Kommentar
01:00 Uhr, 06.01.2009

EUR/USD-Ausblick 2009 (Teil 1) - Wohin führt der Weg im neuen Jahr?

Erwähnte Instrumente

Das neue Jahr ist erst wenige Tage alt, und Analysten wie Investoren zerbrechen sich den Kopf darüber, wohin der Weg von EUR/USD 2009 führen wird. Ein klarer Trend, auf den sich alle einigen können, ist bei dem sich aktuell um die 1,36er-Marke bewegenden Währungspaar nicht auszumachen. Vielmehr war der Handel bei EUR/USD zuletzt von volatilen Kursbewegungen und kurzfristigen Richtungsänderungen geprägt.

Um doch eine Prognose für die Entwicklung des Wechselkurses 2009 erstellen zu können, sollen in einem zweiteiligen Artikel die wichtigsten kursbeeinflussenden Faktoren jeweils einzeln analysiert werden, um dann in der Zusammenschau zu entscheiden, ob die Mehrheit für einen steigenden oder fallenden Kurs von EUR/USD spricht. Untersucht werden die Zinspolitik, die wirtschaftlichen Fundamentaldaten, die Entwicklung der Aktienbörsen, die mit der Finanzkrise zusammenhängenden Kaptalflüsse sowie die Staatsverschuldung. Ein charttechnischer Ausblick rundet die Analyse ab. In der heutigen ersten Folge werden die Zinssituation sowie die Wirtschaftsdaten in den USA unter die Lupe genommen.

Zinspolitik

Gegen eine deutliche Erholung des US-Dollar zum Euro spricht auf jeden Fall die derzeitige US-Zinspolitik. Mit der Einführung des Quasi-Nullzinses in den USA durch die Absenkung der „Fed Funds Rate“ auf eine Spanne von 0,00% bis 0,25% ist die klassische Geldpolitik der Fed an ihrem Ende angelangt. Niemals in der Geschichte der Vereinigten Staaten war das Leitzinsniveau niedriger. Hinzu kommt noch die Ankündigung von Fed-Präsident Ben Bernanke, der US-Leitzins werde nun einen längeren Zeitraum auf diesem „außergewöhnlich niedrigen“ Niveau verbleiben.

In der Folge historisch niedriger Leitzinsen tendiert die US-Dollar-Nachfrage von Investment-Seite gegen Null, da ein Greenback praktisch ohne Zinsen für Anleger natürlich unattraktiv ist. Manche Beobachter sprechen von einer Kapitulation der US-Notenbank, die ihren Leitzins zu schnell zu tief gesenkt hat und damit nun all ihr Pulver verschossen hat. Das eingegangene Risiko ist hoch, da das Erreichen des Hauptziels einer Ankurbelung der US-Wirtschaft fraglich bleibt. Das den Markt überschwemmende billige Geld könnte aber mit Verzögerung die gerade zurückkommende US-Inflationsrate wieder deutlich ansteigen lassen.

Demgegenüber verhält sich die Europäische Zentralbank weiter eher zögerlich mit Blick auf deutliche Zinssenkungen. Ausgehend von dem aktuellen EU-Leitzinsniveau von 2,50% ist zwar noch mit einer erneuten Senkung um 50 Basispunkte im ersten Quartal 2009 zu rechnen, ein Leitzinsniveau unterhalb der historischen Untergrenze von 2,00% ist aber keinesfalls ausgemachte Sache. Zuletzt warnte auch EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, dass eine Zinssenkung im Januar alles andere als sicher sei. Andere EZB-Mitglieder wie Vizepräsident Lucas Papademos, der gleich mehrfach eine weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht stellte, geben sich zinspessimistischer. Insgesamt dürfte der EU-Leitzins im gerade begonnenen Jahr bis maximal 1,50% sinken, womit eine dauerhafte und nachhaltige Zinsdifferenz zugunsten der Eurozone bestehen bleiben wird.

Zusätzlich zu ihrer Bekanntgabe eines dauerhaften Leitzinses nahe der Null-Prozent-Marke kündigte die US-Notenbank an, nun zu anderen Maßnahmen zur Steuerung der Geldpolitik zu greifen. So stellte man den Rückkauf lang laufender US-Staatsanleihen in Aussicht, was die Rendite zehnjähriger Papiere, die sich derzeit um 2,3% bewegt, noch weiter absinken lassen würde. Zuvor hatte die Fed bereits hypothekenbesicherte Anleihen der großen Hypothekenfinanzierer mit einem Volumen von 500 Milliarden USD sowie Konsumenten-, Auto- und Studentendarlehen im Wert von 200 Milliarden USD erworben. Mit dem Aufkauf von Wertpapieren durch die Fed im großen Stil und die damit verbundene Ausweitung ihrer Bilanz ist der Übergang zum „Quantitative Easing“ vollzogen. Dieses Krisenrezept löst damit die „Fed Funds Rate“ als das wichtigste geldpolitische Instrument ab, da mit einem bereits praktisch auf Null abgesenkten Leitzins keine weitere Stimulierung der Konjunktur mehr zu erzielen ist. Durch massive Wertpapierkäufe wuchs die Bilanzsumme der Fed alleine 2008 um 149% im Jahresvergleich auf nunmehr 2.311 Milliarden USD. Da die „quantitative Lockerung“ weitergehen dürfte, ist mit einem weiteren Anschwellen der Fed-Bilanzsumme bis in die Region von 5.000 bis 6.000 Milliarden USD zu rechnen, was mit sinkenden Renditen in USD-Papieren und damit mit einer verringerten Nachfrage nach dem US-Dollar einhergehen dürfte. Von der Zinsseite her ist damit ein steigender Kurs von EUR/USD in 2009 zu favorisieren.

Wirtschaftliche Fundamentaldaten

Die ökonomische Situation wie auch der wirtschaftliche Ausblick für die USA sprechen ganz klar gegen neue Kursgewinne des US-Dollar. Nach der offiziellen Einschätzung des "National Bureau of Economic Research" (NBER) befinden sich die USA bereits seit Dezember 2007 in einer Rezession, die zudem noch länger andauern dürfte. Dabei benutzt das NBER-Institut nicht die gängige Definition einer „technischen Rezession“ (zwei Quartale in Folge mit negativem Wirtschaftswachstum), sondern eine viel breiter angelegte Definition, die neben den reinen BIP-Zahlen auch die Entwicklung bei Beschäftigung, Einkommen, Absatz und Produktion berücksichtigt. Das annualisierte US-Bruttoinlandsprodukt hat im dritten Quartal 2008 ein Minus von 0,5% zu verzeichnen gehabt. Dies ist der schwächste Wert seit dem dritten Quartal 2001 (-1,4%). Im zweiten Quartal hatte sich noch ein Plus von 2,8% beim US-BIP ergeben. Zugleich ließ die US-Regierung bereits verlauten, dass für das vierte Quartal mit einem weiteren und noch stärkeren Rückgang der Wirtschaftsleistung gerechnet werden muss.

Der US-Arbeitsmarktbericht für November ist mit einem Stellenabbau von 533.000 katastrophal schwach ausgefallen. Es ist der stärkste Rückgang der Beschäftigung seit Dezember 1974. Ökonomen hatten im Konsens lediglich mit einem Stellenrückgang um 333.000 gerechnet. Zudem wurde der Vormonatswert von -240.000 auf -320.000 revidiert. Die Arbeitslosenquote fiel mit 6,7% leicht besser als die im Konsens erwarteten 6,8% aus (Vormonat: 6,5%). Die US-Arbeitslosen-Erstanträge für die Woche zum 20.12. lagen mit 586.000 deutlich oberhalb der Konsensschätzung von 554.000, gingen in der Weihnachtswoche jedoch saisonbedingt auf 492.000 zurück. Damit ist am US-Arbeitsmarkt noch keinerlei Entspannung in Sicht, vielmehr dürfte es noch weiter abwärts gehen.

Ähnlich schlecht sieht es am US-Immobilienmarkt aus. Hier hat der S&P/CaseShiller-Hauspreisindex für Oktober mit einem Rekordrückgang von 18,0% im Jahresvergleich aufgewartet. Die Konsensschätzung hatte mit einem Wert von -17,9% kalkuliert, nachdem der Index im Vormonat bereits um 17,4% gefallen war. Der Index misst die Entwicklung der Immobilienpreise in den 20 größten US-Metropolen und verlor auch im Monatsvergleich deutlich (-2,2%). So lange die Hauspreise weiter fallen, bleibt auch die Stimmung der US-Konsumenten am Boden. Konsequenterweise hat das US-Verbrauchervertrauen für Dezember mit einem kräftigen Rückgang auf 38,0 Zähler und damit auf ein neues Allzeittief enttäuscht. Analysten hatten im Schnitt mit einer leichten Verbesserung auf 45,7 Punkte kalkuliert, nachdem das Stimmungsbarometer im November bei 44,7 Zählern gelegen hatte.

Keinen Lichtblick gibt es zudem im US-Industriesektor. Der ISM Index, das Stimmungsbarometer für das verarbeitende Gewerbe in den USA, ist im Dezember auf 32,4 Punkte gefallen und notiert damit so niedrig wie seit Juni 1980 nicht mehr. Ökonomen hatten im Konsens mit einem Rückgang auf 35,4 Zähler kalkuliert, nachdem der Index im November noch bei 36,2 Zählern gelegen hatte. Der Subindex für die neuen Auftragseingänge sank zudem auf ein neues Allzeittief von 22,7 Zählern. Der Rundumschlag über die US-Wirtschaftsdaten demonstriert, in welch schlechtem Zustand sich die US-Ökonomie befindet. Besserungstendenzen aufgrund der extrem gelockerten Geldpolitik sind bislang nicht zu erblicken, vielmehr verbleibt das Risiko auf der Unterseite. Aus Sicht der wirtschaftlichen Fundamentaldaten ist daher mit neuen Kursgewinnen von EUR/USD zu rechnen.

Volker Zenk
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