Emerging Markets: Banking im Wandel
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London (GodmodeTrader.de) - Banken aus Schwellenländern werden oft als schwerfällige staatliche Institutionen bezeichnet, die hauptsächlich für den heimischen Markt agieren statt für Minderheitsinvestoren. Und in vielen Fällen stimmt das auch, wie Charles Sunnucks, Fondsmanager in Jupiters Global Emerging Markets Team, in einem Marktkommentar schreibt.
Es gebe aber Ausnahmen. Da seien jene Banken, die den Wandel nicht richtig annehmen wollten oder könnten. Aber es gebe auch Unternehmen, die bereits davon profitierten. Insofern seien die Perspektiven für einzelne Banken in diesem Sektor sehr unterschiedlich. Tatsächlich seien mehrere strukturelle Treiber vorhanden und wer bereit sei, zu differenzieren, dem stünden attraktive Renditen in Aussicht, heißt es weiter.
„Weltweit wurden hinsichtlich einer verbesserten finanziellen Inklusion erhebliche Fortschritte erzielt. Laut der Global Findex-Datenbank der Weltbank lag der Anteil der Erwachsenen mit einem Bankkonto oder Zugang zu mobilem Geld im Jahr 2017 bei 69 Prozent, gegenüber nur 51 Prozent im Jahr 2011. Der Trend ist ermutigend, wächst aber in vielen Emerging- und Frontier Markets von einer sehr niedrigen Basis aus. Mexiko, die Philippinen und Pakistan sind beispielsweise alle große Schwellenländer, in denen der Grad der finanziellen Inklusion bei unter 40 Prozent liegt“, so Sunnucks.
Für Banken seien steigende Spareinlagen sehr vorteilhaft, da dieser Bereich in der Regel kostengünstiger und wesentlich stabiler sei als das Wholesale-Funding. Dies gelte vor allem für Banken, die sich in dem recht wettbewerbsintensiven Einlagengeschäft bewegten. So liege beispielsweise in Mexiko der Zinssatz, den die Banken für Privatkundeneinlagen zahlten, typischerweise bei rund vier Prozent verglichen zu über acht Prozent im Geschäftsbereich. Das könne oft einen fast unerreichbaren Vorteil bezüglich der Höhe der Ausleihrate bedeuten und erkläre, warum in Märkten wie Mexiko und Indonesien die Rentabilität zwischen den Banken so unterschiedlich sein könne, heißt es weiter.
„Finanzreformen sind oft erforderlich, damit sich Schwellenländer an das rasante Tempo des Fortschritts anpassen können, ohne dass es zu Verwerfungen kommt. Dabei gibt es nicht „die“ Reformagenda für die Region. Die Schritte reichen von China, wo der Einfluss von Kreditvergaben außerhalb des Banksektors begrenzt werden soll, bis hin zu Brasilien, das das Niveau der subventionierten Kredite der nationalen Entwicklungsbank zurückfährt“, so Sunnucks.
Daraus ergäben sich für Banken oft einzigartige Chancen und Herausforderungen. Im Falle der indischen Staatsbanken beispielsweise führten neue Vorgaben dazu, dass sie ihre Bilanzen optimieren und sich rekapitalisieren müssten. Dadurch könnten Privatbanken erhebliche Marktanteile gewinnen, heißt es weiter.
„Die Entwicklung und Kommerzialisierung neuer Technologien ist für viele Schwellenländerbanken einerseits bedrohend, andererseits auch ein Motor ihrer Rentabilität. Durch neue Webangebote und Apps konnten die innovativeren Banken mit relativ geringem Aufwand schnell skalieren. Darüber hinaus ermöglicht Big Data eine verbesserte risikoadjustierte Kreditvergabepraxis. So hat beispielsweise Ant Financial, der Finanzableger des chinesische E-Commerce-Titan Alibaba, den "Zhima-Score" entwickelt. Dieser verfolgt die Benutzergewohnheiten von der Überwachung von Käufen über soziale Aktivitäten im Internet bis hin zur Bewertung der Kreditwürdigkeit einer Person“, so Sunnucks
Durch technische Disruption könnten außerdem Betriebskosten gesenkt werden. Die russische Bank Sberbank zum Beispiel habe angekündigt, dass sie 3.000 Mitarbeiter in ihrer Kreditabteilung durch Roboteranwälte ersetze. Sie rühme sich bereits damit, dass künstliche Intelligenz derzeit 35 Prozent der Kreditentscheidungen fälle und erwarte, dass der Anteil in Zukunft auf 70 Prozent steigen werde, heißt es weiter.
„Neben den wichtigsten strukturellen Veränderungen ist ein weiteres zentrales Merkmal von Schwellenländerbanken die große Spanne der Corporate Governance Standards. Leider werden viele Banken schlecht geführt. Sie sind im Besitz der jeweiligen Regierung und in erster Linie an staatlicher Kreditvergabe ausgerichtet und nicht auf gewinnmaximierendes Kreditgeschäft fokussiert. Das führt typischerweise zu einer anhaltend schlechten Profitabilität und unzureichendem Kapitalmanagement. Weniger bekannt ist jedoch, dass die Emerging Markets auch einige der weltweit besten Banken in Bezug auf Prozesse und Kontrollen haben. So wird beispielsweise für das obere Management von Itau, Bank of Georgia und Commercial Bank Egypt die Vergütung größtenteils in Form von Aktien mit langfristiger Sperrfrist gewährt“, so Sunnucks.
Letztendlich würden Schwellenländer allzu oft von politischer Schlagzeile zu Schlagzeile gehandelt. Natürlich werde keine Corporate Governance oder interner Strukturwandel eine Bank komplett vor wirtschaftlichen Vorgängen schützen. Es helfe aber ohne Zweifel, Zyklen übergreifend risikoadjustierte Renditen zu erzielen, heißt es abschließend.
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