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23:00 Uhr, 04.05.2012

Eurokrise im Überblick: Angst vor den Wahlen am 6. Mai!

Wochenende, 28./29. April:

Bundeskanzlerin Angela Merkel schließt eine stärkere Finanzierung von Wachstumsprogrammen durch die Europäische Investitionsbank (EIB) nicht aus. "Ich kann mir auch vorstellen, dass wir die Möglichkeiten der Europäischen Investitionsbank noch verstärken", sagte sie der Leipziger Volkszeitung.

Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Frank Walter Steinmeier muss die Abstimmung über den Fiskalpakt verschoben werden. "Der Zeitplan, bis Ende Mai im Bundestag zu beschließen, ist so keinesfalls mehr zu halten", sagte er der "SZ". "Eine Zwei-Drittel-Mehrheit kann man nicht im Hauruck-Verfahren verhandeln".

Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker will mit Francois Hollande über den Fiskalpakt reden, sollte er die Wahl in Frankreich am 6. Mai gewinnen. "Die Vorstellung, dass man den Vertrag von Grund auf neu verhandelt und substanzielle Elemente aus dem Text herausnimmt, ist eine Wunschvorstellung", sagte er der "Welt am Sonntag".

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sieht in der aktuellen Schuldenkrise die Gefahr eines Auseinanderbrechens der europäischen Einheit. "Ich gebe zu, dass ich einen Bruch zwischen Nord- und Südeuropa befürchte", sagte er in einem Interview der spanischen Zeitung "El País".

In Spanien haben heute tausende Bürger gegen die Sparpolitik der Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy protestiert. Die Gewerkschaftsverbände CCOO (Arbeiterkommissionen) und UGT (Allgemeine Arbeiterunion) hatten in mehr als 55 Städten zu Protesten aufgerufen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel geht davon aus, dass der Fiskalpakt bald durch einen Wachstumspakt ergänzt wird. "Ich bin trotz aller rhetorischen Verrenkungen der Kanzlerin sicher: Der Fiskalpakt wird in kürzester Zeit durch einen Pakt für Wachstum und Beschäftigung ergänzt", sagte er am Sonntag.

Montag, 30. April:

Innerhalb der US-Notenbank Fed wachsen die Sorgen wegen der Lage in der Eurozone. "Ich bin sehr besorgt über das Risiko einer neuerlichen Verschärfung in der Schuldensituation der europäischen Staaten und im europäischen Finanzsystem. Das Schlimmste ist noch nicht vorbei", sagte FOMC-Mitglied John Williams dem "Handelsblatt".

Nobelpreisträger Joseph Stiglitz glaubt, dass "Europa auf einen Selbstmord zusteuert". "Es hat noch niemals ein erfolgreiches Sparprogramm in einem größeren Land gegeben", sagte der 69-Jährige laut Bloomberg.

Spanien sucht Lösung für die notleidenden Kredite der heimischen Banken. Die problematischen Kredite sollten aus den Büchern der Kreditinstitute herausgenommen und in einer "Bad Bank" gebündelt werden, berichtet die Financial Times unter Berufung auf Regierungsvertreter.

Eurogruppenchef Juncker: Wir benötigen ein stärkeres Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone, doch nicht auf Kosten der Haushaltskonsolidierung.

Nach Ansicht von IWF-Chefökonom kann die Eurozone ihre Probleme auf Dauer nur lösen, wenn Deutschland eine Inflation von 5 oder 6 Prozent pro Jahr akzeptiert.

Geldmenge in der Eurozone steigt immer schneller. Vor allem aufgrund der zunehmenden Kreditvergabe an die öffentlichen Haushalte ist das Geldmengen-Aggregat M3 im März um 3,2 Prozent gestiegen, nach +2,8 Prozent im Februar, +2,5 Prozent im Januar und +2,0 Prozent vor einem Jahr.

Dienstag, 1. Mai:

Nach einem Bericht der spanischen Zeitung "El Pais" ziehen sich ausländische Investoren aus dem spanischen Anleihenmarkt zurück. Ihr Anteil sei von 50,5 Prozent im Dezember auf 37,5 Prozent im März gesunken.

Thorsten Polleit, ehemaliger Chefvolkswirt von Barclays Capital, warnt vor Hyperinflation und einem Ende des Papiergeldes. Schon in drei Jahren könnte der Papiergeldstandard Vergangenheit sein, sagte er dem "Handelsblatt".

Mittwoch, 2. Mai:

Internationale Anleger haben im März spanische Staatsanleihen im Wert von 20 Milliarden Euro verkauft und ihr Engagement damit um 9,3 Prozent reduziert. Heimische Banken haben ihre Bestände in fast gleicher Größenordnung aufgestockt. Sie halten laut Bloomberg nun Papiere im Wert von rund 263 Milliarden Euro nach knapp 178 Milliarden Euro vor einem halben Jahr.

Die Euro-Staaten wollen das Wirtschaftswachstum in der Währungsunion offenbar mit Hilfe eines milliardenschweren Kreditprogramms ankurbeln. Wie die "SZ" unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, soll das Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank (EIB) um 10 Milliarden Euro aufgestockt werden.

Nach Berechnungen von HSBC Trinkaus haben die Euroländer in diesem Jahr bis Ende April zusammen 319,3 Milliarden Euro am Anleihemarkt eingesammelt. Das seien 38,4 Prozent des jährlichen Mittelbedarfs. Sorge bereite Italien, so HSBC-Anleiheexperte Sebastian von Koss. Italien habe erst 31,6 Prozent seines Mittelbedarfs gedeckt und könne deshalb auch bei weiter steigenden Zinsen nicht auf Emissionen verzichten.

S&P stuft Griechenland von "teilweisem Zahlungsausfall" auf "CCC" hoch. Ausblick stabil.

Spanischer Wirtschaftsminister: Es gibt keinen Plan, dass die spanische Regierung spanischen Banken unter die Arme greift +++ Spanische Banken werden wahrscheinlich Vermögenswerte verkaufen +++ Neue Regeln für die Auslagerung von toxischen Wertpapieren.

Der niederländische Oppositionspolitiker Geert Wilders plädiert für einen Austritt aus dem Euro und sogar aus der EU und macht das Thema zum Haupt-Wahlkampfthema.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund verschärft seine Kritik am Fiskalpakt: "Damit würde nicht nur das Recht, den eigenen Haushalt zu gestalten, massiv eingeschränkt und teilweise auf die EU-Kommission übertragen. Er würde zusätzlich den Druck erhöhen, mehr Sozialabbau durchzusetzen, Löhne im öffentlichen Sektor zu senken und öffentliche Investitionen zurückzufahren". Verdi-Chef Frank Bsirske nennt den Pakt undemokratisch und bezeichnet ihn als "tickende Zeitbombe" für Europa.

Der Billionenkredit der EZB verfehlt sein Ziel. Die Banken stecken das billige Geld lieber in den Rückkauf eigener Anleihen als in die Unternehmen der Problemländer, wie das "Handelsblatt" berichtet. Damit kommt das Geld nicht in der Realwirtschaft an.

Die EU-Finanzminister können sich nicht auf schärfere Eigenkapitalvorschriften für die Banken einigen. Bis Mitte Mai soll es nun endgültig zu einem Kompromiss kommen.

Laut einer Notiz der Royal Bank of Scotland an ihre Kunden haben die italienischen Banken bereits 46,4 Prozent der Mittel, die sie über die langfristigen Refinanzierungsgeschäfte von der EZB aufgenommen haben, verbraucht. Bei den spanischen Banken seien es 42,3 Prozent.

Donnerstag, 3. Mai:

Spanien platziert Anleihen mit Laufzeiten 2015-2017 im Gesamtvolumen von 2,516 Milliarden Euro. Maximalziel von 2,5 Milliarden Euro damit erreicht. Nachfrage robust. Renditen aber deutlich gestiegen. Rendite der 3-jährigen Papiere steigt von 2,6% auf gut 4%, Rendite der 5-jährigen Papiere steigt von rund 3,7% auf fast 5%.

Schuldenagentur des Bundes: Geringere Nachfrage nach Bundesanleihen mit langer Laufzeit stellt kein Risiko für die Finanzierung des Bundeshaushalts dar +++ Sind besorgt über die niedrige Nachfrage wegen der Euro-Krise +++ Auktionskalender soll nicht verändert werden.

Griechenland: Haushaltsdefizit beläuft sich im ersten Quartal bereits auf 4,7 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr will Athen mit einer Neuverschuldung von 13,3 Milliarden Euro auskommen.

Hugh Hendry, CIO und Co-Gründer von Eclectica Asset Management, prognostiziert, dass Frankreich in etwa einem Jahr seinen kompletten Finanzsektor verstaatlicht haben wird.

Nach Ansicht von Deutsche Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer wird 2012 das Schicksalsjahr für den Euro. Sollten die Krisenländer Spanien und Italien nicht Kurs halten, werde Deutschland über einen Ausstieg nachdenken müssen, sagte er dem "Wall Street Journal".

Freitag, 4. Mai:

Nach einem Bericht der "SZ" ist der französische Präsidentschaftskandidat François Hollande bei einem Wahlsieg am Sonntag zu einer "pragmatischen Lösung" im Streit über den Fiskalpakt bereit. Der Pakt solle nicht neu verhandelt, sondern um Wachstumselemente ergänzt werden. Die Bundesregierung erwartet für den Fall eines Machtwechsels in Frankreich keinen Bruch im Verhältnis zum wichtigsten EU-Verbündeten.

Nach einem Bericht der griechischen Zeitung "ekathimerini" sind die faulen Kredite der griechischen Banken auf 17 Prozent gestiegen.

Nach Ansicht von Fitch ist ein Auseinanderbrechen der Eurozone wahrscheinlicher geworden. In ihrem Basisszenario geht die Ratingagentur aber weiterhin davon aus, dass der Euroraum intakt bleibt.

Fitch: Aktuelle Krise legt den grundsätzlichen Konstruktionsfehler des Euro offen. Die fehlende gemeinsame Wirtschaftspolitik, müsse nun durch fundamentale Reformen beseitigt werden.

Wall Street Journal: Die Parlamentswahl am Sonntag dürfte in Griechenland zu derart instabilen Verhältnissen führen, dass Politiker der beiden größten Parteien im Land bereits mit Neuwahlen in nur wenigen Monaten rechnen. Dies könnte die Rettungsschirme in Frage stellen und die Finanzkrise noch einmal deutlich verschärfen.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer: Italien hinkt der Entwicklung im Euroraum strukturell weit hinterher. "Die Rahmenbedingungen für Unternehmen sind katastrophal und auf dem Niveau eines Entwicklungslandes."

Marktgerücht: Der Vorsitzende der spanischen Bank Banco Santander hat angeblich bei der EZB die Neuauflage einer LTRO angefragt.

Griechenland: Der Spitzenkandidat der konservativen griechischen Partei Nea Dimokratia, Antonis Samaras sichert Deutschland die Rückzahlung der geleisteten Kredite auch nach der Wahl zu. Seine Partei ist derzeit mit circa 25 Prozent vor den Parlamentswahlen am Sonntag die stärkste Kraft.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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