Europa: Schuldenkrise drückt erneut auf Notierungen
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In der vergangenen Woche waren die internationalen Aktienmärkte per saldo mit Kursabschlägen konfrontiert. Negative Impulse aus der Euro-Peripherie konnten von der Ankündigung eines weiteren Konjunkturprogramms durch US-Präsident Obama nicht aufgewogen werden. Kursgewinne waren hingegen in der Schweiz zu verzeichnen. Die dortige Notenbank will den Franken gezielt schwächen und so die Unternehmen entlasten.
Europa: Schuldenkrise drückt erneut auf Notierungen
Die Schuldenkrise in der Euro-Peripherie belastet weiterhin die Aktienmärkte. Nach schwachem Handelsauftakt konnten die europäischen Leitindizes zwar zur Wochenmitte eine Erholung verzeichnen. Grund für den zwischenzeitlichen Anstieg war die positive Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Griechenlandhilfen. Am Freitag wurde jedoch der Rücktritt von Chefvolkswirt Jürgen Stark aus dem Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) bekannt gegeben. Stark gilt als „Falke“, d.h. als Verfechter einer stabilitätsorientierten Geldpolitik. In der Vergangenheit hatte er mehrfach Bedenken gegen das Staatsanleihe-Ankaufprogramm der Notenbank geäußert. Marktteilnehmer werteten seinen Rücktritt als Zeichen für die inneren Konflikte in der EZB und befürchten nun eine Verschärfung im Streit um die richtigen Konzepte zur Bekämpfung der Schuldenkrise. Nach der Bekanntgabe von Starks Demission kam es zu Kursabschlägen an den Börsen. Verstärkt wurde die Abwärtsbewegung noch von Berichten aus Griechenland. Danach kommt die Regierung mit ihren Sparanstrengungen nur schleppend voran, während gleichzeitig die Konjunktur stärker als ursprünglich angenommen eingebrochen ist. An den Märkten wächst daher die Skepsis, ob Griechenland die angekündigten Sparziele erreichen kann.
Vor diesem Hintergrund verlor der EURO STOXX 50 in der vergangenen Woche 6,6 Prozent an Wert. Besonders deutlich gingen die Notierungen im Finanzsektor zurück. Der STOXX EUROPE 600 Financials gab um 7,8 Prozent nach. Überdurchschnittlich heftig fielen die Verluste bei den französischen Großbanken aus. Die Ratingagentur Moody’s hat für die laufende Woche die Überprüfung der Bonitätseinstufungen für die französischen Kreditinstitute angekündigt. Beobachter fürchten Herabstufungen, da Frankreichs Finanzindustrie stark in Griechenland engagiert ist. Größter Verlierer im EURO STOXX 50 war die Société Générale (SG). Der Aktienkurs rutschte um 21,3 Prozent ab. Als Reaktion hat SG mittlerweile angekündigt, durch Stellenabbau und Spartenverkäufe Kapital in Höhe von bis zu vier Milliarden Euro zu generieren. Aktien von Crédit Agricole (-12,7 Prozent) und BNP Paribas (-10,8 Prozent) verloren ebenfalls deutlich, jedoch fiel das Minus hier geringer aus.
USA: Obama schlägt weiteres Konjunkturprogramm vor
In den USA hat Präsident Obama dem Kongress ein erneutes Konjunkturprogramm im Volumen von 447 Mrd. US-Dollar vorgeschlagen. Die Maßnahmen sollen Ausgaben über 195 Mrd. US-Dollar in Infrastruktur und soziale Bereiche sowie Steuererleichterungen von 252 Mrd. US-Dollar umfassen. Im Falle einer Annahme würde die Konjunktur in den USA mit etwa einem halben Prozentpunkt des Brutto-Inlandsprodukts (BIP) stimuliert. Obama ist jedoch auf die Zustimmung der oppositionellen Republikaner im Parlament angewiesen, daher ist die Umsetzung des Pakets fraglich. Der Vorstoß wurde deshalb zunächst mit Zurückhaltung an den US-Börsen aufgenommen und konnte die negativen Impulse aus Europa nicht aufwiegen. Im Wochenvergleich verlor der Dow Jones Industrial Average 2,2 Prozent an Wert.
Einen Kurssprung verzeichneten hingegen Aktien von Yahoo. Zuvor war die Konzernchefin Carol Bartz entlassen worden. Bartz hatte nach ihrem Antritt im Januar 2009 die Führung bei dem Internetpionier ausgetauscht und Kostensenkungen durchgesetzt. Kritiker bemängelten jedoch die fehlende strategische Weiterentwicklung des Unternehmens. In den vergangenen Jahren hatte Yahoo gegenüber Konkurrenten (wie Google und Facebook) an Boden verloren. Im Anschluss an die Entlassung kletterte die Yahoo-Aktie deutlich und schloss mit einem Wochengewinn von 12,5 Prozent.
Schweizer Notenbank schwächt Franken – SMI steigt
Aufgrund der Unsicherheiten in der Eurozone war der Schweizer Franken (CHF) in den vergangenen Wochen von starken Aufwertungstendenzen betroffen. Ausgehend von einem Niveau von 1,3 CHF je Euro zu Jahresbeginn hatte die Währung im August zeitweise annähernd die Parität zur Gemeinschaftswährung erreicht. Für die exportstarke Schweizer Volkswirtschaft, deren Ausfuhren zum Großteil in die Eurozone gehen, bedeutete dies eine erhebliche finanzielle Belastung und einen spürbaren Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Wiederholte Versuche der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Franken durch einzelne, isolierte Interventionen zu schwächen, schlugen fehl. Der Schweizer Leitindex SMI hatte in der Folge mit erheblichem Gegenwind zu kämpfen. Letzte Woche gaben die eidgenössischen Notenbanker nun bekannt, künftig keinen Wechselkurs unterhalb der Marke von 1,2 CHF je Euro mehr zu akzeptieren. In deutlichen Worten kündigte die SNB an, diese Grenze mit allen Mitteln zu verteidigen. Im Ergebnis gab der CHF spürbar nach und pendelte sich knapp oberhalb der anvisierten Schwelle ein. Der Leitindex SMI reagierte mit Kurserholungen. In der vergangenen Woche legte das Börsenbarometer in einem schwachen Umfeld um 1,3 Prozent zu.
Ausblick
In Europa geht das Tauziehen um die Währungsunion weiter. In den Niederlanden, Finnland, Österreich, Luxemburg und Belgien stimmen die Parlamente über die Aufstockung des EU-Rettungsschirms ab. Darüber hinaus reist ein Kontrollgremium von Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission erneut nach Athen. Der Bericht dieser „Troika“ entscheidet über die Auszahlung der nächsten Hilfstranche an Griechenland. Daneben rücken erneut Frühindikatoren in den Blickpunkt. Am Donnerstag stehen in den USA mit dem Empire State und dem Philly Fed Index zwei wichtige „Konjunkturvorboten“ zur Veröffentlichung an. Am Freitag folgt die Erhebung der Universität von Michigan zum Konsumentenvertrauen.
Quelle: Union Investment
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