreditrisiken achten und weniger gut darin sind, aussichtsreiche Geschäftsideen in einem frühen Stadium zu erkennen.
"Die Kreditvergabe der Banken hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt auf weniger produktive Unternehmen verlagert. Dies liegt hauptsächlich daran, dass der Immobiliensektor einen überproportional großen Anteil an Bankkrediten erhalten hat, obwohl sein Beitrag zum Wachstum der Totalen Faktorproduktivität (TFP) begrenzt ist", heißt es in dem Bericht. Zusätzlich habe sich während der Pandemie die Vergabe von Bankkrediten innerhalb der Sektoren hin zu weniger produktiven Unternehmen verlagert.
Nach Aussage der EZB wirft das die Frage auf, ob produktivere Unternehmen teilweise verdrängt wurden, was sich negativ auf Wirtschaftswachstum und -stabilität auswirkt. Zwar habe der anhaltende Fluss von Bankkrediten während der Pandemie die Zahlungsunfähigkeit solider Firmen abgewendet, doch könne es auch Nebenwirkungen gegeben haben.
Die Ausrichtung auf weniger produktive Unternehmen könnte nach EZB-Einschätzung einen indirekten Einfluss auf die Produktivität haben, wenn das Überleben weniger produktiver Unternehmen die Rentabilität produktiverer Wettbewerber unterdrückt und den Markteintritt sowie Investitionen gehemmt haben sollte.
Helfen könnten laut EZB stärker diversifizierte externe Finanzierungsstrukturen. "Aktieninvestoren könnten besser geeignet sein, risikoreichere, aber produktivere Projekte zu finanzieren. Sie haben stärkere Anreize, zukunftsweisende Unternehmen zu identifizieren, da sie von den Vorteilen voll profitieren", merkt die EZB an. Auch das sei ein Argument dafür, die Kapitalmarktunion voranzutreiben.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/rio
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