Euro könnte noch weiter an Boden verlieren
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Nach einer entsprechenden Ankündigung im Dezember stufte S&P am 13. Januar mehrere Länder, darunter auch Frankreich und Österreich, von AAA auf AA+ herunter. Die Aussichten für die Devisenmärkte bleiben auch 2012 ungewiss.
Unsere Einschätzung der Devisenmärkte ändert sich durch S&Ps Herabstufungen vom 13. Januar nicht. Wie im Vorjahr bleiben Staatsschuldenkrise in der EWU und der globale Konjunkturzyklus die bestimmenden Faktoren des Wechselkursverlaufs. 2011 waren vor allem die G10-Rohstoffwährungen (AUD) sowie EM-Währungen anfällig für die Stimmungsschwankungen globaler Investoren. 2012 könnten sich diese Währungen stabilisieren. In jedem Fall ist Vorsicht geboten.
2011: Euro stark, dann schwach
Trotz EWU-Staatsschuldenkrise stieg der Euro in der ersten Jahreshälfte deutlich ggü. dem USD (von 1,34 auf 1,45). Im zweiten Halbjahr verlor die Gemeinschaftswährung indes an Boden und schloss das Jahr bei 1,30. Im neuen Jahr setzte sich die Talfahrt des Euro fort (auf 1,27). Wenn auch der Euro nach unserem Dafürhalten etwas überverkauft ist, dürfte dieser Trend auch in Q1 2012 anhalten (auf ein Niveau von ca. 1,25).
EUR/USD gibt Rätsel auf
Die Euro-Stärke im ersten Halbjahr 2011 überraschte. Angesichts der Schuldenkrise an der Euro-Peripherie hätte der EUR ggü. dem USD eigentlich fallen müssen. Wir meinen jedoch, dass der Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und schwächerer Währung über die Finanzierung staatlicher Defizite durch quantitative Lockerung (QE) stattfindet. Die Federal Reserve praktiziert das bereits seit einiger Zeit, während die EZB bislang noch zögert. Im ersten Halbjahr 2011 verfolgte die EZB sogar eine entgegengesetzte Strategie, indem sie die Zinsen zweimal anhob.
Das Diagramm verdeutlicht die Zinsdifferenz EUR/USD in 2011.
Kurswechsel bei der EZB
Die EZB senkte den Leitzins im November und Dezember um jeweils 25 Basispunkte auf 1 %. Wir erwarten weitere Zinssenkungen in 2012 auf 0,50 %. Nach unserer Einschätzung waren vor allem dieser Kurswechsel und die Erwartung weiterer Senkungen die Gründe für die Euro-Schwäche in H2 2011 bzw. zum Jahreswechsel. Natürlich ist auch die anhaltende Ungewissheit um das Geschick der EWU dem Euro abträglich. Daher erwarten wir 2012 keine Stärkung des Euro. Das könnte sich indes ändern, falls die Politik eine grundlegende Lösung der Krise findet. Derzeit hat es allerdings den Anschein, dass hier eher eine Politik der kleinen Schritte betrieben wird. Im Gegensatz zu den Aktienmärkten profitiert der Euro von dieser Herangehensweise bislang nicht. Das mag u. a. daran liegen, dass die US-Wirtschaft positiv überraschte, während die EWU sich auf niedrigem Niveau stabilisierte.
US-Konjunktur überraschte positiv
In den USA soll das Wirtschaftswachstum 2012 etwas besser als im Vorjahr ausfallen. Das hat vor allem zwei Gründe: Erstens profitieren die verfügbaren Einkommen der Haushalte vom Rückgang der tatsächlichen Inflationsrate und der Arbeitslosenrate. Mit 8,5 % liegt die Arbeitslosenrate um nahezu einen ganzen Prozentpunkt unter dem Vorjahresniveau. Zweitens werden die Lohnsteuererleichterungen sowie bestimmte Sozialleistungen wohl auch über den Februar hinaus verlängert. Davon dürfte die Ausgabenentwicklung bei kurzlebigen Konsumgütern und Dienstleistungen profitieren, die im vergangenen Jahr besonders schwach war.
Globale Konjunktur: weniger unberechenbar
Die Weltkonjunktur scheint momentan weniger unberechenbar zu sein als die Entwicklung in der Eurozone. In letzter Zeit zeichnet sich hier eine gewisse Stabilisierung ab.
Im Dezember lag der Einkaufsmanagerindex (PMI) bei 52,1. Das entspricht einem Wachstum der weltweiten Industrieproduktion um ca. 1,5 % p.a. Zugleich stellt dies eine deutliche Verbesserung ggü. der jüngsten Entwicklung dar: In den drei Monaten bis November schrumpfte die Produktionsleistung um schätzungsweise 4,5 % p.a. In den nächsten Monaten ist mit weiteren – wenn auch regional unterschiedlich ausgeprägten – Verbesserungen zu rechnen. Die USA und die asiatischen Schwellenländer dürften dabei besser als Eurozone und Osteuropa abschneiden.
Eurozone und Emerging Europe
Im gegenwärtigen Umfeld sind wir überzeugt, dass die Konjunktur in der Eurozone auch 2012 schwächeln wird. Wir erwarten daher weitere Zinssenkungen durch die EZB. Das würde nicht nur einen Rückgang des Euro ggü. dem US-Dollar, sondern auch eine anhaltende Schwäche der Währungen im Dunstkreis der europäischen Schuldenkrise bedeuten. Das wären neben den osteuropäischen Währungen auch die schwedische Krone infolge von Schwedens hohem Exportanteil in die Eurozone sowie der Schweizer Franken. Die Konjunktur in der Schweiz kühlt rapide ab, der Franken ist immer noch überbewertet und ein Erreichen der Untergrenze von 1,20 liegt im Bereich des Möglichen.
US-Dollar versus japanischer Yen
Der USD/JPY-Wechselkurs handelt voraussichtlich weiter in einer engen Range, da sowohl die US- als auch die japanischen Zweijahresrenditen vorerst stabil bleiben dürften. In risikoscheuen Zeiten könnte der Dollar etwas gegenüber dem Yen zulegen.
G10-Rohstoffwährungen (australischer Dollar) und EM-Währungen (Asien, Lateinamerika)
Die Aussichten für G10-Rohstoffwährungen sowie Währungen von den Emerging Markets (Asien, Lateinamerika) sind ungewisser.
Eine weitere Belebung des weltweiten Konjunkturzyklus könnte diese Währungen stärken. Andererseits könnte die Schuldenkrise in der EWU den gegenteiligen Effekt haben. Insgesamt sind die Aussichten recht positiv, Vorsicht ist jedoch angeraten. Empfehlenswert sind u. U. Long-Positionen in CNY (chinesischer Renminbi). Im vergangenen Jahr wertete der Renminbi um etwa 4 % gegenüber dem US-Dollar auf. Für das Jahr 2012 rechnen wir mit einer weiteren allmählichen Aufwertung im Verhältnis zum Greenback.
Quelle: ING Investment Management
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.