Emerging Markets mit erheblichen Kursverlusten
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Die Finanzmarktkrise und insbesondere die hierdurch hervorgerufenen globalen Rezessionsbefürchtungen haben in diesem Jahr in den Emerging Markets zu erheblichen Kursrückschlägen geführt. Angesichts ihrer Exportabhängigkeit dämpft eine weltweite Konjunkturabschwächung die Wachstumsaussichten der Schwellenländer zum Teil erheblich. So gehen Analysten bereits dazu über, die BIP-Prognosen für einzelne Staaten kräftig nach unten zu revidieren. Weiteres Ungemach ist von der Währungsseite heraufgezogen. So sind die Währungen vor allem der Rohstoffländer unter massiven Abwertungsdruck geraten, was die Einfuhren deutlich verteuerte und damit Inflationsdruck erzeugte. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Kurse an den Börsen in Asien, Osteuropa und Lateinamerika auf Talfahrt gingen. Insgesamt hat der für die Wachstumsmärkte maßgebliche MSCI EM Index in diesem Jahr per 31. Oktober gut 47 Prozent an Wert verloren. Im Vergleich hierzu verzeichnete der die etablierten Märkte repräsentierende MSCI World Einbußen von knapp 37 Prozent. Damit hat sich wieder einmal bestätigt, dass zwar die Kurschancen in den Emerging Markets in wirtschaftlich guten Zeiten überproportional sind. In schwierigen Phasen jedoch ist das Rückschlagpotenzial ebenfalls gravierend, denn bei zunehmender Risikoaversion der Anleger wird vorzugsweise das Engagement an den Schwellenländerbörsen aufgelöst.
Asien
Die steigende Risikoaversion der Investoren wirkte sich auch negativ für die asiatischen Aktienmärkte aus. Dabei führte die Auflösung von Anlagen in den Emerging Markets zu hohen Kapitalabflüssen, wodurch Druck auf die Währungen ausgeübt wurde. Mit Blick auf den koreanischen Won und die indonesische Rupie befürchteten Anleger zudem, dass diese Länder ihre internationalen Schulden nicht mehr begleichen können. Im Falle Koreas halten wir diese Reaktion für übertrieben, während Indonesien im weiteren Verlauf durchaus vor entsprechenden Problemen stehen könnte. Hier sind Rohstoffe wie Gummi, Palmöl oder Kohle die wichtigsten Devisenbringer. Angesichts des extremen Preisverfalls der Commodities sind die Reserven erheblich geschmolzen. Zwar sind die Bewertungen der Unternehmen im historischen Vergleich mittlerweile sehr günstig und könnten durchaus einen Boden erreicht haben. Dennoch kann ein anhaltender Kapitalabfluss zu weiterem Druck auf die Kurse führen.
Dass in Fernost die Konjunkturbefürchtungen nicht unbegründet sind, verdeutlicht ein Blick auf China, das als Wachstumstreiber der Region angesehen wird. War das Land in den letzten Jahren Steigerungsraten von zehn Prozent und mehr gewohnt (2007: 11,9 Prozent), liegen die Schätzungen für 2009 nunmehr bei rund sechs bis acht Prozent. Damit würde die Konjunkturverlangsamung in China deutlich stärker ausfallen als bislang erwartet. Insbesondere der schwindende Exportzuwachs in Folge der Wachstumsschwäche in den Industrieländern bereitet Sorge. Dass die inländische Nachfrage den Einbruch der Auftragseingänge auffangen wird, ist dabei zu bezweifeln. Viele Chinesen, die zur neuen Mittelschicht zählen, haben Teile ihres Vermögens am Aktienmarkt verloren. Insofern ist ihre Konsumneigung eher verhalten.
Darüber hinaus zeichnet sich in Form einer heraufziehenden Immobilienkrise noch ein weiterer Belastungsfaktor für China ab. So geben gerade die Preise für Wohnimmobilien im Hochpreissegment in Großstädten wie Peking und Shanghaierstmals nach und ausländische Investoren ziehen sich teilweise bereits aus ihren Objekten zurück. Regierung und Zentralbank haben mittlerweile zahlreiche Maßnahmen wie etwa eine Leitzinssenkung, Vereinfachungen bei der Kreditvergabe, ein Konjunkturprogramm zur Stabilisierung des Bausektors und Steuererleichterungen im Zusammenhang mit Bautätigkeiten ergriffen, um der Wachstumsabschwächung Herr zu werden. Bei der gegenwärtig angeschlagenen Weltkonjunktur wohl kein leichtes Unterfangen.
Osteuropa
Während der für Asien maßgebliche MSCI AC Far East (ex Japan) Index bislang in diesem Jahr Verluste von über 52 Prozent hinnehmen musste, hat der für Osteuropa geltende MSCI Index Eastern Europe sogar nahezu 62 Prozent an Wert eingebüßt. Wesentlich zu dem Rückgang beigetragen hat der russische Aktienmarkt, der gemessen am RTS-Index in diesem Jahr um 66 Prozent nachgab. Hier forderte die Finanzmarktkrise zuletzt mit der Schieflage der Kit Financials ihren Tribut. Zudem geriet der Rubel unter erheblichen Abwertungsdruck, sodass sich die russische Zentralbank zu Stützungskäufen gezwungen sah. Diese Ankäufe zusammen mit Kapitalspritzen zur Stabilisierung des Finanzsystems sowie die Vergabe günstiger Kredite an Öl- und Gasfirmen haben die Währungsreserven in Russland von knapp 600 Milliarden US-Dollar auf nunmehr rund 485 Milliarden US-Dollar schmelzen lassen.
Aber nicht nur die Finanzmarktkrise und die damit einhergehende Risikoaversion der Anleger hat dafür gesorgt, dass sich die russische Börse seit Mai in freiem Fall befindet. Auch der drastisch gesunkene Ölpreis hat zur negativen Entwicklung erheblich beigetragen. Zum einen sind Rohstoffwerte schwergewichtig im RTS-Index vertreten, wodurch sich ihre Kursentwicklung nennenswert im Index widerspiegelt. Zum anderen ist die russische Wirtschaft sehr rohstoffabhängig. Die Staatskasse wird zu etwa 80 bis 90 Prozent vom Ölpreis gespeist. Für einen stabilen Staatshaushalt werden mittlerweile 65 USD pro Barrel benötigt, nachdem man früher noch einen Ölpreis von 35 USD pro Barrel zugrunde legen konnte.
Deutlich belastend für die Kursentwicklung wirkte sich zudem die Ungewissheit über den innenpolitischen Kurs der Regierung aus, wodurch die Investitionsbereitschaft ausländischer Investoren erheblich gedämpft wurde. Gerade die politische Einflussnahme auf Großkonzerne wie den Stahl- und Minenwert Mechel oder die russisch-britische Gesellschaft TNK-BP verstimmte Marktteilnehmer erheblich. Schließlich tat der militärische Konflikt in Georgien ein Übriges, um den Anlegern den Appetit auf russische Aktien zu verderben.
Auch die übrigen osteuropäischen Märkte konnten sich den weltweiten Turbulenzen nicht entziehen. Gerade die ungarische Börse war angesichts der angespannten makroökonomische Situation des Landes sowie der deutlichen Abwertung des Forint erheblich belastet. Der BUX-Index weist in diesem Jahr bislang Verluste von 48,5 Prozent aus.
Die übrigen EMs
An den übrigen Emerging Markets forderten Finanzmarktkrise und Rezessionsbefürchtungen ebenfalls ihren Tribut. So kam es zu erheblichen Kursrückschlägen wie etwa in Brasilien, wo sich der BOVESPA-Index seit seinem Höchststand im Mai nahezu halbierte. Vor allem Hedge-Fonds zogen hier in erheblichem Umfang Mittel ab und trugen so zu dem Kursverfall bei. Auch die argentinische Börse tendierte deutlich rückläufig, vor allem nachdem bekannt wurde, dass die Pensionsfonds des Landes verstaatlicht werden sollen. Zudem standen in den Schwellenländern oftmals die Währungen wie etwa der Südafrikanische Rand oder der Brasilianische Real aufgrund stark nachgebender Rohstoffpreise unter Abwertungsdruck.
Gerade die sich abzeichnende Wachstumsabschwächung in China hat nicht nur die Aktienbörsen belastet, sondern wirkte sich auch an den Rohstoffmärkten sehr negativ aus. Da China als einer der bedeutendsten Nachfrager gerade nach Kupfer, Nickel und Zink gilt, sind die entsprechenden Preise aufgrund der befürchteten Nachfrageausfälle eingebrochen. So gaben etwa die Kupfernotierungen seit ihrem Höchststand im Juni bislang um rund 55 Prozent nach. Insbesondere rohstoffträchtige asiatische Märkte wie Australien und Indonesien sahen sich einer weiteren Belastung ausgesetzt.
Zudem eilten IWF und EZB vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise einzelnen Staaten wie Ungarn oder der Ukraine zu Hilfe, die aus eigener Kraft ihre Schulden im Ausland nicht mehr hätten begleichen können. Diese Hilfspakete haben zunächst für eine Entspannung an den lokalen Märkten gesorgt.
Alles in allem dürften in den Emerging Markets auch in nächster Zeit hohe Volatilitäten vorherrschen. Solange Anleger ihre Risikoaversion beibehalten und Kapital aus den Emerging Markets abziehen, wird auch der Druck auf die Kurse trotz mittlerweile sehr günstiger Bewertungen anhalten. Gleichwohl sind Verkäufe auf dem derzeitigen Niveau nicht mehr zu empfehlen.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 174,5 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. Dezember 2007. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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