Euroraum verschläft Investitionen in geistiges Eigentum
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Wir analysieren die anhaltenden Wachstumsunterschiede zwischen den USA und dem Euroraum. Dabei konzentrieren wir uns auf Erklärungen, die einander nicht ausschließen: (1) Fundamentale Faktoren als Ursache des Produktivitätsanstiegs in den USA, die es im Euroraum nicht gibt. (2) Ein langsameres Durchschlagen der dies- und jenseits des Atlantiks gleichermaßen straffen Geldpolitik auf die Realwirtschaft in den USA.
Die Unterscheidung zwischen „strukturellen“ und „zyklischen“ Produktivitätssteigerungen in Echtzeit ist schwierig. Dennoch sind wir geneigt, die anhaltend starke US-Wirtschaft mit dem deutlichen Anstieg der Investitionen in geistiges Eigentum (vor allem in Software und Forschung & Entwicklung) seit der Mitte der 2010er-Jahre zu erklären. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten dazu, wie sehr Unternehmen profitieren, wenn sie IT-Techniken wie Cloud Computing nutzen. Während sich die Technologiedebatte zurzeit vor allem um die vielversprechenden Aussichten der KI dreht, kann es gut sein, dass die Verbreitung älterer Technologien – vielleicht begünstigt durch die COVID-Krise – eine „heimliche Revolution“ ausgelöst hat. Interessanterweise hat der Euroraum Investitionen in geistiges Eigentum komplett verschlafen. Während die EU damit beschäftigt ist, etwas mit dem US-amerikanischen IRA and Chips Act Vergleichbares auf die Beine zu stellen und eine Industriepolitik mit interventionistischen Zügen zu betreiben, könnte eine schnellere Auszahlung der Next-GenerationEU-Mittel“ – insbesondere der für die Digitalisierung vorgesehenen Gelder – sinnvoller für die Steigerung der Produktivität sein,.
Die US-Daten aus verschiedenen Quellen mögen uneinheitlich sein, aber die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen deuten darauf hin, dass die Geldpolitik bislang kaum Auswirkungen auf die US-Unternehmen hatte und die Straffung langsamer durchschlägt als im letzten Zinssenkungszyklus vor 20 Jahren. Im Euroraumländern, für die vergleichbare aktuelle Zahlen vorliegen, ist das anders, beispielsweise in Frankreich. Europa könnte deshalb einen Doppelschlag abbekommen: Kein positiver Angebotsschock und ein schnelles Durchschlagen der Geldpolitik der EZB.
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