Kommentar
18:26 Uhr, 28.07.2016

Emerging Markets - jetzt noch kaufen?

Neue Allzeithochs in den USA bei Aktien, kaum ein Vorwärtskommen in Europa und keine Zinsen. Was kann man da noch tun?

Seit Monaten sorgen Emerging Markets (EM) für Aufsehen

Dazu gehört nicht nur die Rekordjagd an den dortigen Börsen, sondern leider auch politische Unruhe. Jüngstes Beispiel ist die Türkei, in der seit dem Putschversuch die Diktatur als Regierungsform stündlich näher rückt. Die Entwicklungen in der Türkei sind sicherlich ein Extrembeispiel, doch auch in anderen Ländern mangelt es nicht an Aufregung.

Nicht jeder Umsturz muss negativ sein. Das zeigten Argentinien und Brasilien

In Argentinien wurde ein neuer Präsident gewählt. Ursprünglich galt er nicht als Favorit, doch als er die Wahlen gewann, ging es mit dem Land plötzlich aufwärts, zumindest im Empfinden internationaler Investoren.
Seitdem der neue Präsident im Amt ist sind die Zinsen für in Dollar notierenden Anleihen massiv gesunken. Argentinien kann sich für 10 Jahre um gut 6 % Geld leihen. Bedenkt man, dass das Land vergangenes Jahr noch offiziell bankrott war, ist das absolut bemerkenswert.

Genauso bemerkenswert ist die Lage in Brasilien. Die Rezession setzt sich fort, doch seit Präsidentin Rousseff abgesetzt wurde, steigt zumindest die Stimmung. Das gilt im Ausland wie im Inland. Die Amtsenthebung hat wahre Wunder bewirkt. Das zeigt sich auch am Aktienmarkt. Dieser hat seit den Tiefs vor einem halben Jahr 30 % in lokaler Währung zugelegt.

In Dollar gerechnet ist die Performance brasilianischer Aktien noch sehr viel beeindruckender. Grafik 1 zeigt den iShares MSCI Brasilien ETF seit dem Jahr 2000 im Monatschart. Von den Tiefs konnte der in Dollar notierende ETF um 90 % zulegen. Das klingt luftig, doch der ETF steht damit noch immer 70 % unter den Allzeithochs.

Das Wunder an Performance in diesem Jahr wurde zu einem großen Teil von der Währung gesponsert. Nachdem die Währung gegenüber dem Dollar in der Spitze 60 % verlor, konnte sie in diesem Jahr wieder viel Boden gutmachen und knapp 30 % gewinnen.

Nach dieser traumhaften Performance stellt man sich als Anleger zwangsläufig die Frage, ob man auf diesen Zug nun noch aufspringen will?

Die Rallye war extrem und die Erfahrung sagt, dass einer so kräftigen Bewegung irgendwann einmal die Puste ausgeht. Andererseits können Aktien vor allem über den Währungseffekt noch einmal kräftig steigen. Bis zu den Allzeithochs muss sich der Kurs noch einmal verdreifachen.

Die Kernfrage lautet: ist diese Rallye ein Strohfeuer oder ist es der Beginn des großen Turnarounds. Persönlich gehe ich von letzterem aus. Grafik 2 zeigt dazu den Wechselkurs, die Inflation und das Wirtschaftswachstum. Die Inflation folgt der Währung. Wertet diese ab, dann steigt die Inflation. Die Währung und das Wirtschaftswachstum sind ebenfalls stark korreliert. In Phasen der Währungsaufwertung ließ sich höheres Wachstum beobachten.


Eine aufwertende Währung bedeutet, dass ausländische Investoren brasilianische Assets kaufen. Es sind aber nicht nur ausländische Investoren, die für die Aufwertung sorgen, sondern auch inländische. Zwischen 2011 und 2015 schafften brasilianische Investoren ihr Geld ins Ausland, um der Abwertung und der Inflation zu entkommen. Nun scheint sich dieser Trend umzukehren.

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Das Geld, welches zurück ins Land fließt, hilft nicht nur den Assetpreisen, sondern auch direkt dem Wirtschaftswachstum. Die ausländischen Direktinvestitionen in Unternehmen steigen und schieben das Wachstum an. Kommt eine solche Entwicklung erst einmal in Gang, dann hält sie für gewöhnlich jahrelang an. In Grafik 2 ist das gut zu erkennen. Brasilien erlebte eine Abwertung und langsames Wachstum bis 2003, bevor es dann zu einem regelrechten Boom bis 2010 kam.
Zwischen 2010 und Ende 2015 verschlechterte sich die Lage wieder. Nun besteht die Chance auf einen neuen Zyklus. Die Boom-Bust Zyklen in Brasilien haben eine Dauer von ungefähr 12 Jahren (7 Jahre Aufschwung und 5 Jahre Abschwung). Das ist nicht erst seit diesem Jahrhundert so, sondern lässt sich in vielen Emerging Markets seit den 70er Jahren beobachten.

Inzwischen fällt es mit Blick auf die Entwicklung der Währung und der Inflation schwer, noch an eine Trendfortsetzung zu glauben (weiterer Abschwung). Bestätigt sich die Vermutung des Aufschwungs, dann kann man als Anleger davon noch ausreichend profitieren. Rücksetzer, die zweifellos kommen werden, sind Einstiegsmöglichkeiten.

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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