Kommentar
09:50 Uhr, 12.07.2022

Euro-Dollar kollabiert in die Nähe der Parität, DAX bricht Richtung 52-Wochen-Tief ein – Nervöses Warten auf US-Inflationsdaten und Start der US-Quartalssaison

Nach der Bärenmarktrally der vergangenen Woche knickt der DAX zum Start in die neue Handelswoche ein. Hingegen beschleunigt der Euro die Talfahrt gegenüber dem Dollar und ein Ende ist längst nicht absehbar. Umso nervöser warten Investoren auf wichtige Konjunkturdaten, gerade jene zur US-Inflation am Mittwoch.

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    Kursstand: 1,00066 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Twitter Inc.
    Kursstand: 32,650 $ (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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Zum Start in die neue Handelswoche hat der DAX am Montag wieder den Rückwärtsgang eingelegt. Einerseits wurde er von den Meldungen aus China belastet, demnach die Zahl der Corona-Fälle in Shanghai gestiegen ist – die Stadt meldete zudem den ersten Fall der BA.5 Omikron-Variante - , weshalb es in mindestens neun Stadtbezirken neue Massentests gibt. Damit trüben sich die Aussichten für die chinesische Wirtschaft und damit für viele von China stark abhängige DAX-Unternehmen einmal mehr ein. Dass Chinas Behörden zudem einigen Tech-Firmen, wie Tencent und Alibaba, Strafzahlungen aufgebrummt haben, sorgte zusätzlich für schlechte Stimmung am chinesischen Aktienmarkt.

Andererseits haben sich Investoren offenbar plötzlich Sorge gemacht, dass an der Pipeline Nord Stream 1 seit dem gestrigen Montag bis zum 21. Juli Wartungsarbeiten durchgeführt werden und damit praktisch kein Gas von Russland nach Deutschland fließt. Mancher Analyst macht sich Sorgen, dass es nach dem geplanten Ende der Wartungsarbeiten ab 22. Juli zu „technischen“ Verzögerungen kommen könnte, also dass Russland den Gashahn erst einmal nicht aufdrehen wird. Wenn es tatsächlich dazu kommt und der Hahn endgültig zubleiben würde, wäre das das absolute Worst-Case-Szenario für die deutsche Wirtschaft. Dann würde über Nacht hierzulande eine Rezession beginnen.

Ich bezweifle sehr, dass das im DAX bei Kursen von rund 12.750 Punkten auch nur annähernd eingepreist ist.

DAX
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Die Sorge vor einer Gasknappheit und damit dem sofortigen Start einer Rezession in Deutschland hat den Euro kollabieren lassen. Damit notiert er nur noch hauchdünn über der Parität zum Dollar. Schon innerhalb weniger Tage oder gar Stunden dürfte die Gemeinschaftswährung darunter rutschen. Das heizt die Inflation in der Euro-Zone immer stärker an, werden doch Güter, die auf Dollar-Basis gekauft werden, immer teurer in der Euro-Zone.

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Twitter und Tesla brechen ein

Das Top-Thema an den Börsen ist Twitter , nachdem Tesla-Chef Elon Musk die Übernahme des Kurznachrichtendienstes hat platzen lassen. Nun drohen jahrelange Gerichtsverfahren.

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Das belastet neben der Twitter-Aktie auch jene von Tesla kräftg, dürften die Verfahren doch eine Menge von Musks Zeit in Anspruch nehmen.

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Hierzulande hat Mercedes-Benz für das zweite Quartal einen Absatzeinbruch um 16 Prozent auf 490.000 Fahrzeuge gemeldet, die Aktie rauscht nach unten. Hingegen hat BASF SE vorläufige Zahlen für das zweite Quartal gemeldet, die deutlich über den Schätzungen der Analysten liegen.

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Allerdings hat der Chemieriese die Prognose für das Gesamtjahr vorerst nicht angehoben, was die Sorge schürt, dass das zweite Halbjahr deutlich schwächer ausfallen könnte als bislang erwartet. Kein Wunder, dass die Aktie einbricht.

ZEW-Index im Blick

Umso nervöser warten Investoren auf eine Reihe von Konjunkturdaten.

Dazu gehört allerdings nicht der ZEW-Index, der am Dienstag um 11 Uhr veröffentlicht wird. Laut den Schätzungen von Volkswirten sollen die Konjunkturerwartungen der Finanzprofis im Juli von minus 28,0 auf minus 38,0 Punkte nach unten rauschen. Gleichzeitig soll die Lagekomponente von minus 27,6 Punkte auf minus 36,5 Punkte einbrechen.

Vor Börseneröffnung in den USA legt PepsiCo die Quartalszahlen vor.

US-Inflationsdaten ganz oben auf der Agenda

Am Mittwoch werden um 8 Uhr die endgültigen Inflationsdaten für Deutschland veröffentlicht. Laut den vorläufigen waren die Verbraucherpreise im Juni um herbe 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Um 14.30 Uhr kommen die Inflationsdaten aus den USA. Demnach sollen die Verbraucherpreise im Juni um 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Zudem sollen die Preise um 8,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr nach oben schießen, nach 8,6 Prozent für Mai. Sollte die Inflationsrate höher ausfallen als erwartet, sollte das für zusätzlichen Aufwärtsdruck bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sorgen. Je stärker aber die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen steigen, umso stärker werden die Rezessionssorgen zunehmen, was für erneuten Verkaufsdruck bei S&P500 und DAX sorgen sollte.

Um 20 Uhr wird der Konjunkturbericht Beige Book der Fed veröffentlicht. Er dürfte einmal mehr so tun, als ob die US-Wirtschaft „stark“ sei, und sie daher kräftige Zinserhöhungen gut verkraften könne. Wie ich wiederholt aufgezeigt habe, sind Beteuerungen über eine angeblich starke US-Wirtschaft eine reine Erfindung, das sind Fake News! Vielmehr ist die US-Wirtschaft meiner Meinung nach bereits in einer Rezession.

Umso genauer werde ich schauen, wie viele Distrikte diesmal vor einer Rezession warnen könnten. Im bislang letzten Beige Book, das am 1. Juni veröffentlicht worden war, hatten 3 der 12 Distrikte der Fed vor einer Rezession gewarnt – das war ein starkes Warnsignal! Diesmal sollten deutlich mehr Distrikte warnen. Gleichzeitig enthielt das Beige Book damals das Wort „slow(er)“ (schwach, schwächer, Abschwächung) 11 Mal. Auch diese Zahl sollte diesmal kräftig steigen.


US-Produzentenpreise im Fokus

Am Donnerstag präsentieren vor Börseneröffnung in den USA JPMorgan Chase & Co und Morgan Stanley die Ergebnisse.

Um 14.30 Uhr werden die Zahlen zu den Erstanträgen, sowie den fortgesetzten Anträgen auf US-Arbeitslosenhilfe bekanntgegeben. Mich würde nicht überraschen, wenn beide Daten allmählich weiter steigen und damit die Rezessionssorgen verstärken würden.

Ebenfalls um 14.30 Uhr werden die US-Produzentenpreise veröffentlicht. Sie sollen im Juni um 0,8 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Zudem sollen sie um 10,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr geklettert sein, nach 10,8 Prozent für Mai. Sollten die Zahlen höher als erwartet ausfallen, würden sie die Inflations- und damit die Rezessionssorgen weiter schüren.


US-Einzelhandelsumsätze und -Verbrauchervertrauen auf Agenda

Am Freitag kommen um 4 Uhr aus China die Zahlen zum Wirtschaftswachstum für das zweite Quartal, sowie zu den Einzelhandelsumsätzen und der Industrieproduktion für Juni. Demnach soll die Wirtschaft im zweiten Quartal um 1,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft sein. Damit würde das Wachstum gegenüber dem Vorjahr auf 1,2 Prozent kollabieren, nach 4,8 Prozent für das erste Quartal. Der größte Belastungsfaktor waren die immer neuen Lockdowns.

Vor Börseneröffnung in den USA legen Blackrock , Wells Fargo und Citigroup die Ergebnisse vor. Investoren werden zudem auf die Zahlen des Krankenversicherers UnitedHealth Group genau schauen. Das defensive Papier hat sich zuletzt deutlich stärker erholt als der S&P500. Ich befürchte allerdings, dass in einem Rezessionsumfeld viele einkommensschwache Amerikaner ihre Krankenversicherung kündigen könnten. Umso wichtiger ist der Ausblick von UnitedHealth.

Um 14.30 Uhr werden die US-Einzelhandelsumsätze veröffentlicht. Sie sollen im Juni um 0,9 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein, nach einem Rückgang um 0,3 Prozent für Mai. Je nachdem wie die Inflationsdaten am Mittwoch ausfallen, würde ein möglicher Anstieg der US-Einzelhandelsumsätze praktisch ausschließlich auf die Inflation zurückzuführen sein. Ich warte nur darauf, dass die Umsätze wegen der hohen Inflation deutlich sinken, weil sich viele hochverschuldete Verbraucher – mehr als 60 Prozent der Amerikaner leben von einem Gehaltsscheck zum nächsten –beim Konsum zurückhalten müssen. Sollten die Einzelhandelsumsätze deutlich schwächer ausfallen als erwartet – wovon ich klar ausgehe -, würden die Rezessionssorgen rapide zunehmen.

Ebenfalls um 14.30 Uhr wird der Einkaufsmanagerindex der Fed von New York für die dortige Industrie, der sogenannte Empire State Manufacturing Index, veröffentlicht. Der Index soll im Juli minimal sinken von minus 1,2 Punkte auf minus 1,3 Punkte. Mich würde ein kräftiger Einbruch nicht überraschen, sollte doch ein Einbruch am US-Aktienmarkt, sprich an der Wall Street, die Industrie im Bereich der Fed von New York erheblich belasten.

Um 15.15 Uhr werden die Zahlen zur US-Industrieproduktion bekanntgegeben. Sie soll im Juni um 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein, nach 0,2 Prozent für Mai. Dabei sollte man gerade auch auf die Zahlen zur „reinen“ Industrieproduktion, also bereinigt um den Bergbausektor und die Versorger, achten.

Um 16 Uhr bildet das US-Verbrauchervertrauen der Universität Michigan den Abschluss des Datenreigens dieser Woche. Volkswirte sagen vorher, dass es im Juni auf dem Rekordtief des Vormonats verharren soll. Wenn es der US-Wirtschaft so gut geht, wie Fed-Chef Jay Powell, fast alle seiner Kollegen und Finanzministerin Janet Yellen behaupten, warum ist dann die Stimmung der Amerikaner am Rekordtief!? Vielleicht ist die US-Wirtschaft doch nicht so „stark“, wie Powell & Co. und viele „Experten“ ständig behaupten.

In meiner Sendung "Euer Egmond" analysiere ich wöchentlich die Märkte!

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