Kommentar
11:23 Uhr, 19.05.2015

Es kommt häufig anders als die Investoren denken

„Die Zinsen sind in den vergangenen Wochen von ihren Rekordtiefs gestiegen, weil die Märkte zuvor das schlechteste aller möglichen Konjunkturszenarien erwartet haben. Dabei ist der weitere Wirtschaftsausblick positiv: Die Inflation ist unter Kontrolle, die Weltwirtschaft wächst moderat und die Konjunktur in der Eurozone erholt sich. Alles in allem könnte das Konjunkturklima etwas besser sein, aber es bietet den Investoren insgesamt gute Aussichten.“ Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers Die Märkte haben die Angewohnheit die Erwartungen der Investoren nicht zu erfüllen. Das ist die Ansicht von Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers. Viele Investoren hätten aufgrund der guten Wachstumsaussichten der Weltkonjunktur einfach nicht glauben wollen, dass die Renditen sich so lange Zeit auf einem so niedrigen Level bewegt haben wie in den vergangenen Monaten. „In den vergangenen Jahren waren die Perioden steigender Renditen nur kurzfristig. Sie fielen letztlich sogar auf ein Rekordtief nach dem anderen. Das machte es den Anlegern schwer, die weitere Entwicklung einzuschätzen“, erklärt Iggo. Als die meisten Investoren dachten, dass dem deutschen Anleihemarkt Negativrenditen drohen, kippte der Markt. Die Renditen stiegen im vergangenen Monat um 50 Basispunkte. Obwohl die langfristigen Aussichten auf höhere Zinsen hingewiesen hätten, sei kein Auslöser für den rasanten Anstieg ersichtlich gewesen. „Das ist das Geheimnis der Märkte: Preise bewegen sich nicht immer wie erwartet und es gibt nicht immer einen vernünftige Begründung für die Entwicklungen“, so Iggo.

Laut dem Anlageexperten können die Veränderungen des Wirtschaftsausblicks Aufschluss darüber geben, in welche Richtung sich die Zinsen in nächster Zeit bewegen werden. Das gilt besonders für den europäischen Raum. „Die quantitativen Lockerungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) in Verbindung mit dem niedrigen Ölpreis, einem schwachen Euro und die Stabilisierung des Bankensektors führen zu besseren Wirtschaftsaussichten im Euroraum“, sagt Iggo. Die aktuellen Daten stützen die positiven Erwartungen: Das Bruttoinlandsprodukt in der Eurozone sei im ersten Quartal um 0,4 Prozent von Quartal zu Quartal und um 1,0 Prozent von Jahr zu Jahr gewachsen. Sollte der positive Trend anhalten und die Prognosen nach oben korrigiert werden, so sei es wahrscheinlich, dass die Erträge europäischer Unternehmen steigen. Die EZB wird nach Einschätzung von Iggo vermutlich bis Ende 2016 an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten. „Die Maßnahmen der EZB werden aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Wachstums- und Inflationsanstieg führen und somit auch zu einem mittelfristigen Anstieg der Zinsen“, prognostiziert Iggo.

Ein kurzfristiger Zinsanstieg mache zudem Anleihen wieder attraktiver. „Wenn die Anleiherenditen im gleichen Tempo weiter steigen wie in den vergangenen Wochen, dann könnten Aktien und Credit-Spreads negativ beeinflusst werden. Aber das ist zu bezweifeln“, so Iggo. Vielmehr sei eine gewisse Stabilisierung der Renditen überfällig, bis durch die Erholung der US-Wirtschaft oder eine anziehende Geldpolitik der Federal Reserve erneut eine Verschiebung der Markterwartungen eintritt. Der Zinsanstieg biete eine attraktive Wiedereinstiegsmöglichkeit, insbesondere im High-Yield-Bereich und bei Schwellenländeranleihen. „Sollten sich die Zinsen stabilisieren, werden Risikoanlagen in den kommenden Monaten gut performen – ein weiterer Anstieg der Renditen ist dagegen das Zeichen, noch im Mai zu verkaufen“, so Iggo.

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