Euroland: Auch hausgemachte Probleme belasten
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Eine desaströse Handelswoche mit deutlich nachgebenden Kursen liegt hinter uns. Der eigentliche Paukenschlag erreichte die internationalen Aktienmärkte dabei am Freitag. Ein schwacher US-Arbeitsmarktbericht führte zu einem nachgebenden US-Dollar, was wiederum den Ölpreise auf ein Rekordniveau von 139 USD pro Barrel WTI trieb. Investoren zogen sich in Scharen aus den Aktienmärkten zurück und suchten den sicheren Hafen der festverzinslichen Wertpapiere auf.
USA: Schwacher Arbeitsmarkt sorgt für Kurssturz
Mit einem Tagesverlust von rund 395 Punkten bzw. gut drei Prozent reagierte der Dow Jones Industrial Average am Freitag auf erschreckend schlechte Nachrichten vom Arbeitsmarkt. So war die Beschäftigung im Mai erneut um 49.000 Stellen gesunken und - was Anleger besonders verunsicherte - die Arbeitslosenrate auf 5,5 Prozent (von 5,0 Prozent im Vormonat) empor geschnellt. Dies stellte den stärksten Anstieg seit 1986 dar. Mit dieser Nachricht schwanden Erwartungen, die FED könnte möglicherweise auf ihrer Oktober-Sitzung zur Eindämmung der Inflation eine Zinserhöhung beschließen. Infolge dessen brach der Wechselkurs des US-Dollar ein und der Ölpreis kletterte auf ein Rekordniveau von 139 USD pro Barrel WTI.
In diesem Szenario ist das Wort "Stagflation" (sinkendes Wachstum bei steigender Inflation) wieder als Schreckgespenst in aller Munde. So wird die bereits angeschlagene US-Konjunktur durch die hohen Ölnotierungen, die den privaten Konsumenten infolge steigender Benzinpreise erheblich treffen, noch weiter belastet. Eine Abschwächung des Ölpreises, der binnen zwei Tagen von 122 auf 139 USD explodierte, wird nicht erwartet. Im Gegenteil. Die Prognosen zielen auf Notierungen von 150 USD pro Barrel in kürzester Zeit ab. Wie ernst dabei das Inflationsproblem gesehen wird, zeigte sich an den jüngsten Äußerungen des FED-Präsidenten. So warnte Ben Bernanke, dass die Teuerung mittlerweile ein Niveau erreicht hat, das eine Gefahr für das Wachstum darstellt. In diesem Szenario sorgten gute Zahlen aus dem Einzelhandel nur kurzfristig für eine Stimmungsaufhellung.
Unter dem hohen Ölpreis litten vor allem die Sektoren Luftfahrt und Automobil. Darüber hinaus hatte der Automobilsektor mit deutlichen Absatzproblemen im Mai zu kämpfen.
Aber nicht nur Konjunktur und Ölpreis stellten in der Berichtswoche Belastungsfaktoren für den US-Aktienmarkt dar. Wieder einmal war es der Finanzsektor und die Furcht vor weiteren Verlusten aus der Finanzkrise, die Anleger in Aufregung versetzten. Zudem stufte Standard & Poor's die Ratings der Monoliner Ambac und MBIA sowie der Investmentbanken Lehman Brothers, Merrill Lynch und Morgan Stanley herab. Auch gab es Gerüchte um eine nötig werdende Kapitalerhöhung bei Lehman Brothers. Und Washington Mutual sowie Wachovia meldeten Entlassungen auf der Führungsebene.
In diesem Umfeld ging die Nachricht, dass Verizon Wireless den Service Provider Alltel Corp. erwerben will und dadurch noch vor AT&T zum größten Telekomanbieter aufrücken wird, nahezu vollständig unter.
Euroland: Auch hausgemachte Probleme belasten
Die Aktien in Euroland mussten in der zurückliegenden Handelswoche ebenfalls hohe Kursverluste hinnehmen. Dabei wirkten nicht nur negative Vorgaben aus den USA als Belastungsfaktor. Auch hausgemachte Probleme schickten die Notierungen auf Talfahrt.
So wurden die Märkte durch die Krise bei der britischen Hypothekenbank Bradford & Bingley wieder an die weiterhin lauernde Finanzkrise erinnert. Auch musste Crédit Agricole unerwartet hohe Zugeständnisse bei seiner Kapitalerhöhung machen. Noch zuvor gehegte Hoffnungen, dass das Gros an Negativmeldungen aus dem Finanzsektor hinter uns liegt, gerieten damit ins Wanken. Lediglich der geplante Verkauf der Postbank, dessen Countdown mittlerweile wohl läuft, sorgte zeitweilig für eine gewisse Aufmunterung unter den Anlegern.
Darüber hinaus belasteten zahlreiche negative Analystenkommentare das Geschehen. So rechnet beispielsweise JP Morgan mit deutlich höheren Wertberichtigungen bei kontinentaleuropäischen Banken. Société Générale stellte Continental zum Verkauf und es kamen kritische Äußerungen zum Automobilsektor, der auf dem wichtigen US-Markt im Mai deutliche Absatzeinbußen zu verzeichnen hatte.
Für erhebliche Unruhe sorgten zudem Äußerungen von EZB-Chef Jean-Claude Trichet. Der Notenbankpräsident wies verstärkt auf die derzeitigen Inflationsrisiken im Euroraum hin und ließ damit das Tor zu Zinserhöhungen im Juli weit offen.
Lediglich das wieder anspringende M&A-Karussell sorgte zwischenzeitlich für eine gewisse Entlastung. So will überraschenderweise der weltgrößte Autozulieferer Bosch den Solarzellenhersteller Ersol für 1,1 Mrd. Euro kaufen. Übernahmegelüste werden auch Siemens nachgesagt und Vodafone profitierte durch seine Beteiligung an Verizon Wireless an dessen Interesse an Alltel.
Japan: Nikkei im Plus
Der japanische Aktienmarkt war unter den etablierten Börsen der einzige mit positiver Wochenbilanz. Ein gegenüber dem Yen etwas stärkerer US-Dollar verhalf den Exportwerten zu Kurssteigerungen und so dem Nikkei Index zu seinem Plus. Der wesentliche Grund für das gute Abschneiden war allerdings die Zeitverschiebung. So hat die japanische Börse den Kursrutsch, dem die US- und europäischen Märkte am Freitag ausgesetzt waren, erst am heutigen Montag nachvollzogen. Der Nikkei Index verlor 308 Punkte bzw. 2,1 Prozent.
Ausblick
In der laufenden Handelswoche wird das Interesse der Anleger insbesondere auf Konjunkturzahlen aus den USA gerichtet sein. Dabei dürften sowohl das Beige Book als auch das Verbrauchervertrauen auf besonderes Interesse stoßen. Im Euroraum sind außer den Daten zur Industrieproduktion keine wesentlichen Wirtschaftszahlen zu erwarten.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 163,4 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. März 2007. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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