Euroland: Einkaufsmanagerindizes - Erwartungsdepression
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1. Der Gesamtindex der Einkaufsmanager fiel im Juli erneut deutlich – und zwar um 1,5 Punkte auf jetzt nur noch 47,8. Damit notiert er so niedrig wie seit November 2001 nicht mehr und zeigt eine rückläufige Wirtschaftsaktivität an. Dies stellte zum dritten Mal in Folge für die meisten Konjunkturbeobachter eine negative Überraschung dar (Reuters-Median: 49,0; DekaBank: 48,4). Auch die Gesamtindizes Eurolands für die Neuaufträge (-1,6 Punkte auf 46,4) und für die Beschäftigung (-1,3 Punkte auf 49,4) fielen weiter zurück. Der Index für die Dienstleister der Eurozone gab um 0,8 Punkte auf 48,3 nach, der für das verarbeitende Gewerbe sogar um 1,7 Punkte auf nur noch 47,5.
2. Bemerkenswert am Index für die Dienstleister ist zunächst die Tatsache, dass die heute ebenfalls veröffentlichten Daten für Deutschland und Frankreich in unterschiedliche Richtungen weisen: Während der deutsche Einkaufsmanagerindex der Dienstleister um 1,2 Punkte auf 53,3 steigen konnte, sank derjenige für Frankreich um 3,1 Punkte auf nur noch 47,0. Das ist der niedrigste Stand seit Beginn der Erhebung im Mai 1998. Im März hatte der französische Index noch über zehn Zähler höher notiert. Der deutsche Indexstand sollte aber nicht überbewertet werden, da die übrigen Teilreihen der Einkaufsmanagerumfrage den – auch für Deutschland zu beobachtenden – Abwärtstrend bestätigen. Dennoch: Will man noch von einem Fels in der konjunkturellen Brandung sprechen, es ist nur noch Deutschland. Frankreich hat sich nach den heutigen Zahlen als Stützpfeiler des Euroraums definitiv verabschiedet, zum auch das nationale Geschäftsklima im Juli weiter deutlich von 102 auf 99 Punkte nachgegeben hat.
3. Aus den heutigen Daten lässt sich ferner berechnen, wie sich die noch nicht veröffentlichten Dienstleisterindizes für Italien, Spanien und Irland durchschnittlich im Juli entwickelt haben müssen: Aufgrund des Anstiegs in Deutschland müssen sie stärker als der Euroland-Index gefallen sein, im Mittel um 1,5 Punkte. Damit würden der italienische Index bei 47 Punkten, der spanische bei 35,2 und der irische bei 40,4 notieren.
4. Schließlich lohnt wieder ein Blick auf die Geschäftserwartungen der Dienstleister für die nächsten zwölf Monate. Denn diese signalisieren sogar Depression. Der – nicht saisonbereinigte und deshalb schwer interpretierbare – Index ist im Juli um 5,7 Punkte auf nur noch 50,2 gefallen. Das ist der schlechteste Wert, der jemals (also seit Juli 1998) erhoben wurde (s. Grafik). Auch der Abstand zum Mittelwert des Erwartungsindex im Berichtsmonat war noch nie so groß. Die Folge? Wer unter einer Erwartungsdepression leidet, der wird seine Geschäftsaktivitäten kaum ausweiten, sondern eher Investitionen und Beschäftigung (weiter) zurückschrauben. Übrigens: Die Rückgänge der Geschäftserwartungen waren bei den deutschen und französischen Dienstleistern – gemessen am Eurolandwert – unterdurchschnittlich. Damit dürften sich die Aussichten für die ohnehin schon stark angeschlagenen Länder Italien, Spanien und Irland nochmals enorm eingetrübt haben.
5. Noch ein Wort zum verarbeitenden Gewerbe: Hier fiel auf, dass der Index für die Bewertung der Neuaufträge um 3,2 Punkte auf nur noch 44,0 Punkte eingebrochen ist. Das ist der niedrigste Stand seit Dezember 2001. Hingegen sank die Beurteilung des Outputs „nur“ um 2,7 Punkte auf 46,9. Das bedeutet für die Produktion der nächsten Monate nichts Gutes, zumal auch der Index für den Auftragsbestand um 2,9 Punkte auf nur noch 45,1 nachgab (niedrigster Stand seit Beginn der Erhebung im November 2002). Die Entwicklung des Index für das verarbeitende Gewerbe verlief in den einzelnen Ländern ähnlich, nur das Niveau liegt allein in Deutschland noch über 50 Punkten (Deutschland: 50,9; Frankreich: 47,3).
6. Fazit: Die kurz- bis mittelfristigen Aussichten für die Eurolandwirtschaft sind sehr schlecht. Denn es fehlt derzeit an Phantasie für neue Impulse. Und zudem hat die Europäische Zentralbank nun – konjunkturell gesehen zur Unzeit – mit ihrem restriktiveren Kurs ernst gemacht. Die Zeiten werden wieder schwerer.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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