Kommentar
14:47 Uhr, 25.08.2016

Entscheidet China die US-Präsidentschaftswahlen?

Ob Clinton oder Trump, in einem Punkt macht es kaum einen Unterschied. Zusammenfassen lässt sich das so: China ist an allem schuld.

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Es ist wohl kein Zufall, dass Trump die Vorwahlen bei den Republikanern gewonnen hat. Bei den Demokraten war es letztlich die Favoritin, die gewann, doch niemand hatte damit gerechnet, dass Bernie Sanders als selbsternannter Sozialist so weit kommen würde. Sozialist und USA – das passt eigentlich nicht zusammen.

Nun sind die Zeiten des Kalten Krieges schon ein Weilchen vorüber und als Sozialist bzw. Kommunist muss man sich nicht gleich vor einer Wiederkehr der McCarthy-Ära fürchten. Dennoch, Sozialismus und die USA, das passt nicht zusammen. Das Motto „Land der Freiheit“ und die Idee vom American Dream widersprechen jeglichem Sozialismus.

Der Glaube an den American Dream bröckelt nun schon seit längerem. Auch mit der Freiheit ist es nicht mehr so weit her. Es wird eine zunehmende Spaltung wahrgenommen und vom Aufschwung der letzten Jahre haben viele Amerikaner wenig mitbekommen. Man sehnt sich daher plötzlich nach einer Einmischung des Staates, obwohl lange Zeit auch nur der kleinste Eingriff, der nicht deregulierend war, verteufelt wurde.

Die Gesundheitsversicherung für alle (Obama Care) rief hunderttausende auf die Straße. Man empfand das als sozialistisch (und meinte das als Beschimpfung), als unangemessene Einmischung in die Freiheit des Volkes. Nun rufen viele derjenigen, die noch vor wenigen Jahren gegen Obama Care protestierten, auf einmal nach dem Staat.

Im Vorwahlkampf konnten diese Rufe vor allem von Trump und Sanders aufgenommen und erfolgreich in Stimmen gewandelt werden. Trump war zweifelsohne in seiner Wortwahl aggressiver als Sanders, doch in manchen Teilen unterschieden sich die Grundideen wenig voneinander. Clinton hat das inzwischen auch erkannt und übernimmt nun Programmteile von Sanders.

Im Mittelpunkt des Geschehens findet sich China. Im Kern ist China an allem schuld. China überschwemmt den US-Markt mit billigen Importen und nimmt Amerikanern so Arbeitsplätze weg. Das gelingt durch Wechselkursmanipulation, Dumping Preisen und staatlichen Subventionen. Man fühlt sich in den USA betrogen.

Ganz besonders betrogen fühlen sich Regionen, die stark von der Güterproduktion abhängig sind. Das Wall Street Journal brachte dazu einen sehr langen Artikel über den Niedergang der Möbelindustrie. War diese in einigen Regionen zur Jahrtausendwende noch Jobmotor, kommen Möbel heute aus China. Arbeitsplätze gehen verloren und die Löhne sinken.

Ob Möbel-, Auto- oder Industrieproduktion, überall lässt sich der Einfluss Chinas spüren. China stieg in rasantem Tempo zur Werkbank der Welt auf. Möglich war dies durch niedrige Löhne, Unterstützung durch den Staat, stabile politische Verhältnisse und dem Beitritt zur Welthandelsorganisation.

Pikanterweise stellten die USA bei den Verhandlungen mit China viele Forderungen, um einem Beitritt zur Welthandelsorganisation zuzustimmen. China erfüllte die Forderungen der USA. In den USA dachte man, dass man sich mit den Forderungen schützen würde und war mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden. Den Aufstieg Chinas hat es wider Erwarten nicht gebremst, sondern vermutlich sogar begünstigt.

Nachdem China folgsam war, kann man sich heute eigentlich nicht beschweren. Eigentlich. Amerikaner und die beiden Präsidentschaftskandidaten beklagen sich kräftig. Sie wollen dem freien Handel einen Riegel vorschieben und wieder Jobs zurück nach Amerika bringen. Das trifft die Stimmung eines Großteils der Bevölkerung sehr gut. Sie haben den Eindruck, dass Jobs durch den Freihandel verloren gehen und es ihnen dadurch schlechter geht.

Trump legt im Gegensatz zu Clinton noch ein Schippchen drauf und will die Grenzen gleich schließen. Legale Zuwanderung soll weiterhin möglich sein, doch letztlich auch nur, wenn sie ein gewisses Profil erfüllen (am besten gut ausgebildet, christlich und weiß).

Die Sorgen der Bevölkerung muss man sehr ernst nehmen, denn die Unzufriedenheit wächst. Die Sorgen kommen auch nicht von ungefähr. Die Grafik zeigt die Entwicklung der Stellen in der Produktion und das Handelsdefizit der USA mit China. Eine gewisse Ähnlichkeit im Verlauf der beiden Zeitreihen kann man kaum bestreiten.

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Es ist tatsächlich so, dass viele Jobs aus den USA in andere Länder verlagert wurden. Das erzürnt viele Bürger. Sie können nicht mehr in den Industrien arbeiten, in denen sie immer gearbeitet haben und tun sich oftmals sehr schwer neue Jobs zu finden. Wer 20 Jahre in der Möbelindustrie gearbeitet hat, kann schlecht am nächsten Tag als Buchhalter anfangen.

Diejenigen, die ihre Jobs behalten konnten, verdienen immer weniger. Die Reallöhne sinken entgegen dem allgemeinen Trend in diesen Branchen nach wie vor. Das alles, so versprechen es die Kandidaten, wird es mit ihnen so nicht mehr geben, wenn der freie Handel begrenzt wird. Das klingt zunächst gut, ist es aber nicht.

Aus unternehmerischer Sicht macht es überhaupt keinen Sinn in den USA zu produzieren, wenn es andernorts billiger geht. Billiger heißt dabei, dass nach Vollkostenrechnung (Arbeits-, Verwaltungs-, Transportkosten usw.) ein Vorteil entsteht, wenn man die Arbeitsplätze ins Ausland verlagert. Tut man dies nicht, machen es jedoch andere Unternehmen, dann kommt es zu einem Kostenvorteil der anderen. Konsumenten könnten sich zwar für das heimische Produkt entscheiden, tun es aber meist nicht, wenn das andere billiger ist. Einerseits fordern Menschen, die Arbeitsplätze mögen doch bitte im Land bleiben, doch dafür einen Aufpreis zahlen will niemand. Paradox.

Wie dem auch sei, es macht aus wirtschaftlicher Sicht wenig Sinn die Produktion im eigenen Land zu belassen, wenn es auch billiger geht. Konsumenten wollen schließlich vor allem billiger bei mindestens gleichwertiger Qualität. Ohne freien Handel geht das nicht. Ohne Freihandel hält man zwar die Arbeitsplätze im Land, doch senkt unterm Strich langfristig den Lebensstandard.

Will ein Land nicht zurück in die Zeiten einer geschlossenen Volkswirtschaft mit einem langen Trend sinkenden Lebensstandards, dann lässt es sich schlichtweg nicht bewerkstelligen alte Industrien, die nicht mehr konkurrenzfähig sind, im Land zu halten. Anstatt genau das zu fordern, sollte man lieber der Realität ins Auge sehen. Weder die Möbelproduktion noch das Nähen von T-Shirts usw. hat in der Massenfertigung eine Zukunft in Hochlohnländern. Wer das verspricht und für möglich hält, der hat den Bezug zur Realität verloren.

Stattdessen sollte man sich lieber darauf fokussieren, was es für Alternativen gibt. Wenn es zu Massenentlassungen in Industrien kommt, in denen die Hälfte der Arbeiter nicht lesen und schreiben kann, dann darf man sich nicht wundern, wenn sie auch keine neuen Jobs finden. Die Lösung ist jedoch nicht, die Grenzen zu schließen und keine Waren mehr durchzulassen. Das ist abwegig.

Trotz dieser Abwegigkeit wird die Präsidentenwahl wohl letztlich dadurch entschieden, wer die meisten Wähler davon überzeugen kann, dass man die alten Jobs wieder zurückbringen kann. Es trifft den Nerv der Zeit, ob unsinnig oder nicht. Es wird vor allem darauf ankommen, wer ein besseres Abschottungskonzept vorlegt, insbesondere gegenüber China.

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4 Kommentare

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  • kopfsache
    kopfsache

    es kann gut sein, dass der homo-politikus und der homo-analyst eines gemeinsam haben. ich befürchte, sie glauben ihre eigene propaganda und da schliesst sich der kreis

    22:33 Uhr, 25.08.2016
  • kopfsache
    kopfsache

    die gesetze des freien marktes bringen uns wohlstand. wir können nur in wohlstand leben wenn wir die gesetze des freien marktes respektieren ;-)

    -> ein loch ist im eimer

    also es schickt sich also an, arbeitsplätze ins billigere
    ausland zu verlagern um die margen zu erhöhen.

    die verlorenen industrie jobs werden in dienstleistungs jobs
    umgeschichtet.

    der mittelstand schrumpft, die einkommensschere geht auseinander.

    die dienstleistungs jobs reichen nicht fürs überleben, also
    braucht dieser 2 jobs. der 2te geht dem 3ten ab :-(

    um dem kreislauf zu entkommen müssten mehr indutrie jobs
    geschaffen werden. rückverlagerung ist aber leider net möglich
    weil im heimatland zu teuer.

    es entstehen keine neuen jobs.

    der politiker oder der analyst kommt und meint:

    die wirtschaft müsste weiter liberalisiert werden
    der arbeiter müsste kreativer werden.

    natürlich müssten noch weitere jobs ins ausland verlagert werden
    damit die wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt.

    immer weniger jobs entstehen :-(

    -> ein loch ist im eimer!

    22:30 Uhr, 25.08.2016
  • RoadyO
    RoadyO

    Warum sollte jemand der "einfache Arbeitsplätze" im eigenen Land fordert "den Bezug zur Realität verloren" haben ?!

    Sowas lässt sich auch ohne Verbote, Sanktionen oder ähnlich rabiaten Mittel durchsetzen...

    Es werden einfach Importzölle auf die Produkte und Halbprodukte die von dem Thema betroffen sind erhoben und fertig. (So wie China das z.B. macht!)

    Damit sind die inländischen Firmen wieder wettbewerbsfähig bzw. es wird auch wieder günstiger vor Ort zu produzieren.

    Viele Produkte werden dabei nicht mal teurer werden, ich denke da nur an Sportbekleidung...

    Adidas und Nike könnten vermutlich in Manhattan produzieren und würden bei den aktuellen Preisen trotzdem schwarze Zahlen schreiben. So gibt es viele Firmen die in Billiglohnländer gehen nur um ihren Gewinn zu maximieren und wem nützt das?

    Der Volkswirtschaft in der diese Jobs wegfallen sicher nicht! Es nützten dem obersten 1% die die Dividenden einstreichen. Klar das ist Marktwirtschaft aber ist das in Reinform wirklich gesund für Alle?

    Ähnliches Thema in Deutschland ist der Onlinehandel der gehört meiner Meinung nach auch stark reglementiert. Der Mensch ist einfach zu dumm um sein eigenes Handeln zu begreifen und die Konsequenzen die sich daraus ergeben. Konten, Versicherungen, Medikamente, Autos, Blumen und inzwischen schon Lebensmittel aus dem Internet?! Alles selbst verständlich ohne Beratung oder Filialen. Wenn der Trend so weiter geht gibt es bald nur noch Callcenteragents, Logistikhelfer, Postboten und ein paar Jobs die "irgendwas mi Medien" machen. Arbeitsmarkt 3.0?

    17:49 Uhr, 25.08.2016
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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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