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11:50 Uhr, 04.02.2019

EM-Anleihen: Handelskonflikt drückt auf die Euphoriebremse

Schwellenländeranleihen litten Erste-Asset-Management-Fondsmanager Péter Varga im Vorjahr unter der Zinspolitik in den USA, schwachen Rohstoffbörsen und politischen Risiken.

Wien (GodmodeTrader.de) - Das vergangene Jahr war aus vielerlei Gründen herausfordernd für Emerging-Markets-Anleihen. Neben dem Zinserhöhungszyklus in den USA und der Korrektur an den Rohstoffbörsen waren es die erhöhten politischen Risiken in Ländern wie Venezuela, Südafrika oder der Türkei, die zu einer erhöhten Volatilität führten. Im Vordergrund stand die in einen Handelskonflikt zugespitzte Rivalität der zwei Supermächte USA und China. Die Sorge der US-Regierung ist, dass China immer mehr zum Technologieanführer wird, wie Péter Varga, verantwortlicher Fondsmanager für Schwellenländer-Unternehmensanleihen bei Erste Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Das bestätigten die Ausgaben der Volksrepublik für Forschung und Entwicklung, die in den vergangenen Jahren exponentiell angestiegen seien. „Das chinesische Unternehmen Huawei ist 2018 beim weltweiten Verkauf von Smartphones hinter Samsung auf den zweiten Platz gezogen, vorbei an Apple. Das geht nicht spurlos an den USA vorbei. Genauso wenig wie die chinesischen Errungenschaften in der Weltraumforschung, die Investitionen in Afrika oder die ‚One Belt, One Road‘ Initiative“, betont Varga. „Die angespannte Lage zwischen den USA und China wird sich selbst mit einem Handelsabkommen 2019 nicht in Luft auflösen.“

Insbesondere Europa, das 2017 die Erwartungen deutlich übertroffen habe, habe 2018 geschwächelt. Ursachen seien die Querelen rund um den Brexit und die Verlangsamung der Weltwirtschaft. Diese und die sich ausweitende Spanne zwischen US- und Eurolandzinsen hätten zu einer Rallye im US-Dollar geführt. Die Kombination aus höheren US-Zinssätzen und einem starken Dollar habe wiederum die Schwächen von anfälligen Schwellenmärkten entblößt. Argentinien und die Türkei, die unter anderem aufgrund fehlender ausländischer Direktinvestitionen große Leistungsbilanzdefizite aufwiesen, hätten beide eine Währungskrise und einen deutlichen Rückgang der Asset-Preise erlebt, heißt es weiter.

Diese Faktoren hätten zu einer allgemein schlechteren Stimmung gegenüber Schwellenländern und zu Abflüssen durch Privatanleger geführt - jedoch weniger als befürchtet. Die großen Kursschwankungen der Anleihenpreise im Vorjahr ermöglichten gute Investitionschancen, selbst in Ländern wie der Türkei oder Argentinien. Es war das Jahr der aktiven Investoren“, erklärt Varga.

Es gebe viele positive Entwicklungen: Nach den Präsidentenwahlen in Brasilien solle nun ein lang ersehnter Reformkurs eingeschlagen werden. Die Investoren hätten mit einem Kursfeuerwerk geantwortet. In Südafrika sehe man erste positive Reform-Schritte und China sei - vor der Zuspitzung der Rivalität mit den USA – dabei, seine Wirtschaft auf ein durch Technologie, Nachhaltigkeit und mehr Binnennachfrage basiertes Wachstum zu transformieren, heißt es weiter.

Der steigende US-Dollar sei zwar eine Herausforderung für einzelne Länder gewesen, habe jedoch keine Ansteckung zur Folge gehabt. „Etliche Schwellenländer haben ein relativ niedriges Schuldenniveau, finanzieren sich immer verstärkter in der heimischen Währung und sind daher gut positioniert. Gleichzeitig sind die längerfristigen wirtschaftlichen Wachstumsaussichten für die Schwellenländer nach wie vor positiv, Kapital fließt wieder zu“, so Varga.

Investoren stünden vor einer Reihe wichtiger Fragen, die je nach Ergebnis die Performance im Jahr 2019 vorantreiben könnten. Neben dem US-Dollar seien Schwellenländer historisch immer an die Entwicklung der Weltwirtschaft gebunden. In den letzten Jahren seien sie vermehrt zu einem eigenen Treiber geworden. In China, wo sich die Konjunktur etwas verlangsamt habe und die Handelszölle die Stimmung belasteten, habe die Regierung zum Beispiel klare Impulse gesetzt. Darunter auch Steuersenkungen und eine Lockerung der Kreditvergabe, heißt es weiter.

„Interessant sind für uns chinesische High-Yield-Anleihen im Hausbau Sektor. In Brasilien sind es vor allem auch Unternehmen im High-Yield-Bereich, die von einem Konjunkturaufschwung profitieren könnten. In Mexiko finden wir Industriewerte und Immobilienunternehmen, die aufgrund politischer Schritte der neuen Regierung günstiger geworden sind. Natürlich beobachten wir laufend, ob sich Opportunitäten auftun, das betrifft auch defensivere Branchen, die eine stabile Nachfrage haben. Das trifft auf Telekommunikationsunternehmen zu, wie zum Beispiel Turkcell in der Türkei“, betont Varga.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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