EU-Gipfel in Brüssel: Fortschritte, aber kein Durchbruch
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Vor dem jüngsten EU-Gipfel war die Spannung an den Finanz-märkten groß. Auf ihrem Treffen vom 28. und 29. Juni einigten sich die Staats- und Regierungschefs in Brüssel auf einen flexibleren Einsatz der Rettungsschirme, eine Bankenaufsicht auf europaweiter Grundlage und Änderungen bei den Bankenhilfsprogrammen. Zudem wurde eine Wachstums-initiative über 120 Milliarden Euro beschlossen. Die Ergebnisse stellen zwar einen Fortschritt bei der Bekämpfung der Krisen-Symptome dar, adressieren aber nicht die zugrunde liegenden Ursachen. Die Finanzmärkte zeigten sich dennoch erleichtert, da mit derartigen Schritten nicht gerechnet worden war.
Vor allem der jüngste Druck auf die Staatsanleihen der von der Verschuldungskrise betroffenen Länder wie Spanien oder Italien und die damit einhergehende hohe Zinslast hat den politischen Entscheidungsträgern die ernste Lage deutlich vor Augen geführt. Mit der Einigung auf den flexibleren Einsatz der Rettungsschirme EFSF bzw. ESM zur Stabilisierung der Renditen bei den entsprechenden Papieren dürften die Finanzierungskosten sich stabilisieren und kurzfristig vielleicht sogar sinken. Gleichzeitig beinhaltet die Vereinbarung einen weiteren Schritt in Richtung einer stärkeren Vergemein-schaftung der Schulden in der Währungsunion.
Auch die Aussagen zu den Bankenhilfen in Spanien und Irland sollten etwas zur Beruhigung der Finanzmärkte beitragen. Der Plan sieht vor, dass entsprechende Hilfsgelder künftig nicht mehr den Mutterländern der betroffenen Institute direkt zugerechnet werden. Damit würden die Unterstützungs-zahlungen die gesamtstaatliche Verschuldungsquote also nicht mehr steigern. Letztlich handelt es sich somit um eine Form der Entschuldungshilfe für Staaten, die ihren Bankensektor nicht mehr aus eigener Kraft sanieren können. Vor allem Spanien und Irland dürften davon profitieren. Schließlich wurden auch zum Thema Bankenunion Beschlüsse gefasst. So soll die Bankenaufsicht auf eine europaweite Grundlage gestellt und die Europäische Zentralbank (EZB) stärker einbezogen werden.
Stolpersteine auf dem Weg zur nachhaltigen Lösung
Trotz einiger Fortschritte wurde beim Gipfel kein „Durchbruch“ erzielt. Viele Punkte blieben offen, etwa hinsichtlich der Strukturreformen in den betroffenen Staaten oder bei den Themen politische Union und Fiskalunion. Hinzu kommen die Unwägbarkeiten in den einzelnen Ländern, wo sich die Frage nach der öffentlichen Zustimmung zum eingeschlagenen Kurs immer drängender stellt. Einen Vorgeschmack darauf lieferte der Deutsche Bundestag, der am vergangenen Freitag über Fiskalpakt und ESM abstimmte. Dabei verdichteten sich die Anzeichen auf einen wachsenden Unmut über die Strategie der Bundesregierung, auch in den Koalitionsparteien. Zudem hat der Bundespräsident angekündigt, das Gesetz auf Bitten der Karlsruher Verfassungsrichter bis zu deren Prüfung zunächst nicht zu unterschreiben.
Darüber hinaus müssen die Gipfelbeschlüsse noch umgesetzt werden. Hier dürfte es einige Hürden zu überwinden geben. Marktteilnehmer gehen zudem davon aus, dass der Umfang der europäischen Rettungsschirme für die neu hinzu gekommenen Aufgaben nicht ausreichen könnte. Damit droht eine erneute Diskussion im die Aufstockung der Programme. Insgesamt ist zwar kurzfristig mit einer Beruhigung an den Finanzmärkten zu rechnen, auf längere Sicht dürften jedoch weitere Maßnahmen für eine nachhaltige Lösung der Krise erforderlich werden.
Quelle: Union Investment
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