Kommentar
13:46 Uhr, 23.01.2008

EWU: Einkaufsmanagerindizes noch nicht Besorgnis erregend

1. Der vorläufige Gesamtindex der Einkaufsmanager für Januar ist von 53,3 auf 52,7 Punkte gefallen. Dies lag im Rahmen der Erwartungen (Reuters-Median: 52,8; DekaBank: 52,6) und ist noch nicht Besorgnis erregend. Denn der Index deutet oberhalb der Marke von 50 Punkten auf Expansion der Gesamtwirtschaft hin. Allerdings liegt der Indikator mit seinem aktuellen Wert nun ca. zwei Punkte unter seinem langjährigen Durchschnitt. Wir gehen davon aus, dass sich der Index in den kommenden zwei Monate noch weiter in Richtung 51 Punkte bewegt – ein Bereich, in dem Zinssenkungen der EZB möglich, nicht aber ausgemachte Sache sind. Der Gesamtindex der Einkaufsmanager stellt eine Kombination der Produktionskomponente des Index für das verarbeitende Gewerbe und des Geschäftsaktivitätsindex der Dienstleister dar. Ersterer notiert im Januar bei 53,9 Punkten (Gewicht: 26 %), letzterer bei 52,0 Punkten (Gewicht: 64 %).

2. Die Unterindizes für die Dienstleister und das verarbeitende Gewerbe signalisieren indes noch keine Wende zum Besseren. Zwar blieb der Index für das verarbeitende Gewerbe nahezu unverändert bei 52,6 Punkten, doch der Dienstleisterindex musste den sechsten Rückgang in Folge von 53,1 auf nun 52,0 Punkte verbuchen.

3. Wirft man einen weiteren Blick in die Details, dann wird deutlich, dass in den nächsten Monaten weiterhin mit eher enttäuschenden Meldungen zu den Einkaufsmanagerindizes zu rechnen ist: Im verarbeitenden Gewerbe ist nämlich der Index für die Fertigwarenlager auf den höchsten Stand seit September 2001 gestiegen. Das deutet auf einen ungeplanten Lageraufbau bzw. derzeit stockende Nachfrage hin. Gleichzeitig wurde der Auftragseingang zwar weiterhin als expansiv eingestuft, doch der Auftragsbestand wurde – nahezu wie im Vormonat – mit schwachen 50 Punkten bewertet. Dies sind aber angesichts der mannigfaltigen Belastungsfaktoren (teurer Euro, hoher Ölpreis, rezessive Tendenzen in den USA) immer noch erstaunlich robuste Daten. So hatten auch die meisten Konjunkturbeobachter mit einem Rückgang des Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes gerechnet.

4. Schlechter sieht es allerdings bei den Dienstleistern aus. Hier enttäuschte nicht nur die Einschätzung der Geschäftsaktivität mit ihrem spürbaren Rückgang um 1,1 Punkte auf 52,0 Punkte, was den geringsten Wert seit August 2003 darstellt. Auch die meisten der übrigen aus der Dienstleisterumfrage gewonnenen Indizes waren ungewöhnlich schwach: Das Neugeschäft sank auf 50,2 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit Juli 2003. Das noch ausstehende Geschäft wurde mit 49,9 Punkten erstmals seit August 2005 wieder als schlechter als noch im Vormonat eingestuft. Als positiv zu werten ist – neben dem Beschäftigungsindex (s. unten) – der leichte Anstieg der Geschäftserwartungen. Dies war der zweite in Folge in einem Abwärtstrend, der seit Februar 2007 zu beobachten ist und der jetzt anscheinend dreht. Allerdings ist dieser Index nicht saisonbereinigt und ein Anstieg der Erwartungen im Januar die Regel.

5. Schließlich ist auf einen neuen wie alten Lichtblick hinzuweisen: Der Gesamtindex für die Beschäftigung blieb nahezu unverändert. Das deutet darauf hin, dass die Unternehmen nach wie vor die momentanen Turbulenzen als eine vorübergehende Angelegenheit ansehen und deshalb weiter Beschäftigung aufbauen, um für die bald wieder anbrechenden besseren Zeiten gewappnet zu sein.

6. Und es gab heute noch weitere positive Meldungen aus Euroland. Der Auftragseingang der Industrie stieg im November mit 2,7 % mom (11,9 % yoy) stärker als erwartet (Bloomberg-Median: 1,2 % mom; DekaBank: 2,0 % mom). Damit dürften die Aufträge im vierten Quartal 2007 überraschend kräftig um ca. 3 % qoq zugelegt haben (nach 0,4 % qoq im dritten Quartal). Dies ist für die Industrie der Eurozone ein beruhigendes Sicherheitspolster für die vor ihr liegenden mageren Monaten.

7. Und in Frankreich zeigten sich im Dezember die privaten Konsumausgaben für Industrieprodukte (rund 25 % des gesamten privaten Konsums) explosiv und stiegen um 2,0 % mom (3,9 %yoy). Dieser Wert folgte jedoch auf zwei maue Monate, sodass im Schlussquartal 2007 insgesamt real knapp 0,2 % qoq weniger für Industrieprodukte ausgegeben wurde. Im Dezember wirkte zwar ein Sondereffekt bei den Autokäufen: Der Kauf von großen Autos wurde vorgezogen, um die ab 1. Januar 2008 fällig werdenden höheren Steuern auf solche Pkw zu umgehen, die überdurchschnittlich viel Kohlendioxid ausstoßen (so genanntes „Bonus- Malus-System“). Doch auch in allen anderen Gütergruppen zeigte sich eine Belebung der Nachfrage. Damit ist eine hervorragende Ausgangslage für den privaten Konsum im ersten Quartal geschaffen, in dem derzeit überdurchschnittlich kräftige Rabattaktionen locken und – auch hierdurch – der Schock des Inflationsanstiegs im letzten Herbst verdaut werden sollte.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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