Kommentar
09:00 Uhr, 22.01.2007

Erste Bank erschließt Kroatien, Slowenien und Bulgarien für Anleger!

Die Erste Bank hat eine Reihe neuer Produkte für Osteuropa emittiert. Konkret handelt es sich dabei um Open-End-Zertifikate auf einen Slowenien-Basket (ISIN: AT0000A042W8, 10,81 Euro), einen Kroatien-Basket (ISIN: AT0000A042X6, 10,80 Euro) und einen Bulgarien-Basket (ISIN: AT0000A042V0, 11,65 Euro). Der Emissionspreis lag jeweils bei zehn Euro, woran ersichtlich wird, dass die Baskets schon in wenigen Tagen deutlich zugelegt haben. Der anfängliche Basketwert wurde in allen drei Fällen auf 100 Euro fixiert und die Bezugsverhältnisse betragen 10:1. Gehandelt werden die Baskets an den Börsen in Wien und Stuttgart. Weitere Informationen dazu finden sich unter www.erstebank-zertifikate.com

Der Kroatien- und der Slowenien-Basket setzen sich aus jeweils sieben Aktien zusammen, während der Bulgarien-Basket aus acht Werten besteht. Eine Anpassung der Zusammensetzung ist laut Statuten möglich und Veränderungen finden jeweils am letzten Handelstag im März und im September statt. Laut Emissionsprospekt wird bei der Gewichtung vor allem auf die Marktkapitalisierung sowie die Handelbarkeit und Liquidität Rücksicht genommen. Dass diese Kriterien bei der Bildung der Baskets eine wichtige Rolle spielen ist normal und aus Sicht des Emittenten auch allzu verständlich. Schließlich müssen sie auch in der Lage sein, die Aktien zu erwerben bzw. zu hedgen.

Aus Anlegersicht ist das aber nicht immer unbedingt die beste Lösung. Denn wenn die Auswahl nur auf Größe und Liquidität beruht, dann spielen Bewertungsüberlegungen eine nur untergeordnete Rolle. Die Bewertung sollte bei der Beurteilung von Aktien aber die wichtigste Dominante sein. Außerdem werden so nur die Standardwerte berücksichtigt. In Osteuropa ist es aber inzwischen so, dass die für ein Land typischen Börsenschwergewichte von allen dort aktiven Investoren gekauft werden und deshalb oft relativ teuer sind. Die Nebenwerte finden dagegen noch immer wenig Beachtung und weisen deshalb meistens noch deutliche Bewertungsabschläge auf. An diese Schnäppchen kommen die Investoren mit Hilfe der meisten existierenden Zertifikate derzeit nicht.

Broker vor Ort üben Kritik an der Zusammensetzung der Baskets

Befragt man Marktteilnehmer vor Ort, was sie von den Baskets halten, dann werden genau die zuvor skizzierten Punkte kritisiert. Bemängelt wird zudem auch oft ganz allgemein die Zusammensetzung. „Die Gewichtungen sind ziemlich komisch und ich mag die Werte Neohim und Bulgartabak überhaupt nicht“, kritisiert Vlado Panev vom bulgarischen Broker Status Capital. Ähnlich sieht das auch Krasimir Atanasov vom bulgarischen Broker Elana: „Das Ganze sieht nicht nach einem Basket aus. Es handelt sich mehr oder weniger nur um zwei Aktien.“ Ein durchaus nachvollziehbarer Einwand, wenn man bedenkt, dass beim Bulgarien-Basket der Pharmawert Sopharma auf eine anfängliche Gewichtung von 40 Prozent kommt und die Versicherung DZI auf 30 Prozent.

Was den Kroatien-Basket angeht, ergänzt Jurica Greguric, Head of Research beim Broker Fima: „Einige spannende Standardwerte sind aus meiner Sicht nicht enthalten. Ich verstehe beispielsweise nicht, warum sie Ericsson Nikola Tesla nicht aufgenommen haben, aber dafür Petrokemija, die mir überhaupt nicht gefallen.“ Kritik wird neben der Zusammensetzung der Baskets auch am Timing der Emission geübt. So kommt Ales Grbic, Analyst bei der slowenischen ABanka zu folgenden Schluss: „Sowohl unser Heimatmarkt als auch die meisten Märkte der Region sind derzeit überbewertet. Wir finden am slowenischen Aktienmarkt momentan jedenfalls überhaupt keinen kaufenswerten Titel mehr.“ Auch in Bulgarien sorgen sich die Experten darum, ob sich nach den zuletzt sehr starken Kursgewinnen nicht so etwas wie eine kleine Blase gebildet hat. Und nachdem der Sofix-Index alleine seit Jahresende um rund 13 Prozent gestiegen ist, sieht es in der Tat so aus, als ob gerade viel spekulatives Kapital am Werke ist.

Fazit: Aus unserer Sicht sind viele der in den Baskets enthaltenen Titel nach der jahrelangen Hausse inzwischen oft keine Schnäppchen mehr. Doch das muss nicht heißen, dass diese Werte kein Kurspotenzial mehr besitzen. Das spekulative Kapital, das momentan auch vermehrt an die kleineren Börsen fließt, ist unberechenbar und kann noch für so machen Kursschub nach oben sorgen. Interessierte Anleger sollten sich aber bewusst darüber sein, dass etliche der berücksichtigten Aktien vergleichsweise teuer sind und nur wegen ihrer Größe und der Liquidität in die Baskets einfließen. Die Kritik an der Aufnahme einzelner Werte darf aber sicherlich auch nicht überbewertet werden. Schließlich gibt es an der Börse viele unterschiedliche Meinungen und man wird nie einen Basket kreieren können, der allen Marktteilnehmern gefällt.

Auch bei der allgemeinen Markteinschätzung divergieren die Meinungen oft, so dass letztlich jeder selbst entscheiden muss, ob er in einen bestimmten Markt investieren will oder nicht. Alleine der Blick auf einige fast exponentiell gestiegene Kurse zeigt aber, dass es in den betroffenen Märkten teilweise zu Übertreibungen nach oben gekommen ist. Die Frage ist deshalb berechtigt, warum die Emittenten erst jetzt mit solchen Produkten an den Markt kommen und nicht schon vor zwei bis drei Jahren, als diese Märkte wirklich noch billig waren.

Quelle: www.ostboersen-report.de

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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