Euroland: Bruttoinlandsprodukt - Sandwichquartal
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
1. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Eurolands nahm preis-, saison- und kalenderbereinigt laut einer ersten Schätzung Eurostats (zu der noch keine Details veröffentlicht wurden) im ersten Quartal um 0,7 % qoq (2,2 % yoy) zu. Dies übertraf die Erwartungen der meisten Konjunkturbeobachter deutlich (Bloomberg-Median und DekaBank: 0,5 % qoq). Im Vorquartal war das BIP nur um 0,4 % qoq (2,2 % yoy) gestiegen. Weiterhin ist aber darauf hinzuweisen, dass die als sehr schwach zu erwartenden italienischen Zahlen noch keinen Eingang in die Berechnung gefunden haben – weder für das Schlussquartal 2007 noch für das erste Quartal 2008. Hier besteht also Potenzial für Abwärtskorrekturen der heute veröffentlichten Zahlen.
2. Zugegeben: Das BIP-Wachstum Eurolands war zu Jahresbeginn viel kräftiger als erwartet. Aber es war auch von einmaligen Sondereffekten geprägt. Diese fallen derzeit bereits weg. Insofern ist das erste Quartal ein Sandwichquartal – eingerahmt von zwei eher schwachen Vierteljahren.
3. Das vierte Quartal war gekennzeichnet von Streiks in Deutschland, Frankreich und Italien. Hierdurch (und durch die relativ ungünstige Lage des Weihnachtsfests unter der Woche) wurde die Produktion bei vollen Auftragsbüchern behindert. Entsprechend gab es beim Output in den ersten drei Monaten des laufen den Jahres Nachholbedarf. Seitdem hat sich die Auftragseingangsdynamik im Euroraum aber merklich abgeschwächt. Damit haben sich die Wachstumsperspektiven eingetrübt, was nicht zuletzt an den fallenden Stimmungsindikatoren im April abzulesen ist (ifo, INSEE, Economic Sentiment, Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes).
4. Das laufende Quartal hat also unter schlechten Vorzeichen begonnen. Es wird auch durch den Wegfall der bereits genannten Sondereffekte belastet. Welche waren das? Im Wesentlichen sind hier die – vor allem in Deutschland – explodierenden Bauinvestitionen zu nennen. Diese Entwicklung wurde durch den sehr milden Winter begünstigt: Es konnte anders als sonst üblich am Bau durchproduziert werden. Entsprechende Impulse fehlen derzeit, vielmehr ist bei den Bauinvestitionen sogar mit einer Gegenbewegung im laufenden Vierteljahr zu rechnen. Außerdem ist auf die Industrieproduktion und den bereits erwähnten Nachholeffekt zu Jahresbeginn zu verweisen. Auch dieser verschwindet momentan. Zu guter letzt ist auch das ungewöhnlich frühe Osterfest zu nennen, das den privaten Konsum gestützt haben sollte.
5. Beunruhigend ist überdies die zunehmende Heterogenität des Wachstums im Euroraum. Während Deutschland mit einem Plus von 1,5 %qoq das stärkste BIP-Wachstum seit 1996 verzeichnete, war die BIP-Zunahme in Spanien mit 0,3 % qoq so schwach wie zuletzt 1995. In Portugal BIP schrumpfte zu Jahresbeginn sogar. Für Italien fehlen seit Ende 2007 Daten. Hier ist aber eine seit Mitte 2007 per Saldo in etwa stagnierende Wirtschaftsleistung zu erwarten. Schließlich ist Frankreich zu erwähnen: Es konnte zu Jahresbeginn mit 0,6 % qoq etwas über seiner Potenzialwachstumsrate expandieren. Starke Investitionen und Exporte (Airbus, Automobilbranche) machten das möglich.
6. Die weiteren Aussichten sind für Euroland trotz der heutigen Wachstumsüberraschung mau. Es bleiben die bekannten Belastungsfaktoren (Euro, Rohstoffpreise, Finanzmarktspannungen, schwächere Weltwirtschaft). Die Sondereffekte des ersten Quartals (Bau, Nachholeffekte, frühes Osterfest) fallen weg. Für das laufende Quartal prognostizieren wir kaum mehr als Stagnation des BIP. Sollten wir für Euroland die BIP-Prognosen für 2008 demnächst etwas nach oben revidieren, dann wäre das allein auf das stärker als erwartete erste Quartal zurückzuführen. Bis Ende 2009 rechnen wir mit Wachstumsraten (im Vergleich zum Vorquartal), die nur in Ausnahmefällen die Potenzialrate von 0,5 % erreichen oder leicht überschreiten sollte.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.