Kommentar
15:59 Uhr, 11.09.2008

Euro-Fundamental: In 60 Tagen von 1,60 auf 1,40 EUR-USD

Die europäische Gemeinschaftswährung musste über die vergangenen drei Monate deutliche Verluste gegenüber dem japanischen Yen und dem US-Dollar hinnehmen. Die Abwertung gegenüber diesen Währungen betrug rund 10 %. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Bewegung gegenüber dem Yen auch die hohe EUR-JPY Volatilität seit Anfang 2007 zum Ausdruck bringt. Gegenüber dem Dollar hingegen dürfte die Bewegung der letzten Monate eine Trendwende ausdrücken. Von seiner starken Seite hat sich der Euro gegenüber dem britischen Pfund gezeigt. Im Monatsvergleich konnte der Euro knapp 2 % zulegen. Im Vereinigten Königreich bildeten die enttäuschenden realwirtschaftlichen Indikatoren ein Gegengewicht zu den schlechten Konjunkturdaten aus Euroland und verhalfen dem Euro am 4. September sogar zu einem Rekordhoch von 0,8187 EURGBP.

Konjunktur/Inflation: Rezession erwartet

Auch im August haben die wichtigsten Frühindikatoren in Euroland enttäuscht. Zudem wurde bekannt, dass bereits im zweiten Quartal das Bruttoinlandsprodukt unerwartet deutlich sank. Im laufenden Quartal wird die Wirtschaftsleistung bestenfalls stagnieren. Damit sind nach unseren Berechnungen die Kapazitäten schon jetzt nicht mehr normal ausgelastet und die Kriterien für eine Rezession erfüllt. Dass diese relativ mild ausfallen wird, liegt an den rückläufigen Inflationsraten, die den realen Privatkonsum aus seiner derzeitigen Depression befreien dürften. Die Inflation ist im August unter 4 % gefallen. Bis zum Jahresende wird sie auf 3 % zurückgehen. Die verzögerten Effekte der gestiegenen Rohstoffpreise werden einen stärkeren Rückgang verhindern. Zudem sind Zweitrundeneffekte über höhere Lohnentwicklungen nun stärker sichtbar. Für das BIP-Wachstum in Euroland erwarten wir mittlerweile für dieses und nächstes Jahr nur noch 1,2 % bzw. 0,7 %.

EZB: Keine Zinssenkung in 2008

Die Europäische Zentralbank hat auf ihrer Sitzung im September die Leitzinsen unverändert bei 4,25 % belassen. Sie wird trotz schlechter Konjunkturdaten mit Zinssenkungen unserer Ansicht nach bis zum zweiten Halbjahr 2009 warten, um eine erneute Verfehlung ihres Inflationsziels 2010 zu vermeiden. Der unterschiedliche Kurs der EZB im Vergleich zu der US-Notenbank wird auch die Zinsdifferenzen zu Gunsten der USA verändern. Damit bleibt der Druck auf dem Euro auch mittelfristig erhalten.

Finanzmärkte: Euro-Pessimismus

Bei den Spekulanten an der Chicago Mercantile Exchange ist Euro-Pessimismus angesagt. Die Nettoshortpositionierung in Euro wurde über die letzten Monate auf ein Rekordniveau ausgebaut. Die hohen Nettoshortpositionen stellen ein Aufwertungspotenzial für den Euro dar. Allerdings dürfte dies nur die kurzfristige Volatilität erhöhen. Über die nächsten Monate deuten die Fundamentaldaten eher auf einen weiteren Ausbau der Nettoshortpositionen hin.

Prognose

Auf Sicht von zwölf Monaten prognostizieren wir eine weitere Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar. Wir erwarten über diesen Zeitraum einen Wechselkurs von 1,35 EUR-USD. Ausschlaggebend hierfür sind die von uns erwarteten Wachstums- und Zinsdifferenzen zwischen Euroland und den USA. Der erwartete EUR-USD Wechselkurs dürfte entsprechend seiner hohen Gewichtung auch zu einer deutlichen Abwertung des handelsgewichteten Außenwertes der europäischen Gemeinschaftswährung führen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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