EUR/USD - Euro in gefährlicher Schieflage
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Erwähnte Instrumente
Euro in gefährlicher Schieflage
„Nicht alles was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles was gezählt werden kann, zählt.“ Liebe Leser, dieses überaus weise Zitat von Albert Einstein stellt den idealen Einstieg in unsere Jahresprognose des Euro im Vergleich zum US-Dollar dar, denn der Blick in die große Glaskugel gestaltet sich auf der Währungsseite regelmäßig besonders herausfordernd. In den letzten Jahren spielte bei unserer FX-Prognose der seit 2008 bestehende Abwärtstrend eine Schlüsselrolle. Die entsprechende Trendlinie „zählte“ auch wieder im letzten Quartal des alten Jahres und dürfte somit auch Auswirkungen für das Jahr 2022 haben. Doch dazu später mehr. Insgesamt hatte die europäische Einheitswährung zum Greenback in den vergangenen 12 Monaten einen schweren Stand. So stammte das Jahreshoch (1,2349 USD) unmittelbar vom Jahresbeginn. Nach einem ersten Korrekturimpuls bäumte sich der Euro im Frühjahr nochmals auf und konnte den Jahresschlussstand 2020 (1,2213 USD) egalisieren. Danach musste der Euro zur US-Valuta im weiteren Jahresverlauf kontinuierliche Kursverluste hinnehmen – mit nicht unerheblichen Konsequenzen … Unsere strategische Absicherungsmarke von 1,15 USD hat sich dabei als sinnvolle Lebensversicherung erwiesen.
EUR/USD (Annually)
Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang
5-Jahreschart EUR/USD
Quelle: Refinitiv, tradesignal²
Volatilität: Keinesfalls extrem
Nach dem Motto „Die Vola ist tot, lange lebe die Vola!“ veröffentlichen wir seit 2019 die jährlichen Hoch-Tief-Spannen des Währungspaares zurück bis in die 1970er-Jahre. Vor Einführung der europäischen Einheitswährung wurden die Jahresschwankungsbreiten auf Basis des DM/USD-Wechselkursverhältnisses zurückgerechnet. „Aufhänger“ war damals die historisch extrem niedrige High-Low-Spanne von weniger als 7 US-Cents. Insofern hat in den letzten beiden Jahren eine Normalisierung stattgefunden. Mit unserer These von „schwankungsintensiveren Währungsjahrgängen 2020/21“ haben wir also ins Schwarze getroffen. Ehrlicherweise zählte diese Prognose aber auch zu den „einfacheren“. Schließlich wechseln sich an der Börse Phasen mit niedriger Volatitlität und Perioden mit höheren Schwankungen regelmäßig ab. Gerade in Bezug auf die Volatilität gibt es also „eine Rückkehr zum Mittelwert“. Auch wenn es sich vor allem wegen der Kursentwicklung des 2. Halbjahres vielleicht anders anfühlt, mit einer bisherigen Schwankungsbreite von knapp 12 US-Cents (Stand: Anfang Dezember) fällt die Hoch-Tief-Spanne des FX-Jahres 2021 keinesfalls extrem aus. In der Rückspiegelbetrachtung stellt dieser Wert immer noch den viert niedrigsten der Historie dar!
EUR/USD (Annually)
Quelle: Refinitiv, HSBC / 5-Jahreschart im Anhang
Fundamentale Prognosen: Zu optimistisch?
Auch die durchschnittliche Jahreshandelsspanne der letzten fast 50 Jahre von 0,18 USD wurde deutlich unterboten. Im Trend lässt sich während der letzten Dekade ohnehin eine abnehmende EUR/USD-Schwankungsbreite feststellen. Aber selbst unter Berücksichtigung dieser Trendbewegung war die FX-Volatilität in den letzten 12 Monaten unauffällig. Unsere Basisannahme einer höheren Schwankungsintensität hat also nichts an Aktualität eingebüßt. Zu dieser These passen die fundamentalen Prognosen des Währungspaars EUR/USD. Schließlich fallen die Prognosen der 61 an der aktuellen Reuters FX-Poll teilnehmenden Banken auf Sicht der kommenden 12 Monate mit einer EUR/USD-Notiz von im Durchschnitt 1,1746 USD eher unspektakulär aus. Ein genauerer Blick darauf lohnt sich dennoch: Während 14 Institute per Jahresende 2022 mit einem EUR/USD-Kurs oberhalb der Marke von 1,20 USD rechnen, liegt die niedrigste Prognose gegenwärtig bei 1,10 USD. Keine Bank hat demnach einen deutlicheren EUR-Kursverfall auf der Agenda. Mal sehen, in wie weit dieser Optimismus mit den charttechnischen Kurszielen vereinbar ist. Zumindest liefern die konstruktiven, fundamentalen Prognosen einen Hinweis darauf, wo 2022 möglicherweise die Überraschungspotentiale liegen.
EUR/USD (Annually)
Quelle: Refinitiv, HSBC / 5-Jahreschart im Anhang
Jahreschart: deckungsgleiche Hochs
Da das Glück bekanntermaßen denjenigen (Investor) bevorzugt, der darauf vorbereitet ist, werden wir Ihnen die wichtigsten Schlüsselmarken aufzeigen, an denen sich dieses FX-Überraschungspotential entladen könnte. Dabei möchten wir Anleger*innen einen möglichen Währungsfahrplan für das Jahr 2022 aufzeigen. Dieser Leitfaden hilft Devisenanlegern hoffentlich bei der persönlichen Vorbereitung auf die Herausforderungen der kommenden 12 Monate. Wie Sie es von uns gewohnt sind, widersprechen wir dabei – auch in der Post-Brexit-Ära – dem ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair, der einmal sagte: „Ich mache keine Vorhersagen. Ich habe nie und ich werde nie!“ Als Ausgangspunkt für unsere Vorhersagen wählen wir traditionell den Jahreschart des Währungspaars EUR/USD. In der höchsten aller Zeitebenen läuft der Euro Gefahr mit einem „bearish engulfing“ die dynamische weiße Kerze des Vorjahres zu negieren. Dieses negative Kerzenmuster wäre bei einem Jahresschlussstand unterhalb von 1,1212 USD Realität. Darüber hinaus gibt es aber noch eine Reihe weiterer Auffälligkeiten: So weisen die jüngsten beiden Jahreskerzen jeweils fast deckungsgleiche Hochs auf (1,2309/1,2349 USD).
EUR/USD (Annually)
Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang
1,20 USD: Kumulationszone aus dem Lehrbuch
Charttechnisch noch wesentlich schwerwiegender ist der Rückfall in den Basisabwärtstrend seit 2008 (im Januar bei 1,1664 USD). Der ganz große Befreiungsschlag in Form eines Bruchs des fast 14 Jahre währenden Baissetrends blieb dem Euro zum Greenback also verwehrt. Aufgrund dieser Entwicklung besitzt das Chartbild derzeit ordentlich Schlagseite. Der hohe Zeithorizont unterstreicht zudem die Bedeutung der Barrieren bei rund 1,20 USD (siehe Chart). Während der letzten 20 Jahre stieß das Währungspaar in diesem Dunstkreis immer wieder auf Widerstand bzw. auf Unterstützung. Eine Reihe von hier ausgebildeten, markanten Dochten bzw. Lunten dokumentiert den Signalcharakter des angeführten Schlüssellevels, zumal auch die diskutierten deckungsgleichen Jahreshochs letztlich das Barrierenbündel unterstreichen. Abgerundet wird die hier bestehende Kumulationszone durch ein Fibonacci-Cluster aus dem 50 %-Retracement des gesamten Hausseimpulses von 2000 bis 2008 (1,2131 USD) sowie der 50 %-Korrektur der letzten EUR-Abwärtsbewegung von 2014 bis 2017 (1,2166 USD). Entsprechen sind „bullishe“ Gedankenspiele erst wieder bei einem Bruch des eingangs erwähnten, langfristigen Abwärtstrends erlaubt.
EUR/USD (Annually)
Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang
Signalgeber 1,12 USD
Ein Spurt über die jüngsten beiden Jahreshochs bei gut 1,23 USD würde im langfristigen Kontext sogar für den Abschluss einer langfristigen Bodenbildung sorgen, ist aus EUR-Sicht derzeit aber lediglich frommes Wunschdenken. Viel realistischer ist dagegen ein Abgleiten unter die Marke von 1,12 USD. Eine negative Weichenstellung wäre Wasser auf die Mühlen der EUR-Bären, denn dieses Level spielte in den letzten Jahren eine große Rolle. So dokumentieren das Jahrestief von 2018, der Schluss- bzw. der Eröffnungskurs von 2019/20 sowie nun wieder das Jahrestief der letzten zwölf Monate die herausragende Stellung dieses Signalgebers. Entsprechend würde ein Bruch der beschriebenen Bastion für eine Steilvorlage in Sachen weiterer EUR-Korrekturbedarf sorgen. Im nächsten Schritt möchten wir die Zeitebene sukzessive herunterbrechen – eine Vorgehensweise, die wir auch unterjährig sehr zu schätzen wissen und regelmäßig im „HSBC Daily Trading“ anwenden. Der Blick auf den Quartalschart des Währungspaares unterstreicht die charttechnische Schlagseite des Euro im Vergleich zur US-Valuta. Die letzten vier Quartalstief wurden allesamt zwischen 1,17 USD und 1,16 USD ausgebildet (siehe Chart), sodass der Bruch dieser Marke tiefe Furchen im Kursverlauf hinterlässt.
EUR/USD (Quarterly)
Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang
Unterschiedliche Zeitebenen, gleiche Botschaften
Ein Fibonacci-Cluster aus insgesamt drei verschiedenen Retracements (1,1734/1,1684/1,1595 USD) unterstreicht die Relevanz der beschriebenen Bastion zusätzlich. Die ganz große Frage des Jahres 2022 ist aber, welche Auswirkungen der Rückfall in den Basisabwärtstrend seit dem Rekordhoch aus dem Jahr 2008 bei 1,6038 USD langfristig haben wird. Insgesamt stellt die Kursentwicklung des Währungspaars EUR/USD ein absolutes Lehrbuchbeispiel für die systematische Verknüpfung unterschiedlicher Zeitebenen dar, denn auch über der Monatsbasis schwebt das Damoklesschwert „Rückfall in den 2008er-Trend“. Die verschiedenen Zeitperioden gehen also „Hand in Hand“. Doch der Monatschart besitzt noch eine weitere Dimension: Spätestens mit der Erosion der bereits bekannten Haltezone aus dem ehemaligen Baissetrend seit Sommer 2008 (akt. bei 1,1483 USD), der 38-Monats-Linie (akt. bei 1,1473 USD) sowie einem Fibonacci-Level (1,1492 USD) muss die Kursentwicklung der letzten Monate endgültig als Topformation interpretiert werden (siehe Chart). Aus deren Höhe ergibt sich ein kalkulatorisches Abschlagspotential von rund 6,5 US-Cents. Das daraus ableitbare Kursziel von rund 1,0850 USD harmoniert recht gut mit dem flachen Aufwärtstrend seit Januar 2017 (akt. bei 1,0802 USD).
EUR/USD (Monthly)
Quelle: Refinitiv, tradesignal² / 5-Jahreschart im Anhang
Jahres-Pivotpunkte: Fixsterne im TA-Universum
Ein Abgleiten unter die horizontalen Haltemarken bzw. den o. g. Trigger bei rund 1,12 USD würde diesem Szenario zusätzlichen Nachdruck verleihen. Ohne eine Rückeroberung des alten Unterstützungsbündels bei knapp 1,15 USD bleibt das Langfristchartbild indes angeschlagen. Zur Bestätigung der wichtigsten Chartmarken 2022 haben wir noch einen (charttechnischen) Pfeil im Köcher: Traditionell berechnen wir in unserem Jahresausblick sog. Pivotpunkte. Vereinfacht lassen sich aus dem Hoch-, dem Tief- und dem Schlusskurs der Vorperiode durch Durchschnittsbildung neuralgische Punkte für die Folgeperiode ableiten. Besonders aktive Trader wissen die Bedeutung dieser Durchschnittskurse als zukünftige Widerstands- bzw. Unterstützungsmarken zu schätzen! Aus unserer Sicht verdienen die Jahres-Pivotpunkte eine gesonderte Erwähnung, wenn sie mit anderen technischen Marken zusammenfallen. An dieser Stelle sollten Anleger hellhörig werden, denn der Mittelwert aus dem Hoch-, dem Tief- und dem Schlusskurs (Stand: 7.12.) bei 1,1597 USD fällt genau in die beschriebene Schlüsselzone (siehe Chart). Auch die aus dem Mittelwert abgeleitete Pivot-Unterstützung (1,0832 USD) bzw. der Pivot-Widerstand (1,1997 USD) besitzen für unsere Leser*innen einen hohen Wiedererkennungswert (wird fortgesetzt).
EUR/USD (Annually)
Quelle: Refinitiv, HSBC / 5-Jahreschart im Anhang
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Autor: Jörg Scherer