Kommentar
13:33 Uhr, 20.12.2011

Europa: Kursrallye nach EU-Gipfel blieb aus

Enttäuschung nach dem EU-Gipfel und schwache Konjunkturdaten schickten Europas Börsen in der vergangenen Woche auf Talfahrt. Dem Verkaufsdruck konnten sich auch die Börsen in anderen Regionen der Welt nicht entziehen, wenngleich es dort auch positive Nachrichten gab.

Europa: Kursrallye nach EU-Gipfel blieb aus

Die sonst unmittelbar nach einem EU-Gipfel zu beobachtende Kursrallye an den europäischen Aktienmärkten blieb diesmal aus. Nach den vergangenen Treffen folgten für gewöhnlich mehrere Tage mit deutlichen Kursgewinnen, ehe sich dann letztlich doch Enttäuschung unter den Marktteilnehmern breit machte. Diesmal gingen die Indizes hingegen gleich auf Talfahrt. Daran zeigt sich, wie schwierig es inzwischen geworden ist, die Erwartungen der Anleger zu übertreffen. Insgesamt kann jedoch bilanziert werden, dass die in Brüssel getroffenen Entscheidungen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sind. Viele Marktteilnehmer merken jedoch an, dass die angestoßene Fiskalunion erst langfristig bei der Lösung der Krise helfen kann. Kurzfristig fordern sie weitere Unterstützung durch die Notenbanken. Doch sowohl die EZB, als auch die US-Währungshüter haben auf die Ankündigung außergewöhnlicher Maßnahmen - wie etwa umfangreiche Ankaufprogramme - verzichtet. Darüber hinaus richtete sich die Aufmerksamkeit wieder verstärkt auf die schwachen Konjunkturdaten. Zwar fiel die Umfrage unter den europäischen Einkaufsmanagern mit 47,9 Punkten leicht besser als erwartet aus. Werte unter 50 Zählern signalisieren jedoch eine drohende Rezession. Auch der unter Finanzprofis erhobene ZEW-Index konnte sich nur unwesentlich verbessern und deutet ebenfalls auf eine leicht rückläufige Wirtschaftsdynamik hin. Entlastung könnten mögliche Konjunkturpakete bringen. Angesichts der dringend notwendigen Sparmaßnahmen in den Staatshaushalten der Euroländer ist damit vorerst aber nicht zu rechnen.

Eine erhoffte Jahresendrallye blieb somit aus und Anleger trennten sich von risikobehafteten Werten. Die zurückhaltende Stimmung wird auch beim Blick auf die Entwicklung der jeweiligen Sektoren deutlich. Zyklische, also stark konjunkturabhängige, Branchen standen besonders unter Abgabedruck. Schlusslicht im Stoxx600 bildeten Aktien von Automobilunternehmen mit einem Minus von fast acht Prozent. Zusätzlich zu den Sorgen über die weitere wirtschaftliche Entwicklung lastete auch noch ein von China verhängter Strafzoll auf den Notierungen. Die Einfuhrbeschränkung ist ein weiterer Tiefpunkt im Handelsstreit mit den USA und entfällt auf Fahrzeuge, die in den USA produziert und im Reich der Mitte verkauft werden. Leider trifft dies auch deutsche Hersteller wie BMW, die ein Werk im US-Bundestaat South Carolina unterhalten. Finanzwerte mussten teilweise zweistellige Verluste hinnehmen. Ursache hierfür waren vor allem die Ergebnisse des letzten Bankenstresstest sowie gleich mehrere Ratingentscheidungen, die für nahezu jede europäische Bank einen Bonitätsverlust von zwei Stufen bedeutete. Defensive Werte waren hingegen gefragt. Pharmatitel legten in einem schwachen Umfeld, in dem der EUROSTOXX 50 knapp sechs Prozent an Wert verlor, sogar leicht zu.

USA: Börsengang von Zynga

Die US-Börsen konnten sich - trotz einer Reihe positiver Nachrichten - den negativen Vorgaben aus Europa nicht entziehen. Im Wochenvergleich büßte der Dow Jones Industrial Average 2,6 Prozent ein. Wenn es allein nach den Konjunkturdaten gegangen wäre, hätte es eine erfreuliche Woche für US-Aktionäre werden können. Sowohl der Philly-Fed-Index als auch der Empire State Indikator signalisierten eine weitere Wirtschaftsbelebung. Darüber hinaus war auch eine wesentliche Verbesserung am US-Arbeitsmarkt festzustellen. Zuletzt beantragten nur noch 366.000 Bürger erstmals Arbeitslosenhilfe. Lange Zeit lag die Zahl noch bei 450.000 und höher.

Ein Beleg dafür, dass der US-Markt in recht guter Verfassung ist, dürfte auch der Börsengang von Zynga gewesen sein. Das Unternehmen bietet Onlinespiele auf Portalen von sozialen Netzwerken wie Facebook an. Zu dem hierzulande bekanntesten Spiel zählt FarmVille mit weltweit bis zu 80 Mio. aktiven Nutzern. Bei einem Volumen von 1,0 Mrd. US-Dollar war es die nach Google (1,9 Mrd.) zweitgrößte Erstnotiz einer Internetfirma. Am Ende des ersten Handelstages notierten die Aktien allerdings leicht unter dem Ausgabepreis.

Japan: Aussichten kurzfristig eingetrübt

Nexon, die japanische Konkurrenz von Zynga versuchte sich ebenfalls am Börsendebüt. Mit einem Erlös von umgerechnet 960 Mio. Euro war es Japans größter Börsengang in diesem Jahr. Am Ende der Woche aber notierte Nexon mehr als 15 Prozent schwächer. Im Vergleich zu den Wettbewerbern war die Aktie Analysten zu folge schlichtweg zu teuer bewertet.

Insgesamt leidet der japanische Aktienmarkt weiterhin unter dem starken Yen. Für das exportorientierte Land bedeutet das ein geringes Interesse an seinen Waren aus dem Ausland. In einigen Branchen wirkt sich zudem noch immer die Flutkatastrophe in Thailand negativ aus, da dort wichtige Zulieferer für Japans Industrie sitzen. Aufgrund der kurzfristig geringen Wachstumsaussichten haben etliche Investoren Geld aus der Anlageregion abgezogen. Allein in der abgelaufenen Woche betrug der Abfluss 2,7 Mrd. Euro.

Ausblick

Aus konjunktureller Sicht steht uns eine vergleichsweise ruhige Woche bevor. In Deutschland wird lediglich der ifo-Index veröffentlicht. Nachdem zuletzt sowohl bei den Einkaufsmanagerindizes als auch beim ZEW-Index eine leichte Verbesserung auszumachen war, könnte sich auch der ifo-Index stabilisieren. In den USA stehen vor allem am Freitag wichtige Daten zur Veröffentlichung an. Analysten rechnen mit einem starken Anstieg der Auftragseingänge für langlebige Güter. Dies ist jedoch einem hohen Ordereingang beim Flugzeughersteller Boeing geschuldet. Ohne diesen Sondereffekt dürfte es zu keinen großen Veränderungen zum Vormonat gekommen sein.

Mit Blick auf die anstehenden Feiertage rechnen wir mit einem sukzessive abnehmenden Handelsvolumen. Somit haben bereits kleine Orderaufträge das Potenzial größere Kursausschläge zu verursachen. Die Volatilität sollte daher unvermindert hoch bleiben.

Quelle: Union Investment

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